Nach mutmaßlichem Angriff: Vorwürfe gegen Polizei in Lübtheen
Nach einem mutmaßlich gewalttätigen Angriff auf einen Mann in Lübtheen vermutet die Kurdische Gemeinde Deutschlands, dass die Polizei ein fremdenfeindliches Motiv übersehen hat. Nun hat sich der Staatsschutz Mecklenburg-Vorpommern der Sache angenommen.
Der Staatsschutz in MV ermittelt nun wegen des Verdachts einer politisch motivierten Straftat. Drei Männer und eine Frau sollen am 24. Juli einen Mann kurdischer Abstammung in Lübtheen (Ludwigslust-Parchim) in eine Falle gelockt und mit einem Baseballschläger verletzt haben. Der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland e.V., Ali Ertan Toprak, kritisiert, dass die Polizei erst drei Wochen nach der Tat mit den Ermittlungen begonnen hat. "Es scheint Polizisten zu geben, die eine rassistische Straftat nicht ernst nehmen. Da muss das Innenministerium aktiv werden! Wir werden nicht akzeptieren, dass es für uns No-Go-Areas gibt", so Toprak.
"Fass mich an, dann zeig ich dir, wo dein Schiff hin fährt!"
Einige Wochen vor dem 24. Juli wurde angeblich das Handy des Opfers geklaut; so jedenfalls hat es das Opfer der Kurdischen Gemeinde berichtet. Demnach wurde er danach informiert, dass er sein Handy zurückbekommen könne, wenn er 50 Euro bezahlt. Die vereinbarte Übergabe war nach Angaben der kurdischen Gemeinde eine Falle. Dem NDR liegt ein Video vor, auf dem eine Frau mit einem Baseballschläger in der Hand zu sehen ist. Sie bedroht und beleidigt das Opfer und sagt: "Fass mich an, dann zeig ich dir, wo dein Schiff hin fährt!" Danach dreht die Kamera und man sieht einen Mann mit blutigem Gesicht. Bei dem Mann handelt es sich laut kurdischer Gemeinde um das Opfer.
Drei Wochen ohne Vernehmungen oder Befragungen
Den Angaben zufolge alarmierte ein Zeuge des Vorfalls die Polizei. Als die Beamten eintrafen, waren die mutmaßlichen Täter bereits verschwunden. Das Opfer zeigte den Polizisten das Video. Die Frau und einer der Männer sind der Polizei namentlich bekannt. Die Frau hat bereits Vorstrafen, unter anderem wegen Körperverletzung. Polizisten fuhren im Anschluss zur Wohnung der Hauptverdächtigen, trafen sie aber nicht an. Nach eigenen Angaben hat die Polizei bei der Befragung des Opfers am Tatort kein rassistisches Motiv vermutet. Dieses hätten sie jedoch erkennen können, so Toprak, spätestens als drei Tage später das Video als Datei bei ihr einging. Der Wohin-dein-Schiff-fährt-Satz sei darauf deutlich zu hören.
Auch Staatsministerin für Integration involviert
Nachdem die Kurdische Gemeinde den Vorfall am Montag öffentlich gemacht hat, will die Polizei nun Zeugen und mutmaßliche Täter befragen, auch mit Hinblick auf ein fremdenfeindliches Motiv. Die Kurdische Gemeinschaft Deutschland geht davon aus, dass die Aufmerksamkeit, die sie auf den Fall gelenkt hat, zu einem Umdenken bei der Polizei geführt hat. Die Staatsanwaltschaft ist noch nicht mit dem Fall befasst.
Toprak hat den Fall längst an die Integrationsbeauftragte im Bundeskanzleramt, Staatsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD), gemeldet. "Das Opfer hat berichtet, dass die Polizei die Täter ihm gegenüber als szenebekannte Rechte beschrieben hat", berichtet Toprak.