Grüne kritisieren das Aus für den Anklamer "Demokratiebahnhof"
Die Schließung des "Demokratiebahnhofs" in Anklam hat Empörung ausgelöst. Die Landtagsfraktion der Grünen nannte das Vorgehen des Landkreises Vorpommern-Greifswald gegen das Jugend- und Kulturzentrum "ungeheuerlich".
Die Grünen im Landtag haben die Versiegelung des "Demokratiebahnhofs" in Anklam kritisiert. Das Jugend- und Kulturzentrum unangekündigt zu versiegeln und so die Jugendlichen kurzerhand auf die Straße zu setzen, gleiche einer "moralischen Bankrotterklärung", sagte die Abgeordnete Constanze Oehlrich am Donnerstag. Die Nutzung komplett zu untersagen, sei überzogen. Es sei absurd, eine angebliche Gefahr für Leib und Leben vorzuschieben, um die Räume, die das Jugendzentrum nutze, alternativlos zu schließen. Tino Nicolai, Mitglied im Vorstand des Trägervereins, sprach von einer unverhältnismäßigen Eskalation. Ein solches Verwaltungshandeln gegenüber einem ehrenamtlichen Verein sei befremdlich und intransparent.
Bei Verstößen drohen hohe Strafen
Der Landkreis Vorpommern-Greifswald hat den "Demokratiebahnhof" am Mittwoch versiegelt. Bereits im Februar hatte der Landkreis der städtischen Wohnungsgesellschaft, der das Gebäude gehört und die Räume an den Verein "Demokratiebahnhof" vermietet, die Nutzung wegen erheblicher Baumängel untersagt. Dadurch kommt der Verein nicht mehr in das als Hauptquartier genutzte Gebäude. Bei Verstößen drohen hohe Strafen von bis zu 20.000 Euro. Der Verein "Demokratiebahnhof" lässt von seinem Anwalt nun eine einstweilige Verfügung dagegen prüfen.
Zwei Objekte als Alternative zur Auswahl
Parallel bemüht sich die Wohnungsgesellschaft weiter um ein Ausweichquartier für den Verein. Zwei Objekte stehen momentan zur Auswahl. Ziel aller Beteiligten bleibt jedoch, dass die Jugendarbeit wieder im Bahnhof stattfinden kann. Dazu bräuchte es aber mindestens 100.000 Euro - damit zumindest ein Teil des Bahnhofsgebäudes saniert werden kann. Nach Angaben der Wohnungsgesellschaft hat der Landkreis die Nutzung des Gebäudes bereits im Januar wegen Mängeln beim Brandschutz und der Elektrik untersagt. Die Kosten für eine Sanierung werden insgesamt auf 4,5 Millionen Euro geschätzt.
Zehn Jahre Sozialarbeit und kulturelle Veranstaltungen
Den "Demokratiebahnhof" gibt es in Anklam seit knapp zehn Jahren. Dort entscheiden die Jugendlichen selbst über das Angebot, das mehrmals ausgezeichnet wurde. Das Konzept zog auch Prominenz in den alten Bahnhof. 2016 besuchten Rapper Marteria und Frontmann Campino von den Toten Hosen den Verein. Ein Jahr später schaute der damalige Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) vorbei. Weitere Politiker lobten die Einrichtung bei medienwirksamen Besuchen - darunter Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).