Prozess um Dreifachmord in Rövershagen: Lebenslange Haftstrafe
Im Prozess um den dreifachen Mord an einem Ehepaar und seiner Tochter in Rövershagen (Landkreis Rostock) im Februar 2022 ist der angeklagte 27 Jahre alte Sohn der Familie zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden.
Zudem stellte das Landgericht Rostock eine besondere Schwere der Schuld fest. Damit kann der Angeklagte nach 15 Jahren nicht auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen werden. Der Angeklagte sei "mit äußerster Brutalität und Kaltherzigkeit vorgegangen", sagte Richter Peter Goebels. "Die Opfer hat er quasi hingerichtet." Die Opfer seien arg- und wehrlos gewesen. Richter Goebels sah mehrere Mordmerkmale gegeben - unter anderem die Heimtücke und Verschleierung der Tat. "In Grunde genommen haben Sie sich als Henker erwiesen", sagte der Richter zum Angeklagten. Es gebe keine Zweifel daran, dass er der Täter sei. Eine Haftentlassung nach 15 Jahren komme nicht in Betracht. Wie ein NDR Reporter berichtete, nahm der Angeklagte das Urteil nahezu regungslos auf. Nur ein oder zwei Mal habe er kurz geschluckt.
Die Verteidigung hatte bereits vor dem Urteilsspruch angekündigt, im Falle einer Verurteilung in Revision gehen zu wollen. "Wir haben uns vorgenommen, dieses Urteil durch den Bundesgerichtshof sachlich überprüfen zu lassen - besonders was die prozessualen Fragen angeht", sagte Verteidigerin Beate Falkenberg. Sie hatte vor der Urteilsverkündung einen Freispruch gefordert. Den Weg zum Bundesgerichtshof wird die Anklagevertretung vermutlich nicht gehen, auch wenn die Forderung einer späteren Prüfung der Sicherungsverwahrung nicht in das Urteil eingeflossen ist. "Zunächst einmal kann ich die Begründung des Gerichts nachvollziehen. Wir werden das im Einzelnen noch beleuchten, aber es sieht so aus, als könne man das so akzeptieren", sagte Oberstaatsanwalt Thomas Peters NDR 1 Radio MV.
Mit Armbrust und Gartenmachete getötet
Der Staatsanwalt sah es in seinem Plädoyer als erwiesen an, dass der gelernte Maurer am 7. Februar 2022 in seinem Elternhaus in Rövershagen seinen arglos auf der Wohnzimmercouch schlafenden, 52 Jahre alten Vater heimtückisch mit Pfeilen aus einer Armbrust und einer gezackten Gartenmachete getötet hat. Einige Stunden später lockte er seine 25 Jahre alte Schwester nach Rövershagen. Unter dem Vorwand, eine Überraschung für sie zu haben, setzte er ihr eine abgeklebte Skibrille und Ohrenschützer auf und ließ sie im Hausflur auf Teichfolie niederknien. Nach einer kurzen Wartezeit schoss er ihr ebenfalls mit seiner Armbrust drei Pfeile in den Kopf und hieb mit der Gartenschere auf sie ein.
Verwandte wochenlang in die Irre geführt
Vier Tage später tötete er laut Staatsanwaltschaft seine 48 Jahre alte Mutter auf die gleiche Weise wie die Schwester, als sie von einer auswärtigen Arbeitswoche nach Hause kam. Zwei Wochen nach den Taten brachte er die Leichen in selbst gezimmerten Särgen mit einem gemieteten Transporter zu einem zwölf Kilometer entfernten Feld bei Roggentin, wo er sie mit einem gemieteten Bagger vergrub. Bis Ende März 2022 schaffte es der Angeklagte, Nachfragen von Verwandten und Arbeitskollegen der Eltern abzublocken und sie mit falschen Angaben in die Irre zu führen. Nachdem die Polizei aufgrund einer Vermisstenanzeige zu ermitteln begann, verstrickte er sich in Widersprüche. Er ließ sich am 30. März 2022 widerstandslos festnehmen und führte die Ermittler zum Fundort der Leichen.
Hochverschuldet aus Baden-Württemberg zurückgekehrt
Der Angeklagte habe den Vater aus dem Weg räumen wollen, weil er einem Lebensstil, wie er ihn sich vorstellte, im Wege stand, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Schwester und Mutter habe er getötet, weil er hoffte, so den Mord am Vater verdecken zu können. Der Angeklagte hatte zwei Jahre allein in Baden-Württemberg gelebt, bevor er 2021 hochverschuldet nach Hause zurückkehrte, wo er unter der Kontrolle des Vaters stand, die er als demütigend empfand.
"Hass auf alle" als Motiv?
Der 27-Jährige hatte seit dem ersten Prozesstag am 15. November geschwiegen, die Taten aber zuvor in polizeilichen Vernehmungen eingeräumt. Bei der Polizei gab er damals als Motiv "Hass auf alle" an. Die Verteidigerin beantragte in ihrem Plädoyer "aus prozessualen Gründen" einen Freispruch. Die Ermittler hätten zu viele Fehler gemacht. Aus ihrer Sicht hätten alle Beweise, Aussagen und Gutachten nicht verwertet dürfen, da ihr Mandant bei der polizeilichen Vernehmung nicht oder nicht ausreichend über seine Rechte belehrt worden sei. Auch die Befragungen ihres Mandanten seien nicht komplett in Bild und Ton aufgezeichnet worden. Außerdem habe es eine rechtswidrige Hausdurchsuchung gegeben. Zur Schuld des Angeklagten äußerte sich die Verteidigerin in ihrem Plädoyer nicht. Der Richter ging mit der Anwältin hart ins Gericht. Ihr sei es lediglich um "Effekthascherei" gegangen.