Vor dem Flüchtlingsgipfel: MV will deutlich mehr Geld vom Bund
Wie werden die Kosten für die Aufnahme und Integration von Geflüchteten verteilt? Das ist eines der zentralen Themen beim heutigen Bund-Länder-Treffen in Berlin. Mecklenburg-Vorpommern fordert viermal mehr Mittel als bislang aus Berlin zugesagt sind.
Fast 28.500 Geflüchtete aus der Ukraine hat Mecklenburg-Vorpommern seit Beginn des Krieges aufgenommen. Zusätzlich stellen immer mehr Menschen auch aus anderen Ländern Asylanträge in Mecklenburg-Vorpommern - allein in den ersten drei Monaten des Jahres waren es fast 1.500. Das bedeutet: Immer mehr Menschen, die aufgenommen und integriert werden und dementsprechend immer weiter steigende Kosten. Dabei hat Mecklenburg-Vorpommern mit Bayern eine Sonderstellung: Nur diese beiden Bundesländer haben sich dazu verpflichtet auch die Kosten, die in den Kommunen anfallen, zu übernehmen. In diesem Jahr plant das Land MV mehr als 400 Millionen Euro in Summe dafür ein. Das sei nicht nur mehr als das Doppelte als noch vor zwei Jahren. Landesfinanzminister Heiko Geue (SPD) erklärt auch: Die Ausgaben seien höher als in den Hochzeiten der Flüchtlingskrise 2015 und 2016. Gleichzeitig fahre der Bund aber seinen Anteil an den Kosten zurück, bemängelt Geue.
Finanzminister Geue: "Das ist ein falsches Signal"
Laut Angaben der Landesregierung hat der Bund 2019 noch 59 Prozent der Ausgaben in Mecklenburg-Vorpommern getragen. In diesem Jahr gibt Berlin 52 Millionen Euro dazu – das entspricht nur noch einem Anteil von etwa 12 Prozent der Kosten. Im kommenden Jahr will der Bund seinen Zuschuss noch einmal senken auf 24 Millionen Euro. "Da geht die Schere auf. Das ist ein falsches Signal", kritisiert der Landesfinanzminister.
Damit will sich Geue nicht zufriedengeben: "Wir fordern, dass der Bund in Mecklenburg-Vorpommern mehr als 100 Millionen Euro übernimmt." Doch die Signale aus Berlin im Vorfeld der Sitzung seien, so Geue, "absolut ernüchternd. Sie lauten: Die Länder brauchen nicht darauf zu hoffen, mehr Geld zu bekommen." Das geht auch aus der Beschlussvorlage aus dem Kanzleramt für das Treffen am Mittwoch hervor: Demnach plant Berlin keine weiteren Mittel für die Länder ein.
Städte- und Gemeindetag: "Wir brauchen Investitionen für 14 neue Schulen"
Doch auch die Kommunen im Land ächzen unter der Last, obwohl das Land den Löwenanteil alleine trägt. Der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindetages, Andreas Wellmann, meint, die Wohnraumsuche und Unterbringung sei zwar in weiten Teilen gut gemeistert worden, aber: "Wir erreichen die Grenzen der sozialen Infrastruktur." Er rechnet vor: Unter den ukrainischen Geflüchteten seien rund 5.500 Schüler und Schülerinnen. Das entspreche den Kapazitäten von 14 neuen Schulen. Es brauche jetzt dauerhafte Lösungen, doch die Investitionen dafür fehlten, so Wellmann.
Landesflüchtlingsrat sorgt sich vor "Desintegration"
Ulrike Seemann-Katz vom Landesflüchtlingsrat scheint von den ewigen Debatten ums Geld genervt. Natürlich freue auch sie sich über mehr Mittel vom Bund, doch eigentlich wünsche sie sich endlich Gespräche etwa zum Thema Gesundheit. "Es ist so schon nicht leicht einen Hausarzt im ländlichen Raum zu finden. Für Menschen im Asylverfahren ohne Krankenversicherung ist das besonders schwer", erklärt sie. Zu wenig Sprachkurse, zu wenig Integration in den Schulen und zu wenige Vermieter, die auch an Ausländer vermieten – ihre Liste an Kritikpunkten ist lang. Da diese Punkte ihrer Meinung nach zu selten zur Sprache kommen, planen Ulrike Seemann-Katz und ihr Team ihren eigenen Flüchtlingsgipfel. Denn sie sorgen sich davor, dass diese fehlende Integrationsleistungen zu "Desintegration" führen.
Innenminister spricht sich für beschleunigte Abschiebungen aus
Auch der Landesinnenminister möchte den Blick für Themen abseits der Finanzen vor dem Bund-Länder Gipfel weiten. "Wir binden unglaublich viel Arbeitskraft und Mühe und somit auch am Ende Geld. Dabei bemühen wir uns häufig ergebnislos", meint Christian Pegel (SPD) während er über das Thema Abschiebungen spricht. Die Prozesse müssten beschleunigt und verbindliche Absprachen mit anderen Ländern getroffen, so der Sozialdemokrat. Zusätzlich erwartet er von dem Bund-Länder-Treffen Erleichterungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt - auch für Menschen, die noch im Asylverfahren sind. Der Landesfinanzminister will sogar einen Schritt weiter gehen und allen Menschen, die nach Deutschland kommen, die Chance einräumen, nach vier Wochen zu arbeiten. Alles andere sei, so Geue, vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels "veraltet und unbürokratisch".
CDU fordert Deckelung
Währenddessen legt die Landes-CDU ihren Fokus auf einen anderen Bereich. "Wir haben eine klare Erwartungshaltung: Es muss darum gehen, Zuwanderung zu begrenzen, illegale Migration zu steuern", führt der Generalsekretär der Christdemokraten, im Nordosten, Daniel Peters, aus. Das gelinge durch Asylverfahren an der EU-Außengrenze sowie beschleunigte Abschiebungen. Außerdem wolle er im Asylbewerberleistungsgesetz statt Geldleistungen lieber auf Sachleistungen setzen. "Ich glaube der deutsche Sozialstaat ist schon ein attraktiver Anziehungspunkt für Migrantinnen und Migranten", begründet Peters.