Immer mehr Menschen sind in Niedersachsen ohne Wohnung
In Deutschland steigt die Zahl wohnungsloser Menschen. Das geht aus Zahlen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe hervor. Und auch in Niedersachsen spiegelt sich dieser Trend wider.
In der zunehmenden Wohnungslosigkeit sieht die Landesarmutskonferenz Niedersachsen einen "gesellschaftlichen Teufelskreis". "Wachsende Armut, steigende Mieten, Inflation, drohende Rezession und die katastrophale Situation im Wohnungsbau produzieren immer neue Wohnungslosigkeit", lautet die Analyse von Geschäftsführer Klaus-Dieter Gleitze. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe spricht für das gesamte Jahr 2022 von mehr als 600.000 Betroffenen bundesweit - ein Anstieg von 60 Prozent zum Vorjahr. Allerdings wird "wohnungslos" nicht in allen Statistiken gleich definiert: Die Bundesarbeitsgemeinschaft zählt auch Geflüchtete dazu, die in Notunterkünften oder bei Freunden untergebracht sind. Tatsächlich obdachlos "auf der Straße" waren laut ihrer Hochrechnung 50.000 Menschen.
Wie viele Menschen sind in Niedersachsen wohnungslos?
Einen genauen Überblick, wie viele Menschen in Niedersachsen von Obdachlosigkeit bedroht sind oder tatsächlich auf der Straße leben, gibt es nicht. Im Jahr 2020 haben nach Angaben des Sozialministeriums 4.100 Menschen Hilfe im Zusammenhang mit Wohnungslosigkeit gesucht. Konkrete Zahlen gibt es aber für einzelne Kommunen in Niedersachsen: So seien in Osnabrück derzeit etwa 85 Menschen obdachlos, 2018 seien es noch 30 gewesen, so die Stadt. In Braunschweig wohnen den Angaben zufolge 200 Menschen in verschiedenen städtischen Unterkünften - etwas mehr als in den vergangenen Jahren. Hinzukommen noch diejenigen, die tatsächlich auf der Straße leben oder bei Freunden sowie in Einrichtungen anderer Träger wie der Diakonie untergebracht sind. In Hannover ist die Zahl mit rund 1.100 wohnungslosen Menschen nahezu konstant.
Wer sind die wohnungslosen Menschen in Niedersachsen?
Den größten Anstieg bei den Wohnungslosen gab es bei Menschen, die nicht deutscher Herkunft sind. Laut Landesarmutskonferenz liegt der Anstieg dort bei 118 Prozent, bei deutschen Wohnungslosen bei 5 Prozent. Hauptgrund für diese Entwicklung: Die vielen Frauen und Kinder, die 2022 aus der Ukraine nach Deutschland geflohen sind und keine Unterkunft finden. "Die Wohnungssituation ist grundsätzlich geprägt von hohem Konkurrenzdruck verschiedener Personengruppen wie Geflüchtete, Alleinerziehende, Familien mit vielen Kindern, die alle eins eint: Armut", so Klaus-Dieter Gleitze.
Wer ist verantwortlich für die prekäre Situation auf dem Wohnungsmarkt?
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass es in den vergangenen Jahren nicht gelungen ist, ausreichend günstige Wohnungen zu bauen. Das kritisieren vor allem die Wohlfahrtsverbände. Verschärft wurde die Situation durch verschiedene Kriege sowie den massiven Anstieg der Baukosten und der Zinsen. Die Schuld schieben sich die Verantwortlichen in Politik und Bauwirtschaft gegenseitig zu. Die rot-grüne Landesregierung hat eine eigene Wohnungsbaugesellschaft auf den Weg gebracht, mit der sie die Not lindern will. Sozialverbände und Landesarmutskonferenz begrüßen den Schritt, die Opposition im Landtag wiederum bezweifelt, dass mit einer solchen Gesellschaft tatsächlich mehr günstige Wohnungen entstehen.
Was muss passieren, damit die Zahl der Wohnungslosen sinkt?
Es müssen vor allem mehr günstige Wohnungen gebaut werden. Die Landesarmutskonferenz fordert, dass die neue geschaffene Landeswohnungsbaugesellschaft unverzüglich ihre Arbeit aufnimmt, der Bestand an Sozialwohnungen müsse in Niedersachsen um 100.000 angehoben werden. Sozialarbeiter aus Einrichtungen für Wohnungslose berichten, dass die Lage auf dem Wohnungsmarkt für ihre Zielgruppe tatsächlich "dramatisch schlecht" sei - es sei oft kaum möglich, Menschen im regulären Wohnungsmarkt unterzubringen.
Das Land Niedersachsen unterstützt Hilfsangebote
Das Sozialministerium verweist darauf, dass es ein flächendeckendes ambulantes und stationäres Hilfsangebot für Betroffene gibt. Seit 2022 übernehme das Land 90 Prozent der entsprechenden Kosten, den Rest schulterten die Kommunen. Um die Geflüchteten besser unterbringen zu können, errichtet das Land aktuell sogenannte Zwischenunterkünfte. Außerdem hat Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in seiner Regierungserklärung deutlich gemacht, dass Menschen mit Bleiberecht schneller integriert, Menschen ohne Bleibeperspektive aber schneller abgeschoben werden sollen. Die Mehrheit der aktuell ankommenden Menschen habe ein Schutzrecht.