Gerhard Schroeder und Vladimir Putin © dpa Foto: Sergey Chirikov

SPD will Schröder nicht zu Treffen mit Putin befragen

Stand: 14.03.2022 17:49 Uhr

Altkanzler Gerhard Schröder soll zur Vermittlung im Ukraine-Krieg mit Russlands Präsident Putin gesprochen haben. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat sich nun dazu im Namen seiner Partei geäußert.

"Wir werden jetzt keine Versuche unternehmen, über die Beweggründe dieser Reise etwas herauszufinden", sagte Kühnert am Montag in Berlin. In der Parteizentrale wisse man nicht mehr über die Reise als in den Medien berichtet worden sei. "Wenn er meint, dort irgendwelche Erkenntnisse gewonnen zu haben, die wichtig sind für kommende politische Entscheidungen der Bundesregierung, dann, glaube ich, stehen ihm alle Kontaktdaten soweit zur Verfügung, dass er darauf zurückgreifen könnte", sagte Kühnert. "Solange er das nicht tut, müssen wir davon ausgehen, dass das keine Reise ist, die von großem Belang ist für die politischen Entscheidungen, die jetzt von verantwortlicher Seite zu treffen sind."

Zeitungsbericht: Schröder und seine Frau aus Moskau abgereist

Schröder war am Mittwoch nach Moskau gereist, um mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Gespräche über den Ukraine-Krieg zu führen. Einem Bericht der "Bild am Sonntag" zufolge hat sich der Ex-Kanzler zudem am Freitagabend zu einem längeren Gespräch mit einem Berater Putins getroffen. Weder von diesem Treffen noch vom angeblich mehrere Stunden langen Gespräch mit Putin am Donnerstag sind bislang Einzelheiten bekannt geworden. Dem Bericht zufolge, der sich auf eine ungenannte Person aus Schröders Umfeld stützt, ist Schröder gemeinsam mit seiner Frau Soyeon Schröder-Kim am Sonnabendmorgen wieder aus Moskau abgereist.

Botschafter Melnyk: Schröder hat sich indirekt gemeldet

Nach dem Treffen zwischen Schröder und dem russischen Präsidenten ging der ukrainische Botschafter in Berlin davon aus, schon bald etwas über die Ergebnisse zu erfahren - "direkt von Herrn Schröder". Das sagte Andrij Melnyk am Freitag in der "Bild"-Sendung "Viertel nach Acht". "Ich weiß, dass Herr Schröder bereit ist, darüber auch zu berichten, über Kanäle, die jetzt quasi nicht öffentlich laufen. Und das ist gut, dass man zumindest da auch eine gewisse Hoffnung hat." Zwar habe er nicht viel Respekt vor Schröder, so Melnyk, aber es gebe "nicht so viele Menschen weltweit und auch in Deutschland vielleicht, die diesen persönlichen Draht zu Herrn Putin haben", sagte der ukrainische Botschafter. Melnyk betonte, dass die Initiative zu der Reise in den vergangenen Tagen von Schröder ausgegangen sei und nicht auf Bitten der Ukraine. Schröder habe sich indirekt gemeldet, "über gewisse Kontakte, die auch Kontakte zur Ukraine haben", sagte der Botschafter. Ihm zufolge handelte es sich dabei um den schweizerischen Ringier-Verlag.

Weil: Schröders Verhalten komplett falsch

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) äußerte sich mit Blick auf mögliche Vermittlungsversuche skeptisch. "Ich bin sicher, dass Schröder Kontakte in den Kreml hinein hat wie kein anderer Deutscher. Aber ob er mit 77 Jahren ohne jedes politische Amt tatsächlich einen realen Einfluss hat auf eine Friedensbereitschaft im Kreml, weiß ich nicht", sagte Weil am Freitag dem "Handelsblatt". Zudem kritisierte er Schröder mit Blick auf dessen Wahrnehmung von Mandaten in russischen Unternehmen. "Ich halte das Verhalten von Gerhard Schröder in dieser Hinsicht für komplett falsch und wünsche mir sehr, dass er doch noch die richtigen Konsequenzen zieht." Der Altkanzler hat Posten bei den Erdgas-Pipeline-Unternehmen Nord Stream 1 und 2. Beim russischen Ölkonzern Rosneft ist er Chef des Aufsichtsrates.

Hannover will dem Altkanzler weiterhin die Ehrenbürgerwürde entziehen

In seiner Heimat bleibt die Skepsis gegenüber dem Altkanzler groß. So will die Stadt Hannover - unabhängig von der vermeintlichen Friedensinitiative des Altkanzlers - am Verfahren zur Aberkennung der Ehrenbürgerwürde Schröders festhalten. Auch die SPD im Rathaus bleibt dabei: Solange Schröder weiter als Aufsichtsratschef beim russischen Unternehmen Rosneft tätig ist, sei er weiter Teil der Kriegsmaschinerie, sagte der Fraktionsvorsitzende Lars Kelich.

Marktkirche: Kein Anti-Kriegs-Kunstwerk mit Schröder als Sponsor

Auch der Vorstand der Marktkirche sieht keinen Grund, seine Entscheidung zurückzunehmen, den Einbau des von Schröder geschenkten "Reformationsfensters" auf Eis zu legen. Pastor Marc Blessing sagte zwar, alles, was den Krieg beendet, wäre gut. Aber: Ein Anti-Kriegs-Kunstwerk in der Kirche mit Schröder als Sponsor sei nicht mehr denkbar.

DFB entzieht Schröder Ehrenmitgliedschaft

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat ebenfalls Konsequenzen gezogen: Schröder muss die Ehrenmitgliedschaft abgeben, weil er sich nicht klar vom Vorgehen von Russlands Präsidenten Putin distanziert und auch keine geschäftlichen Konsequenzen gezogen habe. Auch der Fußball-Zweitligist Hannover 96 hatte angekündigt, einen Vereinsausschluss des Altkanzlers zu prüfen. Eine Entscheidung steht bislang aus. Schröder-Kim schrieb dazu auf Instagram: "Ihr könnt sicher sein, was auch immer mein Mann tun kann, um zur Beendigung des Krieges beizutragen, wird er tun und zwar unabhängig von Ultimaten der SPD oder anderen Organisationen wie etwa dem DFB."

Weitere Informationen
Anna, die Ehefrau eines vor zwei Monaten getöteten Soldaten, und der Vater Oleksandr stellen auf dem Friedhof der Hafenstadt Odessa die ukrainische Nationalflagge am Grab ihres Ehemannes auf. (Foto vom 24. Februar 2024) © Kay Nietfeld/dpa

Zwei Jahre Ukraine-Krieg: Russlands Überfall und die Folgen

Die Außenminister Russlands und der Ukraine trafen sich im türkischen Antalya. Beide Seiten sind aber bereit zu weiteren Gesprächen. News im Überblick. (10.03.2022) mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Hannover | 15.03.2022 | 15:00 Uhr

Mehr Nachrichten aus der Region

Geflüchtete verlassen die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen am Standort Braunschweig. © picture alliance/dpa Foto: Julian Stratenschulte

Zahl der Asylanträge in Niedersachsen deutlich zurückgegangen

Laut Innenministerium beantragten bis November rund 23.900 Menschen Asyl - im gesamten Vorjahr waren es etwa 34.600. mehr

Aktuelle Videos aus Niedersachsen