Vorpommersche Bürgermeister wollen mehr Mitsprache im Kreistag
Sie sind alle parteilos und die Verwaltungschefs von Orten in Vorpommern: Neun hauptamtliche Bürgermeister haben sich zu einem Bündnis zusammengeschlossen und wollen im Juni bei der Kreistagswahl antreten. In anderen Bundesländern ist das verboten.
"Als Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind wir die ersten Ansprechpartner für die Menschen vor Ort", sagt Heringsdorfs Bürgermeisterin Laura Isabelle Marisken. Dabei werden oft auch Dinge angesprochen, die in der Zuständigkeit des Kreises liegen. "Sei es, dass der Winterdienst auf der Kreisstraße nicht gemacht ist oder die Schülerbeförderung nicht pünktlich da war, dann kommen die Einwohnerinnen und Einwohner zu uns." Deshalb will sie zukünftig auch auf Kreisebene mitmischen - und zwar zusammen mit acht Bürgermeister-Kolleginnen und -Kollegen.
Parteipolitische Brille kann hinderlich sein
Alle sind hauptamtlich tätig und gehören keiner Partei an. Das sieht der Wolgaster Bürgermeister Martin Schröter als großen Vorteil: "Kaum jemand weiß besser von den Sorgen und Wünschen der Bürger als die Bürgermeister. Und wenn sie keine parteipolitische Brille aufhaben, dann ist es umso besser, weil sie ganz dicht an den kommunalpolitischen Herausforderungen dran sind."
Satzung beschlossen, Aufgaben verteilt
Neben Laura Isabelle Marisken und Martin Schröter haben sich auch André Werner aus Jarmen, Michael Galander aus Anklam, Danny Rodewald aus Pasewalk, Kerstin Pukallus aus Torgelow, Jürgen Kliewe aus Ueckermünde, Bianca Schwibbe aus Eggesin und Klemens Kowalski aus Strasburg dem Bündnis angeschlossen. Um gemeinsam bei der Kreistagswahl auf dem Wahlzettel auftauchen zu können, mussten sie sich zu einem Bündnis zusammenschließen und eine Satzung festlegen. Und sie haben untereinander Aufgaben verteilt.
Aufgeblähte Kreisverwaltung ist ein Kritikpunkt
Anklams Bürgermeister Michael Galander ist Sprecher der Vereinigung. Er macht klar, dass sie - sollten sie denn gewählt werden - auch die Interessen der Kommunen im Auge behalten wollen. Finanzen und Investitionen sind Themen, die ihnen besonders wichtig sind. "Aber auch was die Leistungsfähigkeit der Kreisverwaltung angeht, die ja zu einem riesengroßen Tanker inzwischen aufgebläht ist." Ob es dort wirklich so viele Mitarbeiter braucht, bezweifeln er und seine Mitstreiter. Zumindest sollten die Kommunen mitbestimmen können, wo das Geld hin fließe, sagt Laura Isabelle Marisken. "Von den Einnahmen der Gemeinde geht fast die Hälfte in den Landkreis."
Gibt es Interessenskonflikte?
Das, was die Neun vorhaben, ist in anderen Bundesländern wie Brandenburg und Schleswig-Holstein nicht erlaubt. Dort dürfen hauptamtliche Bürgermeister nicht für den Kreistag kandidieren. Denn die Kreistagsmitglieder kontrollieren die Kreisverwaltung – und die wiederum hat eine Kontrollfunktion gegenüber den Kommunen und ihren Verwaltungen, also den hauptamtlichen Bürgermeistern. Die Heringsdorfer Bürgermeisterin sieht hier keinen Konflikt. Sie findet die Rechtsaufsichtfunktion sehr wichtig. "Davon zu trennen sind ja politische Themen wie: Sollen wir erst die Straße machen oder investieren wir das Geld in einen Stellenzuwachs?"
Demokratisches Lager soll gestärkt werden
Ziel des "Bündnisses hauptamtlicher Bürgermeister" ist es im Kreistag als Fraktion vertreten zu sein. Dafür müssten mindestens vier von ihnen gewählt werden. Anklams Bürgermeister Michael Galander verbindet mit der gemeinsamen Kandidatur aber noch ein weiteres Anliegen: "Wir wollen das demokratische Lager stärken und ein klares Signal gegen AfD und Co. setzen."