Wirbel im Kreistag: Keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD?
Mehrere Fraktionen des Kreistages Nordwestmecklenburg kritisieren das Verhalten der CDU-Fraktion. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Albeck wirft den Christdemokraten vor, sich beim Thema Flüchtlingspolitik der AfD deutlich anzunähern. Die Landes-CDU spricht dagegen von einer Skandalisierung.
Die Position der CDU zum Umgang mit der AfD ist klar. Es soll keine Zusammenarbeit geben. Das gelte von der kommunalen bis zur Bundesebene. So hatte es Parteichef Friedrich Merz jüngst im ARD-Interview klargestellt. Auch in Mecklenburg-Vorpommern ließ CDU-Landeschef Franz-Robert Liskow im NDR Sommerinterview an der Gültigkeit dieses Grundsatzes keinen Zweifel. Es werde niemals dazu kommen, dass die CDU mit der AfD zusammenarbeite, sagte Liskow. Doch wie definiert die CDU "keine Zusammenarbeit mit der AfD"? Eine Sitzung des Kreistages von Nordwestmecklenburg am Donnerstag in Grevesmühlen sorgt diesbezüglich für Wirbel. Abgeordnete anderer Fraktionen kritisierten das Verhalten der CDU-Fraktion, das den Eindruck einer Zusammenarbeit mit der AfD erwecken könne.
Landrat soll Bundesregierung zur Wende in Migrationspolitik auffordern
Der Streit entzündete sich an zwei Anträgen zur Flüchtlingspolitik, über die am Donnerstag im Kreistag debattiert und abgestimmt wurde - einer von der CDU, der andere von der AfD. Das Thema Flüchtlinge erhitzt schon seit Längerem die Gemüter in der Region. Es ist von Überforderung der Kommunen bei der Unterbringung die Rede und davon, dass man sich von der Bundesregierung allein gelassen fühle. Zunächst war am Donnerstag die CDU dran. Die Fraktion hatte den Antrag "Herausforderungen der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden im Landkreis Nordwestmecklenburg" eingebracht. Darin ging es um die Kapazitäten der vorhandenen Gemeinschaftsunterkünfte, die im Landkreis ausgeschöpft seien, um Turnhallen, die nicht mehr mit Flüchtlingen belegt werden sollen. Die weitere Zuwanderung von Schutzsuchenden nach Deutschland müsse unmittelbar und wirksam begrenzt werden. In dem Antrag wird Landrat Tino Schomann (CDU) aufgefordert, sich schriftlich an die Bundesregierung zu wenden, damit der "migrationspolitische deutsche Sonderweg" sofort beendet werde.
CDU-Fraktionschef Berkhahn will AfD-Antrag ändern
Über diesen Antrag wurde fast eine Stunde debattiert - zum Teil sehr hitzig und emotional. Am Ende wurde der Antrag mit knapper Mehrheit angenommen - auch mit den Stimmen der AfD. Kurz danach stand der Antrag "Unkontrollierte Zuwanderung sofort begrenzen" der AfD auf der Tagesordnung. Der AfD-Abgeordnete Christoph Grimm sprach von einer "Überflutung", von Flüchtlingen, die nur wegen der Sozialleistungen nach Deutschland kämen und von zunehmender Kriminalität. Die Debatte dazu war kurz. Für viele Zuhörer erstaunlich war der Redebeitrag des CDU-Fraktionschefs Michael Berkhahn.
"Aber was im Antrag steht - da ist Vieles richtig"
Berkhahn verwies auf die inhaltlichen Ähnlichkeiten der Anträge von CDU und AfD. Er stellte einen Änderungsantrag zum AfD-Antrag. "Leider verhallt beim Wähler das, was Herr Grimm jetzt alles populistisch gesagt hat zu diesem Antrag. Aber was im Antrag steht - da ist Vieles richtig. Und da ist Vieles drin, was wir selbst in unserem Antrag hatten", so seine Begründung. Es sei den Bürgern nicht zu vermitteln, dass zwei ähnlich lautende Beschlussvorlagen in dem einen Fall angenommen und in dem anderen Fall abgelehnt würden. Deshalb müsse man das den Bürgern erklären oder die Anträge ändern. Denn letztlich sei es egal, wer einen Antrag ursprünglich hereingegeben habe, so Berkhahn weiter, wenn sich darin am Ende die Meinung der CDU ausdrücke. Eine Zusammenarbeit mit der AfD sei das aber nicht. Beide Anträge wurden schließlich abgelehnt. Die CDU enthielt sich.
Kritik von SPD, Linken und Grünen - CDU sieht Skandalisierung
Die AfD sprach von einer "historischen Kreistagssitzung". Es sei das erste Mal, dass sich die CDU-Fraktion bei einem Antrag der AfD komplett enthalten habe, sagte AfD-Kreisfraktionschef Jens-Holger Schneider dem NDR Nordmagazin. Bis dato seien alle Anträge abgelehnt worden, nur vereinzelt habe es Enthaltungen gegeben. Berkhahns Äußerungen wurden von Mitgliedern der anderen Fraktionen kritisiert. Von einer Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD sprach SPD-Fraktionschef Albeck gegenüber NDR 1 Radio MV zwar nicht, aber er sei "erschrocken, wie nah die beiden Parteien in der Polemik beieinander gewesen sind." Die Linke sieht eine deutliche Annäherung der CDU an die AfD. Es wachse zusammen, was zusammen gehöre, sagte Linken-Kreisvorsitzender Horst Krumpen. "Die CDU hat klar und deutlich erklärt, dass sie den AfD-Antrag inhaltlich unterstützt." Beide Fraktionen hätten in einem Geist gehandelt. Die Landes-CDU sieht in dem Vorwurf an die Kreis-CDU dagegen eine Skandalisierung. Generalsekretär Daniel Peters betonte, es gebe keine Zusammenarbeit mit der AfD. "Ich sehe da auch keine Annäherung." Vielmehr handele es sich um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Anträgen der AfD.