Schwerin: Gedenken an abgestürzte Schülerinnen und Schüler
Mit einem stillen Gedenken hat Schwerin am Sonntag an die Menschen aus der Stadt erinnert, die vor 35 Jahren beim Absturz einer russischen Aeroflot-Maschine in der Nähe von Berlin ums Leben kamen. Es war einer der dunkelsten Tage der DDR-Luftfahrt.
Zusammen mit Angehörigen legte Stadtpräsident Sebastian Ehlers (CDU) auf dem Schweriner Waldfriedhof für die Opfer des wohl schwersten Flugzeugunglücks in der Geschichte der DDR Blumen nieder. Am 2012 errichteten Gedenkstein wurde so an die 23 Schülerinnen, Schüler, Lehrer und Betreuer der damaligen Ernst-Schneller-Oberschule erinnert, die am 12. Dezember 1986 beim Absturz eine Tupolew 134 A der sowjetischen Aeroflot beim Landeanflug auf den Flughafen Schönefeld ums Leben kamen. Sie waren auf dem Rückweg von ihrer Abschlussfahrt, die sie im weißrussischen Minsk verbracht hatten, als ihr Flugzeug in einem Waldstück bei Bohnsdorf explodierte. Insgesamt starben bei dem Unglück 72 der 82 Flugzeuginsassen.
Pilot verstand kein Englisch
Als Absturzursache gilt ein Pilotenfehler. Es hieß, der russische Pilot habe kein Englisch verstanden und die falsche Landebahn angesteuert. Aber lange hielten sich auch Gerüchte, wonach ein technischer Defekt den Absturz ausgelöst hat. Aus Rücksicht auf den "großen Bruder" Sowjetunion wurde nach der Katastrophe viel Geheimniskrämerei um die Unfallursache betrieben. Auch der teils unwürdige Umgang staatlicher Stellen mit den Familien der Opfer löste Unmut aus. So sollten zur zentralen Trauerfeier zunächst nur handverlesene Gäste erscheinen. Eltern der sieben überlebenden Jugendlichen durften erst daran teilnehmen, nachdem sie sich beschwert hatten.
Trauernde unter Stasi-Kontrolle
Noch bevor viele von ihnen offiziell durch ein Staatstelegramm vom Tod ihrer Eltern erfahren hatten, so der Schweriner Autor Matthias Baerens, durchsuchten Mitarbeiter der Stasi bereits die Kaderakten in ihren Betrieben. Über alle Mütter und Väter seien Gefährder-Profile erstellt mit Einschätzungen, wer sich antisowjetisch äußern könnte. Baerens arbeitet derzeit an seinem Buch "Trauer unter Kontrolle" über die Hintergründe des Absturzes, das im Frühjahr 2022 erscheinen soll. Dafür hat er zahlreiche Akten aus dem Bundesarchiv, dem Stasi-Unterlagen-Archiv, dem Stadtarchiv und dem Landeshauptarchiv gesichtet und mehr als 100 Gespräche mit Zeitzeugen geführt, die auch selbst zu Wort kommen. Auch wenn das Unglück mehr als drei Jahrzehnte zurückliegt, sei es wichtig, dass die Aufarbeitung dieser Ereignisse nicht hinter verschlossenen Türen stattfindet, so Schwerins Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD).