Termin mit Altkanzler Schröder: Minister Pegel mit Erinnerungslücken
Schon wieder Ärger für Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel (SPD). Im Mai 2021 soll er eine Videokonferenz mit Gerhard Schröder und dem Chef der Klimaschutzstiftung MV organisiert haben. Für die Opposition ein weiterer Beweis dafür, wie groß der Einfluss des Putin-Vertrauten auf die Landesregierung war.
Mitte der Woche wurde bekannt, dass der damalige Energieminister Pegel im Januar 2021 eine hochkarätig besetzte Videokonferenz persönlich organisiert hatte: Teilnehmer waren Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), der ehemalige Bild-Chefredakteur Kai Diekmann und der Vorstandschef der Klimaschutzstiftung MV, Erwin Sellering. Jetzt stellt sich heraus: es gab wohl ein weiteres Treffen mit prominenter Besetzung.
Um welches Treffen geht es?
Diesmal aber ging es nicht um eine mögliche PR-Kampagne für die Klimaschutzstiftung in den sozialen Medien. Wie die Geschäftsführerin der Stiftung dem NDR mitteilt, habe der damalige Energieminister Pegel „Herrn Sellering zu dessen Information noch einmal zu einer Schalte eingeladen“. In dieser Videoschaltkonferenz, an der auch Gerhard Schröder teilgenommen habe, sei es unter dem Schlagwort „Wasserstoff“ um „unternehmerische Planungen großen Stils“ gegangen. Herr Sellering habe für die Stiftung keinerlei Beteiligungsmöglichkeit erkennen können und das auch bereits in der Schalte deutlich gemacht. Das Treffen habe im Mai 2021 stattgefunden, so die Geschäftsführerin der Klimaschutzstiftung MV.
Wer beeinflusste wen?
Unternehmerische Planungen großen Stils? Bei der Opposition im Landtag ist der Termin mit Altkanzler Schröder nicht bekannt – und ruft Misstrauen hervor. FDP-Fraktionschef René Domke glaubt, dass der Gas-Lobbyist Schröder mal wieder Strippen gezogen habe: „Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass man in der Landesregierung nützliche Erfüllungsgehilfen fand für eine woanders kaum oder nur unter erschwerten Bedingungen umsetzbare Strategie."
Was sagt der Ex-Energieminister dazu?
Christian Pegel selbst reagiert vorsichtig, als wir ihn nach dem Treffen mit Schröder fragen. Konkret erinnern könne er sich nicht an ein Treffen mit Sellering und Schröder, schreibt seine Sprecherin, verweist aber auf die Vorbereitungen zur Gründung der sogenannten „Wasserstoff-Hanse“ im August 2021. Aber anhand der Einträge im Kalender des Ministers lasse sich „nicht mehr nachvollziehen“, ob Erwin Sellering an einer der vorbereitenden Treffen dazu teilgenommen habe. Und auch zum Altkanzler heißt es vom Ministerium: „Ob und an welchen der Termine der frühere Bundeskanzler Dr. Gerhard Schröder, (…) teilnahm, lässt sich anhand des hiesigen Kalenders nicht gesichert feststellen."
Hätte der Termin dem Landtag mitgeteilt werden müssen?
Für Hannes Damm (Bündnis 90/Die Grünen), Obmann seiner Fraktion im Untersuchungsausschuss des Landtags, steht fest: "Die Landesregierung hat das besagte Treffen bislang verschwiegen, obwohl unsere Fraktion in einer schriftlichen parlamentarischen Anfrage ausdrücklich gemeinsame Termine mit Gerhard Schröder erfragt hat." Solche Treffen ließen sich eigentlich einfach aus den E-Mails von Minister Pegel rekonstruieren. Doch eben diese E-Mails würden dem Untersuchungsausschuss rechtswidrig vorenthalten, so die Grünen: "Offenbar stecken noch viele Geheimnisse in Christian Pegels E-Mail-Postfach".
Was hat es mit der Wasserstoff-Hanse auf sich?
Dabei sei auch das Stichwort "Wasserstoff-Hanse" interessant, findet Hannes Damm. Denn Gerhard Schröders Aktivitäten zum Thema Wasserstoff seien ein weiterer Versuch des SPD-Altkanzlers gewesen, russisches Erdgas im großen Stil zu verkaufen und dafür wieder das Land Mecklenburg-Vorpommern einzuspannen. Das Nachrichtenportal "t-online.de" hatte ausführlich zur "Wasserstoff-Hanse" recherchiert, die im August 2021 in Rostock ins Leben gerufen wurde. In einem Artikel vom Februar 2022 wird das Projekt so zusammengefasst: "Auf Erdgas basierender Wasserstoff über die deutsch-russischen Gas-Pipelines war das Ziel einer Wirtschaftsinitiative in Mecklenburg-Vorpommern." Mit im Boot hätten die Landesregierung und Gerhard Schröder gesessen. Aus dem Projekt wurde allerdings nichts, weil sich eine der Firmen später zurückzog. Wir hätten dazu gerne auch die Meinung des Altkanzlers gehört, doch der ist laut ARD-Hauptstadtstudio derzeit nur über seine Anwälte in Hannover zu erreichen und die reagierten auf die Anfrage des NDR nicht.
Warum macht die Stiftung den Termin öffentlich?
Zuletzt eskalierte der Streit zwischen Schwesigs Landesregierung und dem Stiftungsvorstand um Erwin Sellering wieder. Der ehemalige Ministerpräsident lehnt die Auflösung der Stiftung und den Rücktritt des Vorstands ab. Kommt die Bekanntgabe des Termins also zufällig zu dieser Zeit? Nein, findet der Obmann der CDU im Untersuchungsausschuss des Landtags, Sebastian Ehlers: "Dass Herr Sellering den Termin offenbart hat ist ein Indiz dafür, dass er offenbar nicht länger bereit ist, für die Landesregierung als Prügelknabe herzuhalten." Und für Michael Meister von der AfD-Fraktion ist die Stiftung in der Debatte um mehr Transparenz bemüht, als die Landesregierung.
Hinweis der Redaktion: Christian Pegel war damals Energieminister und nicht Innenminister. Wir haben dies an einer Stelle im Text korrigiert.