Kommentar zum VW-Kompromiss: "Weihnachtswunder? Eher blaues Wunder!"
35.000 Stellen weniger, aber keine Kündigungen: Der VW-Kompromiss bringt Erleichterung. Doch Niedersachsen verliert massiv an Wirtschaftskraft. Ein schwerer Schlag für den Standort.
Ein Kommentar von NDR Chefredakteur Thorsten Hapke
Einigung bei Volkswagen – das weckt zwiespältige Gefühle. Zum einen Erleichterung. Den Beschäftigten sind Kündigungen vor Weihnachten erspart geblieben. Das zeigt: Das Konsens-Modell Volkswagen lebt. Immer wieder wurde es in den letzten Tagen totgesagt. Sogenannte Wirtschaftsexperten hielten für bewiesen: So viel Einfluss von Arbeitnehmern und Politik, das kann für ein Unternehmen nicht gut sein.
Erfolge durch Konsens und Beteiligung
Schon dabei wurde vergessen, dass der VW-Konzern in dieser Konstellation zum zweitgrößten Autobauer der Welt wurde, dass kein Unternehmen in Deutschland je einen größeren Jahresgewinn erzielt hat, als Volkswagen 2022 mit 22 Milliarden Euro. Diesem Konsens-Modell ist zu verdanken, dass auch jetzt wieder ein Kompromiss gefunden wurde, ohne Arbeitskampf, nur am Verhandlungstisch. Der Beweis, dass damit die Marke Volkswagen auf die Erfolgsspur zurückfindet, muss zwar noch erbracht werden. Aber mit Blick auf die bisherige Unternehmensgeschichte bin ich optimistisch.
Der Preis des Kompromisses
Der Wermutstropfen der Einigung ist aber schwerwiegend. 35.000 Arbeitsplätze werden in den nächsten Jahren abgebaut. Ohne Kündigungen zwar, aber das ist ein Viertel der Belegschaft in Deutschland, deren überwiegender Teil in Niedersachsen arbeitet. Schlecht für unser Bundesland. Es verliert Wirtschaftskraft. In der ersten Euphorie wurde der Kompromiss als Weihnachtswunder bezeichnet. Niedersachsen aber erlebt damit wohl eher sein blaues Wunder.