Fahrsicherheitstrainer: Im Alter wird das Autofahren zum Risiko
Der 74-jährige Lutz Dietrich ist Autoliebhaber und Fahrtrainer. In Braunschweig gibt er Fahrsicherheitstrainings extra für Senioren. Und das ist wichtig, denn Senioren sind im Straßenverkehr eine Risikogruppe.
Einen kurzen Moment unaufmerksam und schon ist es zu spät. Bei Unfällen im Straßenverkehr entscheiden hundertstel Sekunden über "Unfall" oder "gerade nochmal Glück gehabt". Am Steuer schnell zu reagieren, dauerhaft aufmerksam zu sein und den Verkehr vorauszusehen ist für viele Senioren eine echte Herausforderung. Auch, weil sich der Straßenverkehr in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert habe, sagt Fahrsicherheitstrainer Lutz Dietrich von der Verkehrswacht Braunschweig: "Autos werden breiter und größer, der Verkehr auf den Straßen nimmt zu. Außerdem werden mit zunehmenden Alter Hör- und Sehleistung schlechter, auch die Reaktionsgeschwindigkeit nimmt ab. Senioren sind deshalb eine echte Risikogruppe im Straßenverkehr", sagt Dietrich.
Senioren sind eine Risikogruppe im Straßenverkehr
Das belegen auch Zahlen der Niedersächsischen Verkehrsunfallstatistik. So gab es im vergangenen Jahr 424 Verkehrstote auf Niedersachsens Straßen. Davon waren 141 tödlich verunglückte Senioren ab 65 Jahren. In dieser Statistik sind Senioren in Relation zu ihrem Bevölkerungsanteil mit mehr als 22 Prozent überrepräsentiert. Eine bundesweite Erhebung des Statistischen Bundesamtes aus 2023 hat ebenfalls ergeben, dass bei Unfällen, an denen Menschen ab 65 beteiligt waren, sie in zwei Drittel der Fälle auch die Hauptverursacher sind. Bei den ab 75-Jährigen waren es sogar 77 Prozent. Das ist mit Abstand der höchste Wert aller Altersgruppen.
Fahrsicherheitstrainings für Senioren in Braunschweig
Fahrsicherheitstrainer Dietrich ist selbst bereits 74 Jahre alt - oder jung, wie er sagt. Seit 1985 ist er ehrenamtlich für die Braunschweiger Verkehrswacht im Einsatz. Dort gibt er Fahrsicherheitstrainings extra für Senioren. Denn hier sei die Nachfrage momentan besonders groß, so Dietrich. Zwölf Teilnehmer sind in jedem Kurs - die meisten davon sind um die 70 Jahre alt, einige aber auch schon jenseits der 80.
Gefahrenbremsung und ausweichen auf dem Trainingsparcour
Nach einem kurzen Theorieteil geht es für die Teilnehmer direkt ans Fahren: Ausweichen und die Gefahrenbremsung stehen auf dem Programm. Von 70 Kilometern pro Stunde prompt auf null zu bremsen - das macht selbst erfahrene Autofahrer etwas nervös. So auch Krimhild von Bredow-Dahlke. Sie ist 81 Jahre alt und zum ersten Mal bei einem Fahrsicherheitstraining dabei. "Ich habe meinen Führerschein jetzt seit 60 Jahren, aber jetzt bin ich doch ein bisschen aufgeregt", sagt sie. Eine Gefahrenbremsung habe sie bislang zum Glück noch nie machen müssen. "Es ist wirklich ungewohnt, wie stark man die Bremse durchdrücken muss. Ich bin froh, das jetzt einmal geübt zu haben."
Auf die richtige Sitzposition kommt es an
Aber nicht nur auf das schnelle Bremsen kommt es an. Mindestens genauso wichtig ist die richtige Sitzposition und die Einstellung des Lenkrades, um schnell und effektiv reagieren zu können, erklärt Dietrich. Das entscheidet im Notfall auch, wie schlimm sich der Fahrer verletzt. Deshalb sollte man beim Einstellen des Sitzes unbedingt folgende Punkte beachten:
- Die Rückenlehne sollte in einer aufrechten Position sein.
- Der Fahrersitz sollte so hoch sein, dass man rundum gut sehen kann.
- Beim Betätigen der Pedale darf das Knie nicht durchgestreckt sein.
- Das Lenkrad sollte auf eine Entfernung von 30 Zentimetern vor dem Brustkorb eingestellt sein.
Teilnehmer, die wirklich unsicher auf der Straße sind
Auch wenn seine Trainings immer gut besucht sind, wünscht sich Dietrich, dass mehr Menschen zu seinen Trainings kommen, die tatsächlich unsicher auf den Straßen unterwegs sind: "Diejenigen, die wirklich eine Gefahr für andere darstellen, die sehen wir hier nur selten. Und das ist schade", sagt er.
Beim Training kann man den Führerschein nicht verlieren
Dabei kann man den Führerschein hier beim Üben nicht verlieren. "Teilnehmer brauchen keine Angst zu haben", sagt Fahrtrainer Lutz Dietrich: "Normalerweise haben die Senioren nach so einem Kurs ein besseres Gefühl am Steuer oder sie merken, dass sie den Führerschein dann doch demnächst abgeben sollten." Der 74-jährige Lutz Dietrich will seinen Führerschein auf jeden Fall aber noch eine ganze Weile behalten und seine Erfahrungen auch weiterhin mit seinen betagten Schülern teilen.