Teterow: Erstmals AfD-Bürgervorsteher - "Der Brandmauerfall hat begonnen"
In Teterow haben die Stadtvertreter am Dienstag den AfD-Politiker Christian Wolter zum Vorsitzenden der Stadtvertretung gewählt. Damit hat erstmals ein AfD-Politiker einen solchen Posten in Mecklenburg-Vorpommern inne. Für den AfD-Landesvorsitzenden Leif-Erik Holm hat der "Brandmauerfall" begonnen.
Christian Wolter (AfD) ist neuer Bürgervorsteher von Teterow (Landkreis Rostock). Er wurde am Dienstagabend von einer Mehrheit der Stadtvertreter zum Vorsitzenden des Stadtvertretung gewählt. Von den 21 Mitgliedern stimmten elf für den AfD-Politiker, der Kandidat der CDU erhielt neun Stimmen. Eine Stimme war ungültig. Damit ist klar, auch Politiker anderer Fraktionen haben den AfD-Politiker gewählt. Die Partei selbst stellt lediglich sieben Stadtvertreter. Wolter ist gebürtiger Teterower, Jahrgang 1972, und im Wahlkreisbüro der AfD-Bundestagsabgeordneten Ulrike Schielke-Ziesing tätig. Nach seiner Wahl erklärte er, er wolle das Amt des Bürgervorstehers parteipolitisch neutral ausüben und für alle Fraktionen gleichermaßen Ansprechpartner sein.
AfD doch nicht stärkste Fraktion in Teterow
Die AfD war aus der Kommunalwahl als stärkste politische Kraft in Teterow hervorgegangen - mit sieben Abgeordneten, die CDU holte sechs Sitze. Weil aber ein gewählter Stadtvertreter der Linken zur CDU wechselte, sind beide Fraktionen nun gleich stark. Insgesamt setzt sich die neue Stadtvertretung von Teterow nun aus fünf Parteien und Wählergruppen zusammen: neben AfD und CDU sind auch die SPD, die UTF (Unabhängige Teterower Fraktion) sowie "Die Teterower" vertreten. Ursprünglich hatte auch Die Linke zwei Mandate geholt, nun ist sie gar nicht mehr vertreten. Ein Politiker wechselte zur CDU, der zweite Kandidat schloss sich der Wählergemeinschaft UTF an.
Holm: "Der Brandmauerfall hat begonnen" - Deutschland brauche einen Ruck
Der AfD-Landesvorsitzende Leif-Erik Holm gratulierte seinem Parteikollegen zu seinem neuen Amt. "Der Brandmauerfall hat begonnen", erklärte Holm. "Deutschland braucht auf allen Ebenen einen Ruck. Wir im Osten fangen damit an", verkündete Holm am Mittwoch.
Teterows parteiloser Bürgermeister Andreas Lange sagte auf NDR Anfrage, er biete allen die Zusammenarbeit an. Allerdings betonte er, dass es für ihn dort, wo Aussagen, Worte, Gesten und Handlungen den Rahmen des demokratischen Meinungsstreits überschreiten, keine Toleranz gebe. "Wir brauchen zum Beispiel bei Bauvorhaben, bei Gebührensatzungen, der Jugendarbeit keine politischen oder ideologischen Grundsatzdebatten, dafür ist hier nicht der Ort."
Wolter: Für mich gibt es "keine Brandmauer"
Auch der neu gewählte Bürgervorsteher selbst sieht die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen pragmatisch. Diese "war hier auch schon in den vergangenen fünf Jahren fair und konstruktiv. Vielleicht könnten sich die Landtage und der Bundestag das ja von Teterow abschauen", so Wolter. Es habe vor seiner Wahl Gespräche mit anderen Fraktionen gegeben, und "es gab Signale, dass es für eine Mehrheit reichen könnte", so der neue Bürgervorsteher von Teterow. "In meiner neuen Funktion steht für mich fest, dass es keine Brandmauern gibt, ich möchte für jede Fraktion und für jeden Stadtvertreter gleichermaßen Ansprechpartner sein."
Kommunale Wahlen sind sehr persönliche Wahlen
Zur Wahl Wolters' sagte Politikwissenschaftler Wolfgang Muno von der Universität Rostock dem NDR, dass es sich zwar um einen bemerkenswerten Vorgang handele, dass dieser nach den Kommunalwahlen aber zu erwarten gewesen sei. Muno betonte, dass Wahlen in kleineren Gemeinden immer auch Personalwahlen seien. Man kenne den AfD-Vertreter als Nachbar oder aus dem Sportverein und es sei entsprechend schwierig, plötzlich auf Distanz zu gehen. Bezüglich der von Holm angesprochenen "Brandmauer" sagte Muno, dass es diese auf kommunaler Ebene nie gegeben habe. Zwar sei die AfD demokratisch gewählt, ob ihre Vertreter demokratisch sind, das sei aber eine ganz andere Frage.
Erste AfD-Anträge mit Unterstützung von SPD und CDU
Während im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern die AfD weitgehend keine Unterstützung aus den Reihen anderer Parteien erhält, brachte die AfD in Teterow bereits zwei Anträge in der Sitzung am Dienstag durch - mit Unterstützung von CDU und SPD sowie der beiden Wählergruppen. Bei den Anträgen ging es nicht nur darum, die Sitzverteilung in den Aufsichtsräten der Stadtwerke Teterow und der Teterower Wohnungsgesellschaft zu beschließen. Die AfD beantragte zudem die Aufsichtsratsmitglieder selbst zu benennen, damit diese Gremien besonders schnell ihre Arbeit aufnehmen können.