Flügel aus Staub - der lange Weg von Rostock nach Hollywood
Der international erfolgreiche Filmmusik-Komponist Sascha Blank hat sein Handwerk an der Rostocker Hochschule für Musik und Theater gelernt. Für seine Mitwirkung an dem Film "Wings of Dust" ist er in den USA für den "Student Academy Award" nominiert.
Wir treffen Sascha Blank in Wiek auf dem Darß am Rande des Darßer Naturfilmfestivals. Er ist Mitglied der Nominierungsjury, hat sein kleines, portables Studio in einem Ferienhaus aufgebaut. Gerade vertont er eine neue "Terra X"-Folge für das ZDF, die fertig werden muss. Am Rande des Festivals wird im Stralsunder Ozeaneum "Der Hai mit tausend Namen" gezeigt; ein Film, für den Sascha Blank die Musik komponiert hat. Der Film spielt auf einer abgelegenen indonesischen Insel, wo riesige Walhaie und die örtlichen Fischer friedlich zusammenleben. Der Produzent Hendrik S. Schmidt ist ebenfalls nach Vorpommern gekommen. Für ihn war die Zusammenarbeit mit Sascha Blank Liebe auf den ersten Blick. "Wir haben Sascha nur ein paar Emotionen vorgegeben und er hat dann gleich eine Punktlandung hingelegt." Im nächsten Filmprojekt geht es um große Meeressäuger. Das soll Sascha Blank ebenfalls vertonen.
Rostock erste Wahl
Der 36-Jährige ist mittlerweile gut im Geschäft. Mal ist es ein Wissenschaftsmagazin oder ein Politthriller, dann sind es Naturdokus aus fernen Ländern oder exotische Tiere, auch mal Krimis und sogar Horrorfilme hat Sascha Blank schon vertont. "Mein Ziel ist es, die Geschichte des Films zu erzählen und die Musik dabei nicht in den Vordergrund zu rücken, sondern den Zuschauer abzuholen, mit Elementen, die im Bild vielleicht nicht direkt sichtbar sind." Er benutzt dazu beispielsweise Instrumente, die für die Gegend typisch sind. Beim Walhaifilm ist es indonesische Gamelanmusik, die mit Metallschlaginstrumenten gespielt wird. "Am meisten macht mir die Abwechