MV: Mehr Ermittlungen zu Kinderpornografie im Netz
In Mecklenburg-Vorpommern ist 2022 die Verbreitung pornografischer Darstellungen von Kindern unter 14 Jahren im Vergleich zum Vorjahr um ein Viertel gestiegen. Unter den Tatverdächtigen sind immer mehr Jugendliche.
Die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern hat 2022 in 646 Fällen wegen des Verdachts der Verbreitung von Kinderpornografie ermittelt. Das waren knapp 27 Prozent mehr als 2021, wie Innenminister Christian Pegel (SPD) mitteilte, als er die Kriminalitätsstatistik 2022 vorstellte. Damit ist die Zahl der Ermittlungsverfahren in diesem Bereich im dritten Jahr nacheinander gestiegen. Auch die Zahl der Hinweise auf einen entsprechenden Verdacht sei 2022 deutlich angestiegen. Laut Pegel sind die steigenden Zahlen auf Mitteilungen von Ermittlungsbehörden in den USA zurückzuführen. Internetdienste wie Google, Facebook, DropBox und Microsoft sind seit 2012 verpflichtet, alle Dateien, die dort geteilt werden, auf sexuellen Missbrauch an Kindern hin zu prüfen und Verdachtsfälle ans Bundeskriminalamt zu melden, sobald Hinweise auf deutsche Nutzer vorliegen, so Pegel.
Zahl der jugendlichen Verdächtigen steigt
Sorge macht dem Innenminister, dass 2022 in Mecklenburg-Vorpommern 239 Tatverdächtige, also knapp die Hälfte in diesem Deliktbereich, jünger als 18 Jahre war. Das deute darauf hin, dass viele Minderjährige Dateien, in denen sexueller Missbrauch von Kindern zu sehen ist, besitzen und durch unbedarftes Teilen verbreiten. "Offenbar ist ihnen nicht klar, welche Schicksale hinter solchen Fotos und Videos stehen", sagte Pegel. Er appellierte an die Eltern, ihre Kinder zu sensibilisieren. "Wir müssen sie warnen, dass das Anklicken genauso wie das Weiterleiten solcher Inhalte strafrechtlich verfolgt wird."
Anwältin: Es ist kein Witz, sondern eine Straftat
Die Rostocker Rechtsanwältin Gesa Stückmann, die Schulen und Eltern zum Thema Kinderpornografie berät, bestätigte bei NDR MV Live, dass Jugendliche sowohl Bilder von schwerem sexuellen Missbrauch als auch "harmlosere" Nacktbilder - sogenannte "Nudes" - über die bekannten Messenger-Dienste teilen. Ersteres ist in jedem Fall strafbar. Die Verbreitung von "Nudes" ist strafbar, wenn Kinder unter 14 Jahren darauf zu sehen sind oder die abgebildete Person der Veröffentlichung nicht zugestimmt hat. Die Zahlen seien gestiegen, weil längst auch Grundschulkinder ein Smartphone hätten und Eltern die in den Messenger-Diensten geteilten Inhalte nicht filtern können. Kinder und Jugendliche teilen laut Stückmann Bilder und Videos, "weil es im Netz unterwegs ist und weil viele auch denken, dass es cool wäre, so etwas zu teilen." Die Kinder und Jugendlichen würden auch Grenzen austesten wollen. "Aber es ist ja eben nun kein Witz, sondern ein strafrechtlicher Tatbestand", so Stückmann.