Innenminister beraten über Abschiebungen nach Afghanistan
Die Bundesregierung arbeitet gerade daran, Straftäter und Gefährder wieder nach Afghanistan abschieben zu können. Hamburg ist dafür, genau wie Schleswig-Holstein. Niedersachsen dagegen zögert.
Nach der Messerattacke von Mannheim hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt, islamistische Gefährder und Schwerkriminelle künftig wieder nach Afghanistan abschieben zu wollen. Von Hamburg wurde auch Syrien ins Gespräch gebracht. Man verhandle vertraulich mit verschiedenen Staaten, um Abschiebungen nach Afghanistan wieder möglich zu machen, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der"Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch). Ziel sei es, Gewalttäter konsequent abzuschieben.
Faeser will Länder über Abschiebe-Pläne informieren
"Wir arbeiten intensiv daran, dass wir Abschiebungen von islamistischen Gefährdern und Gewalttätern nach Afghanistan wieder durchsetzen können", so die Ministerin in dem Gespräch mit der Zeitung. Am Mittwoch wollte sie die Innenminister der Länder bei der gemeinsamen Konferenz in Potsdam über die Pläne informieren.
Niedersachsen fordert andere Rahmenbedingungen
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sieht rasche Abschiebungen nach Afghanistan skeptisch: "Es kommt darauf an, ob wir das rechtsstaatlich auch hinbekommen", sagte sie dem NDR Niedersachsen. Derzeit sei eine Rückführung nach Afghanistan nicht möglich, sagte Behrens. "Daher muss erst die Bundesregierung entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, damit wir überhaupt da weiter drüber diskutieren können."
Behrens: "Schauen, dass wir unseren rechtsstaatlichen Kompass nicht verlieren"
"Ich glaube, wir müssen jetzt schauen bei den ganzen Debatten, dass wir unseren rechtsstaatlichen Kompass nicht verlieren", sagte Behrens, "sondern, dass wir sehr genau schauen in den Rückführungen, wie wir das organisieren - denn Gerichte würden uns sonst sowieso stoppen". Einen legalen Weg für eine Rückführung nach Afghanistan gebe es aktuell nicht, so Behrens.
Hamburg für Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan
Aus Sicht von Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) sollte es möglich sein, dass gewaltbereite Islamisten oder Straftäter nach Afghanistan oder auch nach Syrien abgeschoben werden. Aus seiner Stadt stammt der Vorschlag, die öffentliche Forderung nach einem Kalifat in Deutschland oder nach Einführung des islamischen Rechts, der "Scharia", unter Strafe zu stellen. Grote sagte dazu: "Wir haben ja in mehreren Bundesländern das Problem gehabt, dass Islamisten auf die Straße getreten sind. Diese Forderung nach 'Scharia', nach 'Kalifat' postuliert haben, und wirklich Menschen das als bedrohlich empfunden haben." Deshalb rechne er auch hier mit breiter Unterstützung, so Grote.
Unterstützung für Abschiebungspläne auch aus Schleswig-Holstein
Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) befürwortet die Abschiebungspläne nach Afghanistan. "Wer bei uns in Deutschland Zuflucht sucht und sich nicht an die geltenden Gesetze und Regeln hält, verwirkt sein Gastrecht", teilte Günther dem NDR schriftlich mit. "Straftäter, Gefährder oder Extremisten müssen wir konsequent zurückführen."
MV-Innenminister will Abschiebestopp in den Iran
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel (SPD) wirbt bei der Innenministerkonferenz für einen Abschiebestopp insbesondere von Frauen in den Iran. Das kündigte Pegel am Mittwoch kurz vor Beginn des Ministertreffens in Potsdam an. Er kommt damit einer Aufforderung des Schweriner Landtags nach. Die Situation im Iran sei derzeit extrem angespannt, so Pegel. Die Abwehr des iranischen Regimes gegen jede Kritik führe zu erheblichen Menschenrechtsbeeinträchtigungen. Ein Abschiebestopp in den Iran war Ende vergangenen Jahres ausgelaufen.
Faeser: "Wollen islamistische Gefährder konsequent abschieben"
Die Bundesregierung führt laut Faeser Gespräche mit den Nachbarländern von Afghanistan. Direkte Verhandlungen mit den in Afghanistan regierenden islamistischen Taliban lehne die Bundesregierung ab. Unter anderem gebe es inzwischen Kontakte zu den Behörden in Usbekistan, sagte Faeser der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Ziel sei es, Gewalttäter und islamistische Gefährder konsequent auszuweisen und abzuschieben.
Union dringt auf Abschiebungen nach Afghanistan
Vor allem die Union macht Druck auf die Ampel-Regierung, Abschiebungen nach Afghanistan wieder einzuführen. Wenn nötig, müsse dazu auch eine Vereinbarung mit den dort herrschenden militant-islamistischen Taliban geschlossen werden, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), am Mittwoch vor den Beratungen. Unter anderem die Grünen warnen davor, mit den Taliban zu verhandeln: Deals mit dem Regime würden die islamistische Szene nur stärken, argumentieren sie.