Kubitschek-Auftritt: Schwerin scheitert mit Beschwerde gegen Gerichtsentscheid
Die Junge Alternative darf den Demmler-Saal des Schweriner Rathauses nutzen und dort den Rechtsextremisten und Verleger Götz Kubitschek auftreten lassen. Das hat das Verwaltungsgericht Schwerin entschieden und damit der AfD-Jugendorganisation Recht gegeben. Die Beschwerde der Stadt beim Oberverwaltungsgericht blieb erfolglos.
Am Dienstag hatte die Stadt Schwerin den Mietvertrag mit der Jungen Alternative gekündigt. Zuvor wurde bekannt, dass die AfD-Jugend im Demmlersaal des Rathauses nicht nur einfach einen bereits länger angekündigten Vortrag plante, sondern dass sie dabei den rechtsextremen Verleger Kubitschek auftreten lassen wollte. Das habe die AfD-Jugend bis dahin auch unter Vortäuschung falscher Tatsachen verheimlicht, so die Stadt. Der Auftritt Kubitscheks sei mit der Würde des Hause nicht vereinbar. Die Stadt verwies auf entsprechende Einschränkungen im Nutzungsvertrag.
Ähnlich hatte sich auch Schwerins Stadtpräsident Sebastian Ehlers (CDU) geäußert. Der Demmlersaal, in dem die Stadtvertretung tage, sei die Herzkammer der Demokratie der Landeshauptstadt und kein Ort für Rechtsextremisten. Ehlers meinte, außerdem sei die Junge Alternative vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft.
Demmlersaal "faktisch" eine öffentliche Einrichtung
Gegen die Kündigung des Mietvertrags wehrte sich die AfD-Jugendorganisation. Sie verwies darauf, dass sie bereits in der Vergangenheit im Demmlersaal Vorträge veranstaltet habe. Unter anderem hielt sie dort im vergangenen August eine "Sommerakademie" ab. Die dritte Kammer des Verwaltungsgerichts gab ihr Recht. Der Demmlersaal sei "faktisch" eine öffentliche Einrichtung, sie werde von der Stadt auch für politische Vortrags- und Schulungsveranstaltungen vergeben, so die Richter. Auf diese Vergabe könne sich die Junge Alternative berufen - auch aus Gründen des im Grundgesetz verankerten Gleichbehandlungsgrundsatzes. Das von der Stadt angeführte städtische Interesse könne dem nicht entgegenstehen.
Gericht betont Meinungsfreiheit
Unerheblich ist für die Kammer, dass die AfD-Jugendorganisation vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurde. Denn es sei nicht "ersichtlich, dass im Streitfall die Gefahr einer Verletzung von Strafvorschriften oder die Begehung von Ordnungswidrigkeiten oder eine Gefährdung einrichtungsbezogener Belange durch eine Vortragstätigkeit zu befürchten sei." Außerdem gehe es beim geplanten Kubitschek-Auftritt um die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit. Der Demmlersaal fungiere hier als "Forum der Meinungsbildung". Schon das lasse eine Beschränkung der Nutzung, "in der Absicht, die Äußerung bestimmter Meinungen zu verhindern" nicht zu.
Oberverwaltungsgericht weist Beschwerde ab
Eine Beschwerde der Stadt Schwerin beim Oberverwaltungsgericht Greifswald blieb erfolglos. Der 2. Senat schloss sich der Entscheidung der Vorinstanz an. Es sei nicht ausreichend dargelegt worden, dass es bei der Veranstaltung mit Kubitschek "mit hinreichender Wahrscheinlich zu Rechtsverstößen" kommen werde. Damit kann Kubitschek am Sonnabend im Demmlersaal des alten Rathauses auftreten.
Kritik von Politikwissenschaftlern
Scharfe Kritik an der Entscheidung übte der Rostocker Politikwissenschaftler Wolfgang Muno. Er frage sich, wie sich die Demokratie wehrhaft zeigen könne, "wenn Gerichte nicht einmal in solch offensichtlichen Fällen ein Veranstaltungsverbot erlauben". Bei offensichtlichem Rechtsextremismus müsse die Meinungsfreiheit ihre Grenzen haben, so Muno gegenüber NDR MV Live. Kubitschek selbst lege keinen Wert auf eine offene Diskussion, das habe er bereits klargemacht, indem er "nicht die Beteiligung am Diskurs, sondern sein Ende als Konsensform, nicht ein Mitreden, sondern eine andere Sprache, nicht der Stehplatz im Salon, sondern die Beendigung der Party" als Ziel formuliert habe.
Ähnlich äußerte sich der Politikwissenschaftler Prof. Hajo Funke von der Freien Universität Berlin. Das Gericht hätte anders entscheiden können, auch wegen der öffentlichen Unruhe, die das auslöse. "Ein Auftritt Kubitscheks in einem die Demokratie repräsentierenden Rathaus ist ein Signal, das nicht zu unserer liberalen Demokratie passt", so Funke bei NDR MV Live.