Katholische Kirche in Niedersachsen: Austritte auf Rekordhoch
Im vergangenen Jahr sind so viele Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten wie noch nie zuvor. In Niedersachsen kehrten im vergangenen Jahr mehr als 28.000 Menschen der Kirche den Rücken.
Das Bistum Hildesheim teilte am Mittwoch mit, dass die Zahl der Katholikinnen und Katholiken Ende vergangenen Jahres bei 538.282 Menschen lag. Das sind 16.537 Mitglieder weniger als im Vorjahr. Dabei ist die Zahl der Kirchenaustritte laut Bistum noch einmal gestiegen: von 10.152 im Jahr 2021 auf 13.674 in 2022. Das Bischöflich Münstersche Offizialat in Vechta verzeichnete zudem 4.490 Austritte. Damit sank die Zahl der Katholiken in der regionalen Kirchenbehörde des Bistums Münster auf 244.815.
"Vielfältige" Gründe für Austritte
Im Bistum Osnabrück traten im vergangenen Jahr 10.490 Menschen aus der katholischen Kirche aus. Auch das ist ein neuer Höchststand. Insgesamt sank die Zahl der Mitglieder um rund 12.000 - von rund 532.000 im Jahr 2021 auf knapp 520.000 zum Jahresende 2022. Die Gründe für die vielen Austritte seien "vielfältig", sagte Domkapitular Ulrich Beckwermert, der derzeitige Ständige Vertreter des Diözesanadministrators im Bistum Osnabrück. "Der große Vertrauensverlust, den die katholische Kirche auch in unserem Bistum in den vergangenen Jahren erlitten hat, ist sicher einer davon." Unter anderem wirke sich der in der Vergangenheit "häufig mangelhafte Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt" ebenso aus wie fehlende Reform-Bereitschaft. Für andere sei möglicherweise die Kirchensteuer Grund für den Austritt.
"Menschen entfremden sich zunehmend"
Was auch immer der Auslöser sei, letztlich gehe der Entscheidung meist "ein längerer Entfremdungsprozess voraus", so Beckwermert. "Die Menschen stellen sich dann irgendwann die Frage: Brauche ich die Kirche noch?" Diese Entfremdung konstatiert auch der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer. "Die Zahlen lügen nicht: Wir werden weniger", sagte Wilmer im Zuge der Veröffentlichung. "Wir haben eine zunehmende Entfremdung vieler Menschen von den Traditionen unseres Glaubens."
Mehr Taufen, Erstkommunionen und Hochzeiten
Eine Aufwärtsbewegung verzeichneten beide Bistümer dagegen bei Taufen, Trauungen und Erstkommunionen. In allen drei Bereichen stiegen die Zahlen, einen leichten Rückgang gab es dagegen bei den Firmungen. Nach dem von der Corona-Pandemie geprägten Jahr 2021 stieg die Zahl der Gottesdienstteilnehmenden: im Bistum Osnabrück von 4,2 auf 5,5 Prozent, in Hildesheim von 2,8 auf 4 Prozent.
Austritte auch bundesweit auf Rekordhoch
Insgesamt hat die katholische Kirche in Deutschland im vergangenen Jahr mehr als 700.000 Mitglieder verloren - dazu zählen auch verstorbene Gläubige. Hauptgrund ist die Rekordzahl an Austritten. Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz traten insgesamt 522.821 Menschen aktiv aus der Kirche aus.