Schiff mit russischer Ladung in Rostock: Staatsanwaltschaft ermittelt
Das Containerschiff "Atlantic Navigator II" darf den Rostocker Überseehafen weiterhin nicht verlassen. Laut Staatsanwaltschaft wird gegen den Kapitän ermittelt, da der Frachter "Sanktionsware" geladen hat. Es geht um 251 Container mit Birkensperrholz aus Russland.
Seit dem 4. März liegt die "Atlantic Navigator II" im Rostocker Überseehafen.Der 193 Meter lange Frachter, der aus Sankt Petersburg kam und unter der Flagge der Marshallinseln fährt, darf nicht auslaufen. Der Grund ist seine Ladung: Das Schiff hat 251 Container mit Birkensperrholz aus Russland an Bord. Das bestätigte die ermittelnde Staatsanwaltschaft Rostock gegenüber dem NDR. Das Holz steht auf den Sanktionslisten der Europäischen Union und darf somit aus Rostock nicht verschifft werden. Darüber hinaus befindet sich an Bord eine nicht näher bezifferte Menge angereichertes Uran. Da dieses weder auf der Sanktionsliste der EU noch auf der der USA steht, ist es in diesem Fall weniger relevant.
Deutscher Zoll verhängte "Festhalteverfügung"
Besonders interessant sind die Umstände, die die "Atlantic Navigator II" nach Rostock geführt haben. Ursprünglich sollte das Schiff aus St. Petersburg kommend den Rostocker Hafen gar nicht anlaufen. Dem Hafen- und Seemannsamt der Hansestadt zufolge erzwang ein Antriebsschaden einen Reparaturstopp in Rostock. Dabei sei der Zoll auf die Güter gestoßen, die von der EU wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine sanktioniert wurden, und untersagte die Weiterfahrt. Der Zoll verhängte eine sogenannte Festhalteverfügung. Wie das Hafen- und Seemannsamt auf Nachfrage des NDR mitteilte, wurde der Propellerschaden an der "Atlantic Navigator II" längst behoben. Nun steht das Holz im Blickpunkt.
Holz ist für Russland wichtiger Wirtschaftsfaktor
Sanktionsexperte Sascha Lohmann von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin erklärte gegenüber NDR MV live, dass Holz nach Öl und Gas eine der bedeutendsten Einnahmequellen der russischen Volkswirtschaft sei. Die britische Nicht-Regierungsorganisation Earthsight spricht im Zusammenhang mit der "Atlantic Navigator II" von einer der größten abgefangenen Holzlieferungen aus Russland. Sie habe einen Wert von 40 Millionen Euro. Gut ein Zehntel der Ladung stamme von einem russischen Holzunternehmen, das dem Oligarchen Alexej Mordaschow gehöre, der auf der EU-Sanktionsliste steht. In Deutschland war Mordaschow vor dem Krieg größter Einzelaktionär beim Touristikkonzern TUI.
Reederei hielt sich angeblich an Gesetze
Die kanadische Reederei CISN und ihre Tochtergesellschaften, darunter der US-Schiffsbetreiber ARRC Line, dem der Frachter gehört, betonte unterdessen, dass sie großen Wert auf die strenge Einhaltung der Gesetze, darunter kanadische, amerikanische, europäische und britische Sanktionsgesetze, legt. Die Reederei habe unter anderem eng mit Regierungsbehörden in den USA, Kanada und dem Vereinigten Königreich zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass alle Genehmigungen vorliegen, um den Transatlantikdienst weiterhin in Übereinstimmung mit den geltenden Gesetzen anbieten zu können. Der Antriebsschaden, vermutlich ausgelöst durch eine Eisfahrt, war so gesehen Pech für die Betreiber.
Zukunft des Schiffs noch unklar
Wie es mit dem Schiff und seiner Ladung weiter geht, ist zur Zeit unklar. Manuela Merkel, die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Rostock, sagte gegenüber dem NDR nur, dass geprüft werde, ob eine Strafbarkeit vorliegt. Es müssten alle Tatsachen ermittelt werden, erst dann werde der Sachverhalt abschließend bewertet. Die Straferwartung bei einem Verstoß gegen das Außenwirtschaftsgesetz liege für den Kapitän bei einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren.