Radfahrland MV: Durchstarten auf der Holperpiste
Rund zwei Millionen Menschen kommen jährlich nach Mecklenburg-Vorpommern, um Rad zu fahren. Beim Ausbau der Radwege hängt das Land aber hinterher. Wo stehen wir? Wo soll es hingehen? Darum geht es im NDR MV Podcast "Dorf Stadt Kreis“.
Beim jüngsten Klimatest des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) zur Zufriedenheit von Radfahrern landeten nur Greifswald und Rostock auf den vorderen Plätzen. "Wir sind auf einem guten Weg", sagt trotzdem Thomas Fitzke der stellvertretende Vorsitzende des ADFC in MV. In den vergangenen 10 bis 15 Jahren habe sich allerdings wenig getan. Das Wegenetz sei ausbaufähig und Radwege würden teilweise nicht mehr den Standards entsprechen. Seiner Meinung nach ist das Land aber gerade in einer Umbruchphase.
Neue Anforderungen durch E-Bike-Boom
Der Anteil von E-Bikes ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Der Zweiradverband Deutschland rechnet damit, dass in diesem Jahr erstmals mehr E-Bikes als Fahrräder ohne Zusatzantrieb verkauft werden. In Wesenberg an der Mecklenburgischen Seenplatte ist deshalb in den vergangenen Jahren ein E-Bike-Center entstanden, in dem Informationen für Radfahrer mit Elektroantrieb gesammelt werden. "Die wollen natürlich an einem Tag mehr Kilometer machen als andere Gäste und darauf müssen die Routenempfehlungen angepasst werden", so Enrico Hackbarth vom E-Bike-Center.
Nicht nur die Anforderungen an die Routen müssen überarbeitet werden, sondern auch die Radwege selbst, so Thomas Fitzke vom ADFC. Teilweise hätten die Radwege im Land nur eine Breite von 1,20 m. Der aktuelle Standard liege aber bei 2,50 Meter. Um mehr Sicherheit für den stärker werdenden Radverkehr und die schnelleren E-Bikes zu gewährleisten, werde derzeit sogar diskutiert, die Breite von Radwegen auf 3,50 m zu erhöhen.
Mangel an Kapazitäten und Personal bremst Ausbau
Für die Förderung des Radverkehrs stellt der Bund dem Land mehr als 71 Millionen Euro zur Verfügung. Noch werden die Mittel aber nur schleppend abgefragt. Gründe sind vor allem fehlende Kapazitäten und der Fachkräftemangel in Gemeinden und Kommunen, so Tim Birkholz von der Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundliche Kommunen in MV (AGFK). "Dementsprechend hat der Landtag in MV den Beschluss gefasst, dass wir bei der AGFK MV eine spezielle Fördermittel- und Planungsberatung für kleinere Kommunen anbieten sollen, damit diese Mittel auch abgerufen werden können und nicht verfallen oder in besser aufgestellte Bundesländer und Verwaltungen abfließen, die dann häufig im Westen Deutschlands liegen."
Radtourismus mittlerweile wichtiger Wirtschaftsfaktor
Die Zahl der Radtouristen in Mecklenburg-Vorpommern steigt stetig. "Es fahren etwa 40 Prozent aller Urlaubsgäste auch mindestens einmal mit dem Rad. Das ist ein guter Wert", sagt Tobias Woitendorf vom Landestourismusverband. Ausbaupotential sieht er vor allem noch im Küstenhinterland und an der Mecklenburgische Seenplatte. Im Rahmen eines neuen Radwegekonzepts wird dort mittlerweile mehr auf Qualität statt Quantität gesetzt. Wenig genutzte Radwege wurden gestrichen oder deren Verlauf wurde optimiert. Außerdem rücken an der Seenplatte auch andere Radfahrgruppen stärker in den Fokus. So sind neue Radrouten etwa für Gravelbiker entstanden. Mit ihren Rädern - einer Mischung aus Mountainbike und Rennrad - sind diese auch gern mal auf Schotterpisten und Waldwegen unterwegs.