Geliebt, gewählt, gescholten - Altkanzler Schröder feiert 80. Geburtstag
Er ist einer der umstrittensten Politiker Deutschlands: Gerhard Schröder hat am Sonntag seinen 80. Geburtstag gefeiert. Der Altkanzler ist für die einen der Mann, der Geschichte geschrieben hat und für die anderen Persona non grata.
Wählt man dieser Tage die Nummer von SPD-Bundestagsabgeordneten, um über Gerhard Schröder zu sprechen, wird es am anderen Ende der Leitung still. "Seine Zeit ist um, wir wollen nach vorne blicken", heißt es dann. Viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten scheinen froh, wenn sie nicht nach dem Altkanzler gefragt werden. Vor allem die Jüngeren. Gerhard Schröder polarisiert nicht nur, Gerhard Schröder ist für einige in der SPD die Achillesferse.
Kritik am Vorgehen der SPD
Seine Haltung zum russischen Präsidenten und Kriegstreiber Wladimir Putin und die fehlende Distanz hat immerhin dafür gesorgt, das einzelne SPD-Ortsvereine Schröder aus der Partei werfen wollten. Ohne Erfolg. "Ich halte es für völlig daneben, dass die SPD Gerhard Schröder ausgrenzen will", sagt Herbert Schmalstieg, ehemaliger Oberbürgermeister von Hannover und langjähriger Weggefährte des Altkanzlers. Schmalstieg lobt Schröder in den höchsten Tönen. Er sei ein begnadeter Politiker, habe als deutscher Kanzler Geschichte geschrieben. "Keiner weiß, wie unser Land ohne ihn aussehen würde." Schmalstieg hat sich deshalb dafür eingesetzt, dass der Altkanzler zu seinem 60. Parteijubiläum geehrt werden konnte. Eine kleine Feier mit Wasser und Apfelsaft. Mehr als ihm sein Ortsverein eigentlich zugestehen wollte - der hatte nämlich die Absicht, das Fest ganz zu streichen.
"Einmal Freund bleibt immer Freund"
Auch Goetz von Fromberg, der mit Schröder eine Kanzlei geteilt und ihn auch "durch schwierige Lebenslagen begleitet hat", wie er sagt, hat wohlwollende Worte für das, was Schröder geleistet hat: "Er war ein guter Kanzler." Zu Schröders aktueller Haltung könne er sich nicht äußern, die beiden hätten seit 2010 kaum noch Kontakt. "Aber", sagt von Fromberg, "einmal Freund bleibt immer Freund."
Schröder in der Partei isoliert
Das "Nein" zum Irak-Krieg und die Agenda-Politik haben Schröder lange großen Respekt eingebracht. Schröder, der Mann aus einfachen Verhältnissen, der Juso-Vorsitzender war, Ministerpräsident in Niedersachsen, 1998 Kanzler und dann 1999 SPD-Chef wurde, ist in seiner SPD groß geworden - und der Partei verbunden geblieben, auch wenn er im Abseits stand. Der heutige SPD-Chef Lars Klingbeil und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sind wie viele Parteifreunde auf Abstand gegangen. Der Altkanzler stehe in der Partei weitgehend allein da, sagen sie.
Gerhard Schröder behält Ämter bei Gazprom
Schröder sieht das anders: "Ich fühle mich nicht isoliert", gibt er in der NDR Dokumentation "Außer Dienst?" zu verstehen. Die SPD solle sich mit aktueller Politik und nicht mit ihm als Person beschäftigen. Ein halbes Jahr hat er sich für die Dokumentation begleiten lassen - vom Golfplatz in Hannover bis nach China. Schröder ist überzeugt: "Ich habe nach meiner subjektiven Auffassung viele Ungerechtigkeiten aushalten müssen." Dazu zählt aus Sicht des SPD-Politikers auch seine Arbeit für den russischen Konzern Gazprom. "Ich habe getan, was ich für vernünftig hielt, nämlich einen Beitrag zu leisten zu einer wirklich sicheren und bezahlbaren Versorgung des sehr wichtigen Rohstoffs Gas." Die Ämter hat er bis heute inne. Diesen Entschluss kann auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht verstehen.
Keine Distanz Schröders zum russischen Präsidenten Putin
Die Verbindung zu Putin - für viele nicht nachvollziehbar. Schröder sagt, den Krieg habe er öffentlich abgelehnt, das wolle aber niemand wissen. An seiner Freundschaft zu Putin habe sich aber nichts verändert. Im März 2022 reiste er im Auftrag der Ukraine nach Russland, verhandelte dort über ein Ende des Krieges. Abgesprochen mit der deutschen Politik war das nicht. Schröder sagt in der NDR-Dokumentation: "Da ich wusste, dass ich den russischen Präsidenten jederzeit erreichen kann, bin ich davon ausgegangen, dass er gesprächsbereit sein würde. Weil er mir ja auch vertraut." Außer viel Kritik hat das allerdings wenig gebracht.
Muss SPD unterschiedliche Positionen aushalten?
Spitzenpolitiker aus Niedersachsen tuscheln hinter vorgehaltener Hand: "Wer sich mit Schweinen im Dreck suhlt, ist am Ende selbst schmutzig." Man sei froh, den "eigenwilligen Altkanzler" länger nicht gesprochen zu haben. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Matthias Miersch zeigte sich bei Schröders 60. Parteijubiläum versöhnlich: "Das Aushalten unterschiedlicher verfassungskonformer Positionen und die Suche nach Kompromissen ist eine Grundvoraussetzung in einer demokratischen Gesellschaft." Andere wiederum sehen das anders. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) kündigte in der "Bild-Zeitung" an, dem Altkanzler nicht mehr zum Geburtstag gratulieren zu wollen.
Kein offizieller Empfang zum 80. Geburtstag
Seinen runden Geburtstag wird Schröder in diesem Jahr anders feiern als noch vor zehn Jahren: Statt offiziellem Empfang gibt es am 27. April in Berlin ein privates Fest mit engen Freunden und alten Weggefährten. Dazu hat Ehefrau So-yeon Schröder-Kim eingeladen. "Es gibt keinen Grund, aus meinem 80. Geburtstag eine politische Veranstaltung zu machen", sagt der Altkanzler. Zumindest bei diesem Punkt dürften ihm viele Parteifreundinnen und -freunde zustimmen.