Rostocker Eltern-Kind-Zentrum: Kommt das Ja noch bis Juni?
Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) rechnet bis Ende Juni mit einer Entscheidung zum geplanten Eltern-Kind-Zentrum (ElKi) in Rostock. Der "Diskussionsprozess" darüber stehe kurz vor dem Abschluss, sagte die Ministerin auf NDR Anfrage. Bisher ist nach NDR Informationen allerdings kaum Bewegung in die Verhandlungen gekommen.
Denn noch immer ist nicht geklärt, an welchem Standort das neue Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin entstehen soll: am kommunalen Südstadt-Krankenhaus Rostock (KSR) oder an der landeseigenen Uni-Klinik (UMR). Klar scheint nur: Es wird deutlich teurer als geplant. Die ursprünglich vorgesehenen 80 Millionen Euro sind nach Ansicht Dreses nicht zu halten. Es bestehe schon wegen "stetig steigender Bau und Planungskosten großer Handlungsbedarf", erklärte Drese.
Geburtshilfe, Frühchenversorgung und Kindermedizin
Die rot-rote Landesregierung steht beim ElKi im Wort: SPD und Linke haben sich in ihrem Koalitionsvertrag (Ziffer 2459) zum Eltern-Kind-Zentrum bekannt. An einem Ort sollen Geburtshilfe, Frühchenversorgung und Kindermedizin vereint werden - für eine bessere medizinische Versorgung. Bisher sind die Bereiche noch auf beide Kliniken aufgeteilt. Und bisher beharren beide Kliniken darauf, das ElKi jeweils zu sich zu holen. Es geht um Geld und Prestige.
Festgefahrene Fronten
Versuche von Staatskanzlei-Chef Patrick Dahlemann (SPD), Schwung in die festgefahrenen Fronten zu bringen, brachten im vergangenen Sommer keinen schnellen Erfolg - Dahlemann richtete neue Gesprächsforen aus Land und Kommune, UMR und KSR ein. Die Uni-Medizin hatte sich 2019 mit einer Entscheidung des Fakultätsrats gegen ein ElKi an der Südstadt-Klinikum ausgesprochen und damit eine in der Landespolitik als sicher geglaubte Einigung kassiert.
"Wir fangen wieder bei Null an, das Eltern-Kind-Zentrum steht weiter in den Sternen, zigtausende Planungskosten sind für die Katz", hieß es bei Insidern seinerzeit. Als prekär gilt die ungelöste Frage auch, weil die medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen zum Politikum wurden. Anlass waren vor der Landtagswahl 2021 Berichte über angeblich katastrophale Zustände an der Kinderklinik der UMR. Die damals noch rot-schwarze Landesregierung sah sich zum Handeln gedrängt - Wissenschaftsministerin Bettina Martin (SPD) ließ eine Vorliebe für die UMR als ElKi-Standort durchblicken.
Drese appelliert an Streithähne
Mit ihrer Kabinettskollegin Drese zieht sie dabei möglicherweise nicht an einem Strang: In der Frage gehe es "um einen Leuchtturm der Kindermedizin nach dem Motto: alles unter einem Dach, alles auf einer Hand", so Drese. Sie appelliert an die Streithähne: "Persönliche Animositäten und Besitzstandsdenken müssen dahinter zurücktreten". Drese lässt die Frage, welchen Standort sie befürwortet, zwar offen. Allerdings gilt als sicher, dass sie das KSR bevorzugt. Das lässt sich auch aus ihrer Stellungnahme ablesen. Dort kritisiert sie die UMR für "das Abrücken von einer bereits geeinten Planung", diese Kehrtwende habe zu "Verzögerungen" geführt.
Dahlemann: "Befinden uns in intensiven Gesprächen"
In das Lager der ElKi-Befürworter am Südstadt-Klinikum wird auch SPD-Fraktionschef Julian Barlen einsortiert - die Einigung sei dringlich, sagte Barlen, sie müsse so schnell wie möglich kommen. Der Chef-Verhandler der Landesregierung, Staatskanzlei-Chef Dahlemann, lässt sich anders als Drese nicht in die Karten gucken. Einen Fragekatalog beantwortete er mit einem lapidaren Satz. "Wir befinden uns in intensiven Gesprächen". Ansonsten herrscht Funkstille bei dem sonst eher kommunikativen Landespolitiker.
