JUNG.MACHT.POLITIK: Schleppende Digitalisierung in MV
Für einige Schulen und Unis in MV geht der digitale Wandel nur schleppend voran. Bei „JUNG.MACHT.POLITIK“ sprechen Digitalpolitikerin Anna Kassautzki (SPD) und Philipp Amthor (CDU) über unbürokratische Hilfen beim Netzausbau.
Bis zu 100 Millionen Euro fließen seit 2019 im Rahmen des "Digitalpakts Schule" nach Mecklenburg-Vorpommern. Das Grundproblem liege in der Bürokratie, kritisieren einige Schulen. Will eine Bildungseinrichtung Fördermittel aus dem Digitalpakt abrufen, so braucht sie zunächst einen Breitbandanschluss, ein eigenes Medienbildungskonzept und einen Medienentwicklungsplan, den die Kommune erstellen muss. Vorher kommt kein Geld bei den Bildungseinrichtungen an. Lehrer fordern "Entbürokratisierung".
"Wenn mehr als drei Leute das Internet nutzen, habe ich keins mehr!"
Frank Engel ist Lehrer am Gymnasium Grimmen. Er zieht trotz der Finanzhilfen des Bundes eine ernüchternde Bilanz: "Wenn mehr als drei Leute das Internet nutzen, habe ich keins mehr!". Es sei bislang "nichts Konstruktives" passiert, bemängelt der Informatiklehrer und fügt hinzu: "Was nützt mir der Rechner, wenn ich keine Internetverbindung habe?" Auch dem Digitalausschuss des Deutschen Bundestages, dem auch Anna Kassautzki angehört, ist das Problem des schlechten Netzes in ländlichen Gebieten in MV bekannt.
Vor allem die privatwirtschaftlichen Interessen der Anbieter spielten ihrer Meinung nach hier eine zentrale Rolle. Da Mecklenburg-Vorpommern im Ländervergleich das am dünnsten besiedelte Bundesland ist, hätten viele Netzanbieter den Nordosten als unattraktiv angesehen. Philipp Amthor verortet den schleppenden Digitalwandel hingegen bei der Ampel-Regierungskoalition in Berlin. Die Organisation der Digitalpolitik sei aus seiner Sicht ein "Flopp" aufgrund der verschiedenen Zuständigkeiten zwischen den einzelnen Bundesministerien. Eine wirkliche Verbesserung des Netzes kann er, im Gegensatz zu Anna Kassautzki, nicht erkennen.
Verantwortung der Landesregierung
Zudem wirft Amthor beim defizitären Netzausbau der Landesregierung mangelhaftes Management vor: "Für die Umsetzung des Breitbandausbaus ist in Mecklenburg-Vorpommern in den vergangenen Jahren durchgängig die SPD zuständig gewesen, der Innenminister, die Bildungsministerin, und da hat es über Jahre gehakt". Anna Kassautzki hat schließlich für Menschen mit schlechtem Netz eine ganz pragmatische Empfehlung zur Hand: die sogenannte „Funkloch-App“ des Bundes. Mit dieser App lassen sich Funklöcher direkt melden und in eine bundesweite Prioritätenliste eintragen.
Anmerkung der Redaktion: Die Interviews wurden aufgezeichnet bevor neue Vorwürfe gegen den CDU-Abgeordneten Amthor aufgrund seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat der Firma Augustus Intelligence veröffentlicht wurden.