Sellering will umstrittene Klimastiftung privatisieren

Stand: 27.03.2024 18:08 Uhr

Die Landesregierung soll jeden Einfluss auf den Kurs der umstrittenen Klimaschutzstiftung MV verlieren. Das will der Vorstand um Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) per Satzungsänderung erreichen. Die Pläne dazu hat die Chefetage in der Landespressekonferenz in Schwerin vorgestellt.

von Stefan Ludmann

Fast zwanzig Minuten nahm sich Stiftungschef Sellering Zeit und nutzte die Bühne für einen Rückblick auf mehr als drei Jahre Stiftungsarbeit. Es war eine wohlvorbereitete Suada mit Attacken gegen die Politik im Allgemeinen und die Landesregierung und den Landtag im Speziellen. Der Tenor der oft schon gehörten Klage: Von Beginn an seien der Stiftung Knüppel zwischen die Beine geworfen worden.

Sellering beklagt Beeinträchtigung von Klimaschutzarbeit

Die Politik habe die Stiftung im "Shit-Storm der Medienkampagne" alleingelassen. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine sei der Vorstand dann sogar "rechtswidrig angefeindet und rufschädigend angegriffen" worden - und das ausgerechnet durch "den Stifter", echauffierte sich der Stiftungschef und meinte damit Landtag und Landesregierung. "Unsere wichtige Klimaschutzarbeit" habe das schwer beeinträchtigt, beklagte Sellering.

Stiftung kann rechtlich nicht aufgelöst werden

Und er legte nach: Noch immer gebe es keine Einsicht, noch nicht einmal eine Entschuldigung. Dabei sei klar, dass seine Stiftung rechtlich nicht aufgelöst werden könne. Sellering verwies auf das Rechtsgutachten, das Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD) in Auftrag gegeben hatte. Der Anwalt Andreas Urban kam darin Ende Februar zu dem Schluss, dass die Stiftung bestehen bleiben müsse, rechtssicher könne sie jedenfalls nicht aufgelöst werden. Entsprechende Forderungen und Beschlüsse wertete Sellering erneut als einen Angriff auf den Rechtsstaat. Auch die "Herrschenden" müssten sich daran halten. Dieses "Gequatsche" - gemeint war die Kritik am Fortbestehen der Stiftung - sei eine "Gefahr".

Schwesig kann Vorstand nach Amtszeit abberufen

All das müsse aufhören. Sellering meinte, eine entsprechende Zusage der Politik sei nötig. Der Vorstand misstraut aber offenbar der Landesregierung, die spiele nur auf Zeit. Und darauf will sich die Stiftung nicht einlassen, denn sie blickt mit einer Sorge auf den Januar 2025. Zu diesem Zeitpunkt läuft die Amtszeit des Vorstands turnusmäßig aus. Dann kann Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) laut Satzung den Vorstand abberufen und einen komplett neuen bestimmen, möglicherweise einen, mit dem es leichter ist, die mittlerweile ungeliebte Stiftung loszuwerden.

Vorstand soll künftig selbst entscheiden können

Sellering, sein Vize Werner Kuhn (CDU) und Finanzvorstand Katja Enderlein wollen vorbeugen. Der Stiftungsvorstand hat vor gut drei Wochen eine Änderung der Satzung beschlossen. Demnach verliert das Land jeden Einfluss auf die Stiftung, vor allem auf die Besetzung des Vorstands. Künftig soll der Vorstand selbst entscheiden können, wer nachrückt und wer die Geschicke der Stiftung leitet. Das Land wäre raus, die Stiftung wäre entstaatlicht. Mit mehr als 16 Millionen Euro ist noch genügend Geld in der Stiftungskasse - die Geschäfte der stiftungseigenen Pipeline-Firma zum Bau von Nord Stream 2 haben zusätzliches Kapital eingebracht.

Sellering hofft auf eine schnelle Entscheidung der Behörde

Für eine Privatisierung der Stiftung ist allerdings grünes Licht der Stiftungsaufsicht nötig. Die liegt in der Landesregierung beim Justizministerium. Sellering hofft, dass die Behörde schnell über die geänderte Satzung entscheidet. Beifall bekommt er aus der SPD-Fraktion: Eine sachgerechte Lösung sei in Sicht, hieß es aus der Regierungspartei. Die Grünen warnen. Wenn die Stiftung privatisiert werde, dann wäre sie vor öffentlicher Kontrolle abgeschirmt. Außerdem: Die Presse könnte keine Informationen mehr einfordern, und auch die Arbeit des Untersuchungsausschuss im Landtag würde erschwert. Dort spielt die Stiftung eine zentrale Rolle: Es geht um die Aufklärung der umstrittenen Russland-Verbindungen Mecklenburg-Vorpommerns.

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