Kein Migrationsbeirat für Schwerin

Stand: 19.12.2024 17:34 Uhr

Größere Kommunen sollen nach Gesetz zur Jugendbeteiligung und Integration Migranten- und Integrationsbeiräte gründen. Die Schweriner Stadtvertretung lehnte einen Migrationsbeirat jedoch ab.

Serife Gedik wohnt in einem Plattenbau im Stadtteil Mueßer Holz. Sie kam vor sechs Jahren nach Deutschland. Sie ist eine von 11.000 Menschen mit Migrationshintergrund in Schwerin. Ihr Mann arbeitet bei einer IT Firma, Serife macht eine Weiterbildung in der Geoinformatik. Eigentlich sind beide Lehrer, aber es ist schwer in Deutschland als Migrant Lehrer zu werden, sagen sie. Nach Deutschland ist Serife gekommen, weil ihre Kinder, wie sie sagt, in einem Land mit Meinungsfreiheit leben sollen. Sie engagiert sich in einem Kulturverein. Mit ihm hat sie an Stadtteilfesten teilgenommen und das Fastenbrechen mit Deutschen zusammen gefeiert.

Netzwerk Migration kämpft seit Jahren für Beirat

Ihr Verein ist Teil des sogenannten Netzwerks Migration in Schwerin. Beim Treffen mit anderen Vereinen tauschen sie sich regelmäßig aus, es gibt verschiedene Arbeitsgruppen: Jugendliche, Integration, Arbeit und interreligiöser Dialog. Das Netzwerk hat mitgeholfen, eine Satzung für einen Migrations- und Integrationsbeirat in der Stadt zu erarbeiten. Der Beirat sollte die Stimme der Migranten in die Politik sein. Die Verwaltung saß beim Entwurf des Beirats mit am Tisch. Auch an diesem Freitag - aber dieses Mal ist die Stimmung im internationalen Haus in der Schweriner Altstadt gedrückt. Vor einer Woche haben die Stadtvertreter beschlossen: es soll keinen Migrations- und Integrationsbeirat geben.

"Die ganze Arbeit, die seit Jahren gemacht wird in dem Bereich, wird konterkariert. Alle Organisationen versuchen, für die Geflüchteten und Migranten etwas zu tun, dass sie in der Stadt sichtbar werden." Almut Lüpkes, Netzwerk Migration

Gesetz erlaubt Ablehnung des Beirats

Die Schweriner Stadtvertretung sitzt im Demmlersaal im Rathaus. © NDR Foto: Chris Loose
Die Stadtvertreter hatten sich mehrheitlich gegen den Integrationsbeirat entschieden.

Eigentlich sollen alle größeren Kommunen Migranten- und Integrationsbeiräte gründen. So sieht es das Gesetz zur Jugendbeteiligung und Integration von Menschen mit Einwanderungsgeschichte vor. "Sollen" bedeutet aber, dass Ausnahmen erlaubt sind, wenn es sich eine Kommune nicht leisten kann, einen Beirat zu gründen. Tatsächlich wurden aber in der Stadtvertretung andere Gründe vorgetragen. So könnten sich die Migranten auch direkt an die Fraktionen wenden, argumentierte AfD-Stadtfraktionsvorsitzende Petra Federau.

"Es gab mehrere Gründe, zum Einen die Mitwirkung von Mitgliedern die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben und die Möglichkeit, dass abgelehnte Asylbewerber in dem Beirat tätig werden. Das geht überhaupt nicht." Petra Federau, AfD, Stadtfraktionsvorsitzende

Von abgelehnten Asylbewerbern im Beirat steht nichts im Entwurf der Satzung. Ausgeschlossen sind sie aber auch nicht, denn jeder mit Fachexpertise, der seinen "regelmäßigen Aufenthalt" in Schwerin hat, hätte ins Gremium gewählt werden können. Daran stört sich auch die CDU. Sie wollte nur Einwohner der Landeshauptstadt und Menschen mit einer gültigen Aufenthaltserlaubnis im Beirat sehen.

Rostock hat seit 1992 Migrantenrat

Andere Städte im Land haben Beiräte für Migranten, etwa Greifswald und Rostock. In Wismar gibt es Überlegungen, einen zu schaffen. Rostock hat nach den Übergriffen auf Ausländer Anfang der 90er Jahre den Migrantenrat geschaffen. Geschäftsführer Ruben Cardenas Carbajal sieht keine Alternative zu den Beiräten als Sprachrohr der Migranten.

"Den Migrantenrat Rostock gibt es seit 1992 und es geht vor allem um die Vertretung der Interessen für die Communitys, das können die Parteien nicht machen." Ruben Cardenas Carbajal, Migrantenrat Rostock

Kein Widerspruch gegen die Entscheidung

Schwerins Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) erklärte, dass er keinen Widerspruch gegen die Entscheidung der Stadtvertreter einlegen wird. Das könne er nur tun, wenn der Beschluss rechtswidrig wäre. Zwar kritisiere er den Beschluss inhaltlich, rechtlich sei er so aber möglich.

Serife hofft weiter auf einen Migrationsbeirat für Schwerin. Es gehe ihr gar nicht so sehr darum, ganz bestimmte Dinge radikal zu ändern. Wichtig sei einfach ein Sprachrohr in die Politik und auch umgekehrt eine Möglichkeit, mit Migranten in Schwerin ins Gespräch zu kommen.

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Der Demmlersaal im Schweriner Rathaus. © Screenshot

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Regionalnachrichten aus Schwerin | 19.12.2024 | 16:00 Uhr

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