FDP will Kommunalwahl in Neubrandenburg komplett verschieben
Die FDP fordert, die Wahl zur Stadtvertretung in Neubrandenburg komplett zu verschieben. Die Jura-Professorin Sabine Schlacker sieht hingegen auch andere Möglichkeiten, die Stimmzettelpanne zu beheben.
Nach der Panne bei der Vorbereitung der Briefwahl zur Stadtvertretung Neubrandenburgs hat die FDP Mecklenburg-Vorpommerns gefordert, diese Wahl komplett und nicht nur in einem Wahlbezirk zu verschieben. "Wie will man einen solchen Extra-Wahlgang in einem Wahlbereich vor den Wählerinnen und Wählern rechtfertigen", sagte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, René Domke, am Mittwoch. "Jede vorgezogene oder nachgeholte Auszählung würde die Stimmabgabe beeinflussen", fügte Domke hinzu.
Liberale kritisieren die Wahlleiterin
Weil rund 1.500 fehlerhafte Stimmzettel an Briefwähler verschickt worden sind, soll die Wahl zur Stadtvertretung im davon betroffenen Wahlbereich 1 mindestens vier Wochen nach dem eigentlichen Wahltermin am 9. Juni nachgeholt werden. Das hatte der Wahlausschuss am Montag nach Rücksprache mit Mecklenburg-Vorpommerns Innenministerium entschieden. Der genaue Termin wird durch die Stadtvertretung festgelegt. Domke kritisierte, dass Neubrandenburgs Wahlleiterin Heike Rathsack die FDP später als die anderen Fraktionen der Stadtvertretung über das Schreiben aus dem Innenministerium informiert habe. Falls "bewusst intransparent" mit dem Schreiben umgegangen worden sein sollte, müsse die Wahlleiterin "von ihrem Amt entbunden" werden.
"Termin-Aufteilung vom Gesetz gedeckt"
Die Greifswalder Rechtsprofessorin Sabine Schlacke bewertet die Entscheidung einer zeitlich zweigeteilten Wahl und die Veröffentlichung der vorläufigen Ergebnisse nach dem ersten Wahltermin als vom Kommunalwahlgesetz des Landes gedeckt. Die Chancengleichheit der Parteien und Kandidaten sei nicht beeinträchtigt, da sie auf das Ergebnis reagieren und zwischen den Wahlgängen noch für sich werben könnten. Auch der Grundsatz der Freiheit der Wahl sei gewährleistet. Kein Wähler werde durch die vorläufige Bekanntgabe des Wahlergebnisses zu einem bestimmten Verhalten genötigt oder in seiner Entscheidungsfreiheit ernstlich beeinträchtigt, so Sabine Schlacke.
Rechtsexpertin sieht auch andere Lösungswege
Gleichwohl gab die Professorin zu Bedenken, dass es andere Lösungen gebe, die Wahlpanne zu beheben. So könnten die Vorbereitungsfehler bis zur Wahl am 9. Juni 2024 gegebenenfalls noch geheilt werden. In ähnlichen Fällen in süddeutschen Städten erhalten laut Schlacke die Betroffenen etwa die Möglichkeit, bis zwei Tage vor der Wahl neue Unterlagen zu beantragen, oder es wird ihnen erlaubt, direkt am Wahltag vor Ort im Wahllokal wählen zu gehen. Dies setze allerdings wohl voraus, dass die Betroffenen eindeutig identifizierbar sind.
Europa- und Kreistagswahl nicht betroffen
Der betroffene Wahlbereich 1 umfasst das Industrieviertel mit der Ihlenfelder Vorstadt, Warliner Straße, dem Industriegebiet, Monckeshof und Burgholz sowie das Stadtgebiet Ost mit der Oststadt, Fritscheshof, Küssow, Carlshöhe und dem Lindetal. Dort sind rund 18.000 Menschen wahlberechtigt. Die Europa- und die Kreistagswahl werde jedoch auch im Wahlbereich 1 planmäßig am 9. Juni stattfinden, so die Wahlleiterin.
Mehrere Fehler auf Stimmzetteln
Auf rund 1.500 Wahlzetteln für die Wahl zur Stadtvertretung waren mehrere Fehler aufgetaucht. Entdeckt hatte sie ein Wähler, als der seinen Briefwahlzettel ausfüllen wollte. Der FDP-Kandidat Heiko Schröder steht demnach nicht nur bei der FDP auf dem Wahlzettel, sondern auch bei der Partei "Die Basis". Auch steht Schröder auf Listenplatz zwei und nicht, wie vorgesehen, auf Platz eins. Komplett verschwunden von den fehlerhaften Wahlzetteln ist unterdessen der Kandidat Ralph Henning (Die Basis).
FDP kritisiert Verschiebung
Die Kreis-FDP hatte nach der Panne angekündigt, vor das Verwaltungsgericht zu ziehen. Inzwischen forderte sie von der Stadt eine schriftliche Begründung, warum die Wahlpanne nicht durch "mildere" Mittel als die Verschiebung hätte behoben werden können - etwa durch die Versendung fehlerfreier Stimmzettel an die 1.500 betroffenen Wählerinnen und Wähler. Seitens der Stadt hieß es, diese Lösung sei vom Innenministerium Mecklenburg-Vorpommerns abgelehnt worden, da sie gegen das Landeswahlgesetz vestoße.
Im Nordmagazin-Beitrag und im Online-Artikel war zunächst die Rede von 18.000 Menschen, die in dem Wahlbereich 1 leben. Tatsächlich sind es 18.000 Wahlberechtigte.