Analyse zur Kommunalwahl in MV: Debakel für Rot-Rot, Sieg für AfD

Stand: 10.06.2024 17:37 Uhr

Die Kommunalwahlen enden für die Regierungsparteien SPD und Linke in einem Debakel, die AfD ist in drei Kreistagen vorn, das BSW erzielt ebenfalls Erfolge.

von Stefan Ludmann

Wenigstens eine gute Nachricht beschert der Wahlabend der Landes-SPD: Bei der Europawahl schafft die eigene Kandidatin, die 25-jährige Sabrina Repp, trotz der Verluste der Gesamtpartei den Sprung ins EU-Parlament. Ihr günstiger Listenplatz 11 sichert ihr das Ticket nach Brüssel. Repp und die SPD-Landesvorsitzende, Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, werden bei der Wahlparty in der Schweriner SPD-Zentrale kurz nach 19 Uhr noch mit freundlichem Applaus bedacht. Aber nach Feierlaune ist den Genossen spätestens dann nicht mehr zu Mute, als die ersten Ergebnisse der Kommunalwahl auf den Bildschirmen eingeblendet werden.

Ergebnis herber Dämpfer für Koalition

Denn die SPD ist einer der großen Verlierer dieses Wahlabends, mit landesweit 12,7 Prozent fährt sie ihr historisch schlechtestes Kommunalwahlergebnis ein. Mindestens genauso hart trifft es den Koalitionspartner Die Linke, sie rutscht im gesamten Land auf 8,8 Prozent. Besonders bitter ist es für das Regierungsbündnis in den beiden großen Städten. In der Universitätsstadt und Wirtschaftsmetropole Rostock sieht sich die Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (Die Linke) einer Bürgerschaft gegenüber, in der die AfD mit 17,5 Prozent die größte Fraktion stellt. Ihre Linksfraktion ist auf 14,4 Prozent zusammengeschrumpft. Für Kröger wird es schwierig, Mehrheiten zu organisieren. Das BSW schafft es in der Hansestadt dagegen aus dem Stand auf 9,4 Prozent.

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Schwerin: Fragwürdiges Alleinstellungsmerkmal

In Schwerin hat SPD-Oberbürgermeister Rico Badenschier mit den gleichen Problemen zu kämpfen. Die AfD kommt hier auf 26 Prozent, sie wird vor der CDU stärkste Fraktion. Schwerin hat damit im bundesweiten Vergleich ein Alleinstellungsmerkmal, das noch für Aufmerksamkeit sorgen dürfte: Sie ist die Landeshauptstadt mit dem größten Anteil an AfD-Stimmen bei der Kommunalwahl. Im sächsischen Dresden, wo am Sonntag ebenfalls gewählt wurde, kam die AfD mit 19,5 Prozent zwar ebenfalls auf Platz 1, aber nur knapp vor der CDU.

Rückschlag für SPD in Schwerin

Der Sieg der AfD in Schwerin ist auch eine Niederlage der SPD-Landesvorsitzenden Schwesig. Denn die Ministerpräsidentin hat in den vergangenen Wochen auch einen Wahlkampf gegen die AfD geführt. Ausgerechnet in ihrer politischen Heimat machen die Wähler die AfD stark. Den Traum, mit der Landtagsabgeordneten Mandy Pfeifer die Stadtpräsidentin zu stellen, können sich die Genossen abschminken. Den Anspruch darf die AfD erheben.

SPD auch in Kreistagen mit Verlusten

Auch der Blick in die Kreistage beschert der SPD nichts Erquickliches. In Vorpommern fahren die Genossen einstellige Ergebnisse ein, in Vorpommern-Greifswald sind es 7,9 Prozent, in Vorpommern-Rügen sogar nur 7,6 Prozent. Dort hat der eigene Landrat Stefan Kerth die Partei im Frust über den Kurs der Ampel verlassen. Der östliche Landesteil wird zur sozialdemokratischen Diaspora.

Debakel für die Linken

Ein Debakel bringt die Wahl den Linken. Sie verlieren in der Mecklenburgischen Seenplatte 10,7 Prozentpunkte und ziehen nur noch mit 6,5 Prozent in den Kreistag. Die Fraktion wird mehr als halbiert. Bitter für die Linken: Die Ex-Genossen vom BSW schaffen aus dem Stand 14,1 Prozent und überholen die Regierungspartei. Ein ähnliches Bild zeigt sich im neuen Kreistag Ludwigslust-Parchim. Die Linken fahren mit ihrer Spitzenfrau, Justizministerin Jacqueline Bernhardt, nur 7,7 Prozent der Kreistagssitze ein, ein Minus von 8,5 Prozent. Das BSW kommt auf Anhieb auf 9,1 Prozent und überholt auch hier die Linke.

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CDU verliert Stimmen in Vorpommern

Trotz der herben Verluste für die Regierungsparteien bringt der Abend auch für die CDU wenig Gutes. Sie hat ihren Rang als stärkste kommunalpolitische Kraft verloren, landesweit kommt sie auf 24 Prozent und fällt damit hinter die AfD, die 25,6 Prozent erreicht. Die Union bleibt zwar trotz Verlusten im östlichen Landesteil stabil. Aber die CDU-Landräte Michael Sack, Tino Schomann und Heiko Kärger haben es in Vorpommern-Greifswald, Nordwestmecklenburg und der Mecklenburgischen Seeplatte mit Kreistagen zu tun, in denen erstmals die AfD die stärkste Fraktion stellt. Auch in Rostock, wo der CDU-Landesvorsitzende und Fraktionschef Daniel Peters antrat, musste sich die Union trotz leichter Zugewinne von der "Alternative" überholen lassen.

AfD muss sich beweisen

In der Mecklenburgische Seenplatte schaffte die AfD mit 29,8 Prozent den höchsten Stimmanteil einer Partei bei der Kommunalwahl. Dort und in Nordwestmecklenburg sowie Vorpommern-Greifswald hat sie als größte Kraft den Anspruch auf das Amt des Kreistagspräsidenten - allerdings braucht sie dazu jeweils die Mehrheit der Abgeordneten. Die AfD bringt überall deutlich mehr Abgeordnete in die Kommunalparlamente. Ihre Ausgangslage für die kommenden Wahlen verbessert sich. Allerdings hat die Vergangenheit auch gezeigt, dass die Partei sich schnell in inneren Auseinandersetzungen lähmt - wie beispielsweise in Rostock oder auf Rügen. 

Wahlbeteiligung höher als 2019

Die Wahlbeteiligung hat die 65-Prozent-Marke erreicht und liegt damit über dem Stand von 2019. Am höchsten liegt sie mit 67,4 Prozent im Landkreis Rostock, am niedrigsten fällt sie gleich nebenan in der Hansestadt Rostock aus. Dort sind 61,7 Prozent zur Wahl gegangen.  

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 10.06.2024 | 10:30 Uhr

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