Verbände warnen vor Scheitern der Kindergrundsicherung
Im Streit um die geplante Kindergrundsicherung hat sich die Bertelsmann-Stiftung für einen nachhaltigen Umbau der finanziellen Förderung von Familien ausgesprochen. In Mecklenburg-Vorpommern etwa sei jedes fünfte Kind armutsgefährdet - die geplante Grundsicherung könnte das ändern, so die Stiftung.
Gesundheit, Bildungschancen, Abschlüsse - viel hängt in Deutschland immer noch vom Portemonnaie der Eltern ab, das belegen Studien seit Jahrzehnten. Langfristig seien die Folgen teuer, etwa wegen steigender Sozialausgaben und auch mit Blick auf den Fachkräftemangel, so die Bertelsmann-Stiftung. Eine Grundsicherung, die den Bedarf von Kindern tatsächlich deckt, die ohne großen Antragsaufwand gezahlt wird und die einkommensschwache Familien stärker fördert als Gutverdiener, sei dringend nötig.
Breite Unterstützung durch Verbände
Im aktuellen Streit über die Finanzierung der Kindergrundsicherung kommen ähnliche Forderungen von der Deutschen Kinderhilfe, vom DGB oder der Diakonie. Die Reformpläne dürften nicht am Geld scheitern. Die bisherigen Leistungen für Familien kämen oft gerade bei einkommensschwachen Familien nicht oder nicht vollständig an. Zu wenig, zu kompliziert, zu kleinteilig, das sind die Hauptkritikpunkte. Die Kinderarmut bewege sich seit Jahren auf einem hohen Niveau.
Angespannte Situation in MV
Laut Ina Bösefeldt, Geschäftsführerin vom Landesjugendring MV, wird in den bisherigen Leistung zudem die aktuelle Preisentwicklung nicht beachtet. "Die Kinder haben schlicht Hunger, um es auf den Punkt zu bringen", so Bösefeldt bei NDR MV Live. Die Lage in Mecklenburg-Vorpommern sei dabei besonders angespannt. Im ländlichen Raum würden nicht nur Hilfestrukturen fehlen, das Lohnniveau falle im Vergleich zu anderen Bundesländern darüber hinaus gering aus.
Drese: Kindergrundsicherung zentrales Instrument
Nach Ansicht von Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) ist die Kindergrundsicherung ein zentrales Instrument, um mehr soziale Gerechtigkeit in Deutschland herzustellen und bessere Teilhabechancen für alle Kinder und Jugendlichen zu schaffen. In Mecklenburg-Vorpommern würden überdurchschnittlich viele Kinder, junge Menschen und ihre Familien davon profitieren. Neben dem Zurückdrängen der Kinderarmut und der Garantie einer individuellen Förderung für alle jungen Menschen ziele die Kindergrundsicherung auf die Verringerung von Bürokratie und die Schaffung von mehr Transparenz durch die Bündelung von Leistungen ab. So wolle man auch eine verbesserte Inanspruchnahme sicherstellen.
Finanzierungsvorschläge gehen auseinander
Zwölf Milliarden Euro hat Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) für die Kindergrundsicherung veranschlagt - Finanzminister Lindner rechnet erstmal mit zwei Milliarden Euro - man sei aber noch in Verhandlungen. Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Landtag Mecklenburg-Vorpommerns, René Domke, stellte bei NDR MV Live die Notwendigkeit einer Aufstockung der Mittel auf zwölf Milliarden Euro in Frage. Die Leistungen zu bündeln, sei aber grundsätzlich ein nachvollziehbarer und wichtiger Schritt. Der FDP sei aber noch nicht erklärt worden, wie mehr Geld mehr helfen solle, ohne strukturelle Veränderungen vorzunehmen. "Jetzt geht es nur darum, wie viele Mittel müssen wirklich gebunden werden und wo führen wir sie zusammen, woher kommen diese Mittel? Und da muss wirklich jetzt ein Beleg her", so Domke.
Domke: Bürokratie abbauen
Laut Domke werden bereits jetzt lediglich ein Viertel der verfügbaren Leistungen für Kinder abgerufen. Daher sei eine Vereinfachung des Zugangs zu den Mitteln - etwa durch Abbau der begleitenden Bürokratie - wichtiger als deren Erhöhung. So solle es zum Beispiel ein Kinderchancen-Portal geben, wo digital und niedrigschwellig Leistungen beantragt werden können. Domke verwies auch auf die Möglichkeit der Etablierung von Ganztagsschulen, wo Kinder leichteren Zugang zu Klassenfahrten, Nachhilfe und Sportangeboten hätten. Gegner wie etwa die Unionsfraktions-Vizevorsitzende Dorothee Bär kritisieren: Die Kindergrundsicherung packe das Problem nicht an der Wurzel und schaffe keinen Erwerbsanreiz.