Sozialverbände in MV warnen vor AfD-Abtreibungsplänen
Der Dachverband der Wohlfahrtsverbände stellt sich gegen die Vorstellungen der AfD zu Schwangerschaftsabbrüchen. Die LIGA wirft der in Teilen rechtsextremen Partei vor, das Selbstbestimmungsrecht der Frauen einzuschränken und die Arbeit der Beratungsstellen in ein schlechtes Licht zu rücken.
Der Parteitag der AfD Mitte Januar im sächsischen Riesa hat seinen Segen zu den Plänen gegeben: In ihrem Programm für die Bundestagswahl fordert die AfD deutlich weniger Abtreibungen in Deutschland. Sie beklagt, dass das Lebensrecht der Kinder nicht geschützt sei und dass Frauen nicht richtig über die Folgen einer Abtreibung informiert würden. In dem Programm heißt es: "Die verpflichtende Schwangerschaftskonfliktberatung ist in vielen Fällen zu einem formalen Verwaltungsakt verkümmert und befördert eine Bagatellisierung dieses schwerwiegenden Eingriffs. Sie muss stattdessen dem Schutz des ungeborenen Lebens dienen."
Männer in der AfD dominierend
Abtreibungen, so schlussfolgert die AfD, seien zur "Normalität" geworden. Zur Umsetzung ihrer Pläne greift die AfD zu außergewöhnlichen Mitteln: Sie fordert, dass Schwangeren in der Konfliktberatung vor einer Abtreibung "Ultraschall-Fotos des Kindes gezeigt werden, damit sie sich über den Entwicklungszustand des Kindes im Klaren sind". In der AfD kandidieren überwiegend Männer für den Bundestag, auf der Landesliste in Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise ist unter den sieben Kandidaten nur eine Frau.
Sozialverbände: AfD nicht "faktenbasiert"
Die Sozialverbände, darunter DRK, AWO und Caritas, widersprechen vehement. Abtreibungen seien - anders als es die AfD darstelle - keine Normalität. Die Beratungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern würden intensiv aufklären und Hilfe anbieten, Schwangerschaftsabbrüche würden nirgends verharmlost. Die Aussagen der Partei seien nicht "faktenbasiert". Staatliche Kontrolle, so wie die AfD es wolle, sei unnötig. Vielmehr müssten die Beratungsangebote verstärkt werden.
Frauen können selbst entscheiden
Die Verbände warnen besonders davor, Frauen durch Fotos der Embryonen unter Druck zu setzen. In einer Stellungnahme heißt es: "Internationale Erfahrungen zeigen, dass verpflichtende Ultraschallaufnahmen oder andere psychologische Druckmittel Frauen nicht zu einer anderen Entscheidung bewegen, sondern lediglich ihre psychische Belastung erhöhen." Die Verpflichtung, Ultraschallbilder zu zeigen, sei ein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht und das Recht auf neutrale Beratung. Frauen seien in der Lage, ohne paternalistische Maßnahmen oder eine Bevormundung des Staates informierte Entscheidungen über ihren Körper und ihre Zukunft zu treffen.
Drese: Staatsautoritärer Furor der AfD
Auch Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) warnte vor einer Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts. Die AfD wolle ein rechtsradikales, staatsautoritäres Gesellschaftsmodell durchsetzen. Frauen in Krisensituationen und ohne Hilfsnetz würden durch den "staatsautoritären Furor der AfD in abstoßender Weise unter Druck gesetzt", beklagte die Ministerin. Außerdem habe die AfD "keine Ahnung, welch verantwortungsvolle Arbeit in den 41 Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen des Landes geleistet wird." Die Gespräche dort, so Drese, würden immer ergebnisoffen geführt, "allerdings mit dem Bemühen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen".
Ministerin beklagt "grauenhaftes Frauenbild"
Die AfD-Forderung nach einer verpflichtenden Präsentation von Embryo-Fotos nannte die Ministerin "bevormundend, übergriffig und geschmacklos". Man könne förmlich "das kleine, fensterlose Hinterzimmer riechen, in dem sich AfD-Männer so etwas ausgedacht haben". Hinter der Forderung stecke ein grauenhaftes Frauenbild, das von einer unmündigen Person ausgehe. "Ich kenne aber keine Frau, die leichtfertig solch eine elementare Entscheidung trifft.
AfD-Landeschef verteidigt Forderung
Der AfD-Landesvorsitzende Leif-Erik Holm stellte sich hinter die Forderung seiner Partei. Es sei "eine gute Idee, dass sich werdende Mütter schon einmal über den Entwicklungsstand des Kindes klarwerden". Das Zeigen der Ultraschallbilder sei "durchaus wünschenswert". Denn dann, so Holm, "hat man eine andere Vorstellung, dass es sich um werdendes Leben handelt". Eine Drohkulisse sei das nicht.
In Mecklenburg-Vorpommern sind 2023 nach offiziellen Angaben knapp 2.300 Abtreibungen vorgenommen worden. Das entspricht dem Niveau der vergangenen sechs Jahre. In der Vergangenheit lagen die Zahlen deutlich darüber, 1996 beispielsweise waren es mit 4.130 fast doppelt so viele.
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