Schlecht für die Kinder: Hohe Ausfallzeiten bei Kita-Angestellten
Unter Erzieherinnen und Erziehern gibt es in Mecklenburg-Vorpommern einen besonders hohen Krankenstand. Eine Analyse der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass Beschäftigte in den Kitas 2023 rund 35 Tage im Jahr arbeitsunfähig waren.
Mitarbeitende in Kitas sind deutlich häufiger krank als die Beschäftigten anderer Berufsgruppen. Das hat eine Auswertung von Daten der Krankenkassen durch die Bertelsmann Stiftung ergeben. Besonders hoch ist der Krankenstand in Mecklenburg-Vorpommern. Vergangenes Jahr fielen die Kita-Angestellten im Schnitt an 34,7 Tagen aus. Damit liegt der Nordosten laut Bertelsmann Stiftung deutschlandweit auf Platz zwei der meisten Ausfälle, hinter Berlin. Auf nur 24 Krankheitstage kommen im Vergleich dazu alle anderen Berufsgruppen im Durchschnitt (bundesweit 20). "Angesichts der dramatisch hohen Ausfallzeiten, kann man nicht davon ausgehen, dass noch überall eine gute frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder möglich ist", sagt Anette Stein, eine Expertin der Bertelsmann Stiftung, die an der Studie mitgewirkt hat.
Wichtige Aspekte der Betreuung bleiben auf der Strecke
Stein betonte gegenüber NDR MV Live, dass die Betreuung zwar "irgendwie" sichergestellt werde, dass aber vieles in dieser Situation notgedrungen auf der Strecke bleibe. Die wichtige Bildungsarbeit, die Unterstützung der sprachlichen- sowie der motorischen Entwicklung dürfte ihrer Ansicht nach kaum noch möglich sein. Gleichzeitig sieht sie in den hohen Krankheitsausfällen einen Teufelskreis. Sie sagt: "Aufgrund der steigenden Krankenstände fallen immer mehr Fachkräfte aus, wodurch die Überlastung für die verbleibenden Beschäftigten weiter zunimmt." Dazu muss man wissen, dass Kita-Beschäftigte am häufigsten wegen Atemwegserkrankungen arbeitsunfähig sind und am zweithäufigsten aus psychischen Gründen ausfallen.
Forderung nach einem verlässlichen Vertretungssystem
Gibt es für das Problem eine Lösung? Stein sagt, dass man die Ausfallzeiten durch qualifiziertes Personal kompensieren müsse. Dazu bedürfe es eines verlässlichen Vertretungssystems mit gesicherter Finanzierung. Rund 2.500 Fachkräfte mehr seien in diesem Sinne alleine in Mecklenburg-Vorpommern nötig. Eine Situation, die finanziert werden muss. "Es wäre wichtig, dass sich der Bund dauerhaft zu einer finanziellen Beteiligung bereit erklärt", sagt Stein. Sie erwähnt, dass zwei Milliarden Euro pro Jahr für die nächsten zwei Jahre im Gespräch sind, spricht aber besonders von einer dauerhaften Zusicherung für die Finanzierung von Vertretungspersonal. Andernfalls könnten die Träger der Kitas nicht seriös mit Personal planen.
Rückläufige Kinderzahlen als Chance für den Osten
Das Problem des allgemeinen Fachkräftemangels sieht Stein in der Branche übrigens nicht. Sie beruft sich auf die rückläufigen Kinderzahlen im Osten und sagt, dass diese demografische Entwicklung der Situation im Osten zu Gute kommt. Stein spricht sogar von einer "historischen Chance" den Personalschlüssel jetzt signifikant zu verbessern und vielleicht auf das Niveau des Westens anzuheben. Sie sagt, dass dafür die gesetzlichen Verordnungen auf Landesebene so angepasst werden müssten, dass die Träger das notwendige Personal refinanziert bekämen. "Das wäre eine dringende Maßnahme", resümiert die Bertelsmann-Expertin.
Bildungsministerium verweist auf neuen Landesrahmenvertrag
Mit Blick auf die schwierige Personalsituation in den Kitas, hieß es in einem Statement des Bildungsministeriums MV, dass die Kommunen und Träger der freien Wohlfahrtspflege, die die Kitas betreiben, für die Ausgestaltung der Arbeitsverträge der Beschäftigten verantwortlich seien. Dieses Jahr sei aber auch ein neuer Landesrahmenvertrag beschlossen worden. Darin seien höhere Ausfallzeiten für die Ermittlung des Personalbedarfs in den einzelnen Kitas berücksichtigt worden, die die Vertretungssituation verbessern sollen.