Ostsee-Fischer beklagen sich über Tausende Kormorane in Barth
Für Touristen ist es ein beeindruckendes Bild: Tausende Kormorane haben sich am Hafen von Barth niedergelassen - zum Leidwesen der Fischer.
Mehrere Tausend Kormorane verweilen derzeit auf der Mole am Hafen von Barth. In großen Formationen schwärmen sie im Landkreis Vorpommern-Rügen krächzend durch die Luft, fischen in der Ostsee und trocknen ihr Gefieder auf den Felssteinen. Was für Touristen ein imposantes Naturschauspiel ist, bereitet den ortsansässigen Fischern ordentlich Schwierigkeiten. Während sich die Fischer an eine Fangquote halten müssen, damit sich Fischpopulationen erholen können, verspeisen die Kormorane Heringe in rauen Mengen.
Fischer dürfen nur begrenzt fischen
Die Dorsch- und Heringsbestände erholen sich in der Ostsee nicht wie erhofft. Heringe dürfen deshalb laut Bundeslandwirtschaftsministerium mit passiven Fanggeräten wie Stellnetzen und Reusen nur in begrenztem Umfang gefischt werden. Fischer André Grählert schätzt die Zahl der Wasservögel in Barth auf etwa 8.000 bis 10.000 pro Tag. Er plädiert dafür, deren Bestand zu regulieren: "Die Kormorane, die da jetzt auf der Mole sitzen, fressen an einem Tag so viele Heringe, wie ich das ganze Jahr fischen darf", sagt Grählert.
Bis zu vier Tonnen Fisch pro Tag
Drei bis vier Tonnen Fisch fressen die bis zu einem Meter großen Vögel laut Grählert am Tag. "Und sie werden alle satt, sonst würden sie ja nicht hier verweilen", ergänzt er. Den Angaben zufolge holen Kormorane doppelt so viel Fisch aus den Gewässern wie die Fischer. Der Landesverband der Binnenfischer hatte Anfang 2024 eine Abschussprämie für Kormorane gefordert. Soweit will der Landesfischereiverband nun nicht gehen, wie Präsident Sebastian Paetsch im NDR Interview sagte. Allerdings müsse der Kormoran-Bestand verkleinert werden, zum Beispiel indem die Gelege der Vögel verölt werden und so der Bruterfolg ausbleibt. Die Methode werde anderenorts erfolgreich praktiziert.
Forscher: Hering leidet unter dem Klimawandel
Der Fischereiforscher Christopher Zimmermann vom Thünen-Institut in Rostock wies dem NDR gegenüber darauf hin, dass der Kormoran nicht das Hauptproblem für den Heringsbestand in der Ostsee sei. Der eigentliche Grund, warum es dem Hering der westlichen Ostsee so schlecht gehe, "ist ganz sicher der Klimawandel und eine Verschiebung der Laichzeit", so Zimmermann. "Damit hat der Kormoran erst mal nichts zu tun." Aber er könne zusätzlich Druck ausüben, indem er die laichreifen Heringe, die in die Küstengewässer zurückkommen, zusätzlich bejagt.
Nabu: Akzeptanz für Kormorane erhöhen
Tierschützer hingegen lehnen verschärfte Maßnahmen gegen Kormorane ab. Nach Angaben des Naturschutzbundes Nabu sind Rückgänge von Fischbeständen mehr auf Gewässerverschmutzung als auf den Kormoran zurückzuführen. Die Naturschützer fordern, "den Kormoran als Bestandteil unserer Gewässerökosysteme zu akzeptieren", heißt es auf der Nabu-Webseite zum Schutz des Kormorans. Zudem sei es ein Trugschluss zu glauben, mit jedem vom Kormoran gefressenen Fisch ginge den Fischern ein Fang verloren, so Stefan Schwill vom Nabu-Landesverband MV. Die Vögel würden sich viel von Weißfischen ernähren, die kommerziell uninterressant seien. Schwill: "Der Kormoran ist eher ein Zeiger, der uns Auskunft gibt, wie das Ökosystem aussieht, als ein Problem." Der Kormoran ist EU-weit geschützt. Nachdem die Vogelart fast ausgerottet war, erholte sich die Population wieder. Die Zahl der Kormorane an der südwestlichen Ostsee im Raum Dänemark, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern liegt bei knapp 50.000 Brutpaaren.
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