Votum von Rostocks neuer OB wichtig
Bei den "intensiven Gesprächen" hängt auch einiges von dem Votum der neuen Rostocker Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (Die Linke) ab. Kurz nach Amtsantritt hat sie sich zum ElKi noch nicht positioniert. Kröger dürfte allerdings an einer Stärkung der eigenen kommunalen Südstadt-Klinik gelegen sein. Das Krankenhaus wirft Gewinne ab, die gut für die Stadtkasse sind. Klinik-Verwaltungschef Steffen Vollrath hat stets den Profit-Aspekt im Blick.
Streit um Behandlung von Speiseröhrenkrebs
Und dabei geht er durchaus "rustikal" vor. Vor kurzem versuchte das kommunale Krankenhaus, den beiden Uni-Kliniken Rostock und Greifswald sowie Helios in Schwerin, die Behandlung von Speiseröhrenkrebs per Sozialgerichts-Klage verbieten zu lassen. Begründung: Die drei Kliniken würden nicht die nötige Fall-Zahl zusammenbringen, das schaffe nur das Südstadt-Klinikum. Die Richter wiesen die Klage ab und schrieben der Klinik einiges ins Stammbuch.
Die Klinik habe nur die eigene Einnahmeseite im Blick, hieß es sinngemäß in dem Beschluss. Es gehe um eine "gleichberechtigte Teilnahme von Krankenhäusern am Markt". Das Südstadt-Klinikum habe jedenfalls "keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb oder auf Sicherung künftiger Erwerbsmöglichkeiten".
Übersetzt heißt das: Der Versuche, andere Kliniken von den Einnahmen aus der Behandlung von Krebs-Patienten herauszudrängen, scheiterte. Pikant dabei ist, dass die Klinik nicht im eigenen Namen auftritt. Sie ist keine GmbH, sondern städtischer Eigenbetrieb. In dem Fall ist der damalige amtierende Oberbürgermeister Chris von Wrycz Rekowski (SPD) vor Gericht gezogen, um die anderen Kliniken - auch die in Landeshand - "abzumahnen".
Berater sprechen sich für Südstadtklinikum aus
Dass es ums Geld geht, zeigt auch der Streit um das ElKi. Ein eigenes Gutachten des KSR durch ein Hamburger Beratungsunternehmen fürchtet einen Einnahme-Verlust, sollte es Abteilungen an die UMR abgeben müssen. Die Berater warnen vor einer "marktbeherrschenden Stellung" der Uni-Medizin. Es wäre deshalb "sinnvoll", so die Gutachter, das Eltern-Kind-Zentrum am Standort Klinikum Südstadt anzusiedeln. "In der längerfristigen Perspektive kann das Klinikum Südstadt hierdurch eine marktstärkere Position gegenüber diesem Mitbewerber erlangen und seine Wettbewerbsposition stärken." Oberbürgermeisterin Kröger gehört der Linken an, die sich stets gegen eine "Ökonomisierung" im Krankenhauswesen ausspricht.
"Kroemer-Kommission" sieht Vorteile an der Uni-Medizin
Während das Südstadt-Klinikum sich bei der Standort-Frage auf ein Beratungsunternehmen stützt, kann die Uni-Klinik auf ein Votum von Medizinexperten verweisen. Die sogenannte "Kroemer-Kommission" hatten im vergangenen Sommer im Auftrag des Schweriner Wissenschaftsministeriums zwar kein eindeutiges Urteil für den einer oder den anderen Standort getroffen, aber doch klare Sympathien für ein ElKi am Standort der Uni-Medizin durchblicken lassen. Eine Zusammenfassung an der Schillingallee der UMR sei "eine patientenfreundliche Lösung" und schaffe die "größte Versorgungsbreite" und stärke "die nationale Wettbewerbsposition Rostock als Maximalversorger". All das sehen die Medizin-Experte nicht für den Standort am Südstadtklinikum.