Lubmin: Japanische TV-Sender beim AKW-Rückbau
Im ehemaligen Kernkraftwerk in Lubmin ist am Dienstag das letzte große Teil der Anlage ausgebaut worden. Mitarbeiter der Energiewerke Nord (EWN) demontierten den letzten verbliebenen der ehemals 30 Dampferzeuger. Das rund 160 Tonnen schwere Bauteil, das sich in unmittelbarer Reaktornähe im Kraftwerk "Bruno Leuschner" befunden hatte, bleibt zunächst im leergeräumten Reaktorsaal des Blocks 3. Strahlenschutzexperten überprüfen es dort auf radioaktive Belastung.
In rund zwei Wochen wird der demontierte Dampferzeuger ins benachbarte Zwischenlager Nord gebracht, um gereinigt, zerlegt und schließlich verschrottet zu werden. Von den 30 Dampferzeugern, mit deren Hilfe einst die bei der Kernspaltung gewonnene Wärmeenergie in mechanische und elektrische Energie umgewandelt wurde, sind inzwischen acht im Zwischenlager Nord zerlegt und teilweise dekontaminiert worden, sagte EWN-Sprecherin Marlies Philipp.
EWN-Chef: "Wesentlicher Meilenstein" erreicht
EWN-Chef Henry Cordes bezeichnete den Ausbau den Ausbau als "wesentlichen Meilenstein", der beim Rückbau des früheren DDR-Kernkraftwerks erreicht sei. Der Ausbau der fünf Reaktoren und der 30 Dampferzeuger sei die technisch und logistisch anspruchsvollste Aufgabe gewesen. Laut Cordes sind in den beiden früheren DDR-Kernkraftwerken Lubmin und Rheinsberg 78 Prozent der kontaminierten und 95 Prozent der kerntechnischen Nebenanlagen zurückgebaut.
Drei japanische TV-Teams in Lubmin
Die Demontage lockte selbst TV-Journalisten aus dem weit entfernten Japan nach Vorpommern. Der öffentlich-rechtliche Sender NHK produziert dort für eine Sondersendung zum zweiten Jahrestag der Reaktor-Katastrophe von Fukushima am 11. März, bei der vier von sechs Reaktorblöcken nach einem verheerenden Tsunami zerstört worden waren. "Der AKW-Rückbau in Deutschland gilt in Japan als vorbildlich", sagte der Reporter Ryusuke Kimora. Die Fernsehjournalisten aus dem Land der aufgehenden Sonne hätten auch gern in westdeutschen Atomkraftwerken gedreht, bekamen von den Betreibern allerdings keine Drehgenehmigungen. Zwei weitere Teams von japanischen Fernsehsendern werden in der kommenden Woche in Lubmin erwartet.
Noch viel zu tun
Trotz des weit fortgeschrittenen Rückbaus gibt es für die Belegschaft in Lubmin noch allerhand zu tun. Rohrleitungen und Kabelbäume für Strom und Licht müssen aus den Reaktorgebäuden entfernt werden. Parallel dazu beginnt die Dekontamination der Gebäude. "Das wird noch einmal richtig aufwendig", sagte ein Mitarbeiter.
Was geschieht mit den Gebäudehüllen?
Offen ist noch, was mit den Gebäudehüllen des KKWs geschieht - stehenlassen oder abreißen? Nach Meinung von EWN stehenlassen - und zwar noch 30 bis 40 Jahre. Dieses Vorgehen hat nach Einschätzung der EWN gesundheitliche und ökonomische Vorteile. Würden die Gebäude später abgerissen, wären Strahlenschutzaufwand und Kosten deutlich geringer, wie Cordes unter Berufung auf Gutachten sagte. Ein entsprechender Antrag auf Langzeitverwahrung wurde bereits gestellt. Er sei aber bislang nicht entscheidungsreif, wie eine Sprecherin des Ministeriums sagte.
17 Jahre lang elf Prozent des DDR-Stroms geliefert
Das Kernkraftwerk am Greifswalder Bodden war zwischen 1973 und 1990 in Betrieb und erbrachte mit seiner Gesamtleistung von 1760 Megawatt einen Anteil von elf Prozent des Strombedarfs in der früheren DDR. Wegen Sicherheitsbedenken unmittelbar nach dem Fall der Mauer wurde das Kraftwerk 1990 abgeschaltet. Fünf Jahre später begann die Stilllegung. Seit 2006 lagern alle Brennelemente in Castoren im Zwischenlager. Der letzte Reaktor wurde 2009 ins Zwischenlager transportiert. Der Bund finanziert den Rückbau der beiden DDR-Kernkraftwerke in Lubmin und Rheinsberg mit 4,2 Milliarden Euro. Die EWN mit derzeit rund 870 Mitarbeitern rechnen damit, dass die Hauptaktivitäten 2015 abgeschlossen sein werden.