Berufungsprozess: Neue Vorwürfe gegen AfD-Landeschef Schledde
Niedersachsens AfD-Chef Ansgar Schledde soll Geld für aussichtsreiche Listenplätze verlangt haben. So behauptet es AfD-Aussteiger Christopher Emden. Ob er das weiterhin tun darf, muss das Oberlandesgericht (OLG) in Celle entscheiden.
Das Landgericht Verden war zuvor zu dem Schluss gekommen, dass Emdens Vorwürfe glaubhaft sind - Ansgar Schledde legte gegen das Urteil Berufung ein. Am Mittwoch startete nun in Celle das Berufungsverfahren. Allerdings ohne Emden. Der ließ sich über seine Anwältin, die auch seine Frau ist, aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen. Nicht zum ersten Mal. "Sodass Zweifel entstehen, ob jemand wirklich so erkrankt ist", machte der Vorsitzende Senatsrichter deutlich. Und stieg deshalb auch ohne Emden in die Vernehmung der Zeugen ein.
Neue Vorwürfe: Angebote für aussichtsreiche Europawahl-Plätze?
Ein ehemaliger AfD-Kreisvorsitzender aus Schaumburg erhob ebenfalls schwere Vorwürfe. Ihm sei bei einem Abendessen mit Schledde in Hannover das Angebot für einen aussichtsreichen Listenplatz für die Europawahl 2024 gemacht worden. Im Gegenzug hätte er versichern müssen, von Schledde vorgeschlagene Personen zu beschäftigen, "ganz gleich, ob sie arbeiten oder nicht", macht er vor dem Oberlandesgericht deutlich. Bezahlt werden sollten die "Pseudo-Beschäftigten" demnach mit 10.000 Euro aus dem Personal-Fonds, der EU-Abgeordneten zur Verfügung steht.
Falsche Bescheinigung für waffenrechtliche Genehmigung?
Ein anderer AfD-Politiker behauptete, ein Landtagsabgeordneter aus dem Schledde-Lager sei auf ihn zugekommen und habe ihn mehrfach dazu gedrängt, eine Eidesstattliche Versicherung auszustellen. Die sollte Schledde für eine waffenrechtliche Genehmigung die Teilnahme an der Jagd bestätigen. Für die Ausstellung sei ihm ein Listenplatz für die Landtagswahl angeboten worden. Der Kreisvorsitzende habe abgelehnt, weil er nichts bescheinigen wollte, was nicht wahr sei.
Emden: "4.000 Euro für Unterstützung bei der Landtagswahl"
Der AfD-Aussteiger Christopher Emden hatte bereits vor der Landtagswahl 2022 behauptet, dass es in der Partei die Möglichkeit gab, für aussichtsreiche Listenplätze bei der Bundes- und Landtagswahl zu zahlen. Gezahlt werden sollte seinen Angaben zufolge auf das Konto von Ansgar Schledde, inzwischen AfD-Landesvorsitzender. Im Interview mit dem NDR Niedersachsen machte Emden erneut deutlich: "Mir wurde damals angeboten, 4.000 Euro zu zahlen, um Unterstützung für die Aufstellung zur nächsten Landtagswahl zu bekommen." Die Kontoverbindung für die "Kriegskasse" sei die von Schledde gewesen. Emden hätte demnach aber auch bar zahlen können. Schledde verklagte Emden daraufhin auf Unterlassung. Emden ist gerade dabei, seinen Lebensmittelpunkt in die Schweiz zu verlegen. Er hat dort Medienberichten zufolge unter dem Namen Philipp Baake ein Hotel übernommen. Dazu benutzt er seinen zweiten Vornamen und den Nachnamen seiner Frau.
Mehrere AfD-Politiker haben auf Schleddes Konto eingezahlt
Eine NDR Recherche zeigte: Auf Schleddes Konto haben mehrere AfD-Politiker, die inzwischen im Bundes- und Landtag sitzen, eingezahlt. Dabei geht es um mehr als 40.000 Euro. Teils mit den Verwendungszwecken "Ausgleich Aktionskasse" oder "K-Kasse". Schledde und die Mitglieder, die auf das Konto eingezahlt haben, dementieren die Vorwürfe. "Kein einziger Euro wurde der AfD zur Verfügung gestellt." Das Geld sei nicht für Parteizwecke verwendet worden, hieß es im April.
Schledde: "Das ist Blödsinn, das sind Lügen"
Nach der Verhandlung am Mittwoch äußerte Schledde sich erneut: "Das ist Blödsinn, das sind Lügen." Aus seiner Sicht konnten die Zeugen nichts "Substanzielles" sagen. Der AfD-Landesvorsitzende blicke dem Ausgang des Verfahrens gelassen entgegen. Auch sein Anwalt Peter Wolfslast machte deutlich: "Wir wissen, dass Herr Emden lügt."
Gericht verhängt voraussichtlich Versäumnisurteil
Am Montag will das Oberlandesgericht ein Urteil verkünden. Allerdings werden die Zeugen dabei nicht berücksichtigt. Denn der Senat verkündet voraussichtlich ein Versäumnisurteil. Heißt: Weil weder Emden noch seine Anwältin vor Gericht erschienen sind, wird voraussichtlich zu Schleddes Gunsten entschieden. Das Urteil stützt sich dabei alleine auf Schleddes Aussagen. Mit dem Versäumnisurteil will das Gericht verhindern, dass das Verfahren unnötig in die Länge gezogen wird. Emden kann gegen das Urteil Einspruch einlegen. Dann wird das Verfahren neu aufgerollt.
Vorwurf weiterhin Teil staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen
Der Vorwurf um die "Kriegskasse" ist Teil weiterer Verfahren. So entscheidet der Staatsgerichtshof in Bückeburg voraussichtlich am 9. Dezember darüber, ob dieser Anschuldigung auch dazu führt, dass die Niedersächsische Landtagswahl wiederholt werden muss. Außerdem ermittelt weiterhin die Staatsanwaltschaft Hannover wegen illegaler Parteienfinanzierung gegen den AfD-Landesvorsitzenden Schledde.