Behrens zu Asylrecht: "Führen eine sehr einseitige Debatte"
Die Bundesregierung hat Maßnahmen beschlossen, die Abschiebungen vereinfachen sollen. Im Interview mit dem NDR begrüßt Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) die geplanten Regeln, warnt aber auch vor einer Verschiebung der Diskussion. Es beträfe nur einen kleinen Teil der Flüchtlinge.
Welche neuen Regeln werden es einfacher machen, Menschen aus Niedersachsen abzuschieben?
Daniela Behrens: Wir haben uns Praxiserleichterungen gewünscht. Die finden sich im Gesetz wieder. Die Identitätsfeststellungen werden in Zukunft einfacher werden. Wir müssen Abschiebungen nicht mehr ankündigen. Das macht das Auffinden der Person, die wir rückführen müssen, einfacher. Wir haben bessere Möglichkeiten, Menschen länger in Gewahrsam zu nehmen, um zum Beispiel den Flug besser organisieren zu können. Da sind jetzt mehr Tage möglich.
Gibt es Punkte, die Sie kritisieren?
Behrens: Ich glaube, wir überhöhen den Gesetzentwurf. Das Thema Rückführung ist ja nur ein kleiner Bereich bei Geflüchteten. Was uns bei gescheiterten Rückführungen vor allem umtreibt, ist die fehlende Kooperation vieler Herkunftsländer. Und das kann man mit diesem Gesetz nicht regeln, sondern da müssen der Bund und die EU Herkunftsabkommen abschließen, und da haben wir noch keine Hoffnung, dass das zeitnah passiert.
Andere haben die Verschärfungen schon längst gefordert, jetzt handelt die SPD. Ist das populistisch?
Behrens: Das Thema bewegt die Menschen. Abschiebungen sind kein Spaß - weder für den, der abgeschoben werden muss, noch für die, die das durchführen. Deswegen versuchen wir hier in Niedersachsen, den Menschen den Weg über freiwillige Ausreisen zu erleichtern, wenn das Asylverfahren beendet ist und man kein Bleiberecht hat. Wir reden hier über einen kleinen Teil, mehr als 70 Prozent der Menschen bekommen ja eine Aufnahme. Das Thema Rückführungen ist gerade emotional überladen und wird dem Thema Geflüchtete nicht gerecht.
Was meinen Sie damit?
Behrens: Derzeit führen wir eine sehr einseitige Debatte. Wir sind alle miteinander sehr unter Druck, weil so viele Geflüchtete gerade zu uns kommen. Jede Woche mehr als 1.300 allein nach Niedersachsen - und wir haben große Probleme, die ordentlich unterzubringen. Das ist es, was uns gerade beschäftigt. Wir möchten die Menschen gut behandeln. Und da finde ich, müssen wir aufpassen, dass wir nicht falsche Signale setzen. Insgesamt geht es darum, das Asylrecht ernst zu nehmen. Denjenigen Schutz zu bieten, die ihn brauchen. Die Leute hier aufzunehmen, das Asylverfahren durchzuführen. Aber wenn man kein Asyl bekommen hat, dann ist es völlig in Ordnung, dass man das Land auch wieder verlassen muss.
Das Interview führte Angelika Henkel, NDR.de