Beringung von jungen Wanderfalken © NDR Foto: Franziska Drewes
Beringung von jungen Wanderfalken © NDR Foto: Franziska Drewes
Beringung von jungen Wanderfalken © NDR Foto: Franziska Drewes
AUDIO: Erfolgreiche Wiederansiedlung von Wanderfalken (3 Min)

Majestät fliegt wieder aufwärts: Wanderfalken in MV

Stand: 25.05.2024 07:42 Uhr

Der Landesjagdverband MV startete 1995 ein Wiederansiedlungsprojekt. Mithilfe von Auswilderungskörben in Bäumen wurden Jungtiere geschützt aufgezogen. Mittlerweile brütet der Wanderfalke erfolgreich in den Wäldern des Landes.

von Franziska Drewes

René Feige arbeitet für die Vogelwarte Hiddensee und bereitet seinen Einsatz vor, irgendwo im Wald bei Parchim, direkt unter einer Kiefer. Er beringt Wildvögel landesweit. Heute sind drei junge Wanderfalken dran. Sie leben in knapp 20 Metern Höhe in einem künstlich errichteten Horst. Das Metallgestell ist in der Krone der Kiefer zu erahnen. Sein Kollege André Laubner klettert den Baumstamm hoch, Seile sichern ihn. Vorsichtig legt er den Nachwuchs in einen Stoffbeutel, lässt ihn an einer Schnur hinunter. Die Tiere piepsen aufgeregt. René Feige nimmt behutsam den ersten jungen Wanderfalken in seine Hände. "Die Vögel kriegen eine individuelle Erkennungsmarke. An den rechten Lauf kommt der Kennring. Dessen Nummer kann man später aus der Entfernung ablesen oder abfotografieren. Und an den linken Lauf kommt ein grüner Ring der Vogelwarte Hiddensee. Die Farbe zeigt an, dass der Vogel ein Waldbrüter ist."  All das sind wichtige Daten für die Statistik. Ornithologen können so auch dokumentieren, wie alt die Tiere werden, wohin sie fliegen oder wo bzw. wie sie ums Leben gekommen sind.

Jungtiere für eine bessere Zukunft

Beringung von jungen Wanderfalken © NDR Foto: Franziska Drewes
René Feige beringt einen jungen Wanderfalken.

Die drei Wanderfalken sind wenige Tage alt, zwei von ihnen wiegen geschätzte 400 Gramm, der dritte, ein Nachzügler, ist wesentlich kleiner und zarter. Iris Lehnhardt beobachtet das Geschehen sehr aufmerksam. Sie absolviert gerade ihre Ausbildung zur Revierjägerin beim Landesjagdverband und arbeitet bereits an ihrem Gesellenstück. Sie möchte die Geschichte des Wanderfalken dokumentieren und dafür begleitet sie gerade auch diese jungen Vögel. Direkt über dem Kunsthorst zeichnet eine Wildkamera den Familienalltag auf. "Auf einer Videoaufnahme konnte ich ganz toll sehen, dass die Mutter speziell das Kleinste gefüttert hat. Greifvögel sind sehr fürsorgliche Eltern". Wanderfalken jagen in der Luft andere Vögel, kleinere bis hin zu Tauben.

Insektizid sorgt für Abwärtstrend

Iris Lehnhardt schreibt über jene Wanderfalkenfamilie Tagebuch, sie recherchiert zudem sämtliche Informationen zum Greifvogel. Und so hat sie gelesen, dass in den 1970er Jahren die Population der Wanderfalken in Deutschland gegen null ging. "Damals wurde noch das Insektizid DDT versprüht. Da gab es einen massiven Einbruch der Wanderfalken. Das hatte damit zu tun, dass die Eierschale so unheimlich dünn und brüchig geworden ist. Selbst beim Wenden der Eltern sind die Eier zu Bruch gegangen und deshalb hat überhaupt keine Brut mehr stattgefunden". Der Wirkstoff Dichlordiphenyltrichlorethan hatte die Fortpflanzung des Wanderfalken nahezu unmöglich gemacht.

LJV startet Wiederansiedlungsprojekt

Wolfgang Köhler vom Landesjagdverband Mecklenburg-Vorpommern (LJV) will dem Wanderfalken helfen und startet 1995 ein Wiederansiedlungsprojekt. Er arbeitet damals eng mit dem Deutschen Falkenorden (DFO) und dem Arbeitskreis Wanderfalkenschutz zusammen. Noch heute besteht eine enge Kooperation. Der Landesjagdverband MV ist seit 30 Jahren ein anerkannter Naturschutzverband. Und das Wanderfalkenprojekt ist sein ältestes und nachhaltigstes Naturschutzprojekt.

Mit Zuchtfalken fing alles an

Zu Beginn des Projektes haben Falkner Jungtiere aus Zuchten zur Verfügung gestellt. Sie wurden in Auswilderungskörbe, hoch oben im Baum gesetzt, gefüttert, bis sie von selbst wegfliegen und jagen konnten. Der Wanderfalke ist ursprünglich ein Nischenbrüter, erzählt Anja Blank, Geschäftsführerin des LJV. "Wanderfalken bauen nicht selbst Horste. Denn sie haben den Falkenzahn, eine Art Widerhaken am Schnabel und der darf unter gar keinen Umständen kaputt gehen. Dann bekommt er Schwierigkeiten beim Fressen. Er nutzt vorhandene Lücken, zum Beispiel Felsspalten oder auch Betonnischen an Autobahnbrücken". Auch dort ist die Brut oft nicht sicher.

Projekt geglückt

Nach wie vor beobachtet der Landesjagdverband die Entwicklung des Wanderfalken im Land. Über Jahre wurde das Projekt auch finanziell durch das Landwirtschaftsministerium gefördert und zwar über die Jagdabgabe. Anja Blank weiß, dass das Wiederansiedlungsprojekt geglückt ist. Sie hält den Bericht über die Wanderfalkenpopulation 2023 in Mecklenburg-Vorpommern in ihren Händen. Dieser dokumentiert, dass allein im vergangenen Jahr 47 Prozent der Wanderfalken-Paare in Bäumen gebrütet haben, 29 Prozent auf Strommasten, 19 Prozent auf Gebäuden und 5 Prozent in Felsspalten. "Und das ist ein Riesenerfolg. Also wir können jetzt mittlerweile sagen, dass der Bestand gesichert ist. Auch dass fast die Hälfte aller Wanderfalken auf Bäumen brütet. Das ist für uns eine wirklich gesicherte Population. Und wir sind natürlich weiterhin daran interessiert, dass auch die Naturbrut eigentlich der größte und wichtigste Erfolg ist für den Wanderfalken". Allein im vergangenen Jahr sind 132 junge Wanderfalken erfolgreich ausgeflogen, zumeist irgendwo in den Wäldern Mecklenburg-Vorpommerns.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 25.05.2024 | 12:00 Uhr

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Umweltschutz

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