Apotheker schlagen Alarm: Kritik an Lauterbachs Gesetzentwurf
Die Apothekendichte in Niedersachsen nimmt weiter ab: 1.687 Apotheken gibt es aktuell - vor zehn Jahren waren es noch 2.000. Darüber, wie sich das "Apothekensterben" stoppen lässt, gibt es Streit.
Die Apothekerkammer in Niedersachsen sieht die Gesundheitsversorgung in Gefahr. Die Pläne von Karl Lauterbach (SPD) würden die Therapie der Patienten deutlich verschlechtern. Das hatte die Kammer in einer Presseeinladung mitgeteilt. Am Freitag stellte sie ihre Sicht auf die geplanten Vorhaben des Ministers vor. Dass Lauterbach Filialapotheken mit verkürzten Öffnungszeiten zulassen will, wird nach Ansicht des Verbandes das Aus für weitere Apotheken bedeuten. Patientinnen und Patienten müssten bei Notfällen dann noch weiter fahren, so die Kammer.
Steigende Umsätze - fallende Gewinne
In der Tat hat die Apothekendichte in Niedersachsen in den vergangenen Jahren abgenommen. Aktuell kommen 21 Apotheken auf 100.000 Menschen. Niedersachsen liegt damit genau im Bundesdurchschnitt, im europäischen Vergleich im unteren Drittel. Gleichzeitig stiegen die Umsätze der niedersächsischen Apotheken. Nach Zahlen der Treuhand Hannover, einer Steuer- und Wirtschaftsberatung für Apotheken, stiegen die Umsätze von 2021 auf 2023 auf knapp 3,5 Millionen Euro - ein Plus von acht Prozent. Das Betriebsergebnis sank aber um knapp 30 Prozent auf durchschnittlich 148.000 Euro pro Betrieb.
Kritik: Geld wird nur umgeschichtet
Lauterbach will mit seiner Reform den ländlichen Raum stärken. Weil es an Fachkräften fehlt, sollen in Filialen auch qualifizierte pharmazeutisch-technische Assistentinnen den Betrieb führen können. Ein Apotheker müsste nicht vor Ort sein. Aber auch bei den Honoraren will der Minister ansetzen. Die Pauschalen für verkaufte Packungen sollen erhöht, der zusätzliche prozentuale Aufschlag gesenkt werden. Finanziell soll sich das für die Apotheker ausgleichen. Doch Sebastian Schwintek von der Treuhand Hannover sagt: "Hier soll nur Honorar umgeschichtet werden, aber im Prinzip kein zusätzliches Geld fließen, obwohl die Kosten weiter steigen."
Apotheker wollen mehr verdienen
Tim Rüggeberg ist Filialleiter der Löwen Apotheke in Lehrte bei Hannover. Er kritisiert, dass die geplante Reform die Verluste und die Inflation der vergangenen Jahre nicht ausgleichen würde. Die systemischen Probleme würden nicht gelöst. "Das Gesundheitsministerium versucht Kosten zu senken, indem an der Qualität gespart wird. Das geht zulasten des Patienten." Rüggeberg ist sich sicher, dass die Reform nicht geeignet ist, um existenzbedrohte Apotheken zu retten. Um Fachkräfte, gerade auch für den ländlichen Raum zu gewinnen, müssten Apotheker und ihre Angestellten mehr verdienen. Noch sei die Versorgung aber flächendeckend gewährleistet.
Vorwurf der Fundamentalopposition
Christian Knobloch von der Forschungsstelle für Apothekenwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen wirft der Apothekerschaft Fundamentalopposition gegen die Pläne des Bundesgesundheitsministers vor. Man müsse über die Vorschläge diskutieren. "Als Standesvertretung fast ausschließlich mit dem Vorschlag zu kommen, wir wollen mehr Geld, ist zu wenig." Das Ministerium habe viele konstruktive Vorschläge gemacht, die nicht einfach abgelehnt werden sollten. Das Apotheken schließen, bedeute nicht unbedingt ein Versorgungsproblem. Menschen auf dem Land müssten oft weitere Wege fahren, sagt Knobloch.
Niedersachsens Gesundheitsminister kritisiert Lauterbach
In Apotheken müssten auch weiterhin immer Apothekerinnen und Apotheker stehen, sagt Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) und kritisiert damit die Pläne seines Parteikollegen. "Die Zweigapotheke muss ein Notfallinstrument bleiben, da diese nur ein eingeschränktes Versorgungsspektrum bieten und keine vollversorgende Apotheke ersetzen könnte." Vor allem die Apotheken im ländlichen Raum benötigten eine stärkere finanzielle Unterstützung und Planungssicherheit. Der Verband der Ersatzkassen in Niedersachsen befürchtet mit Blick auf die Pläne erhebliche Mehrausgaben für die Krankenkassen und zusätzliche Belastungen der Beitragszahlenden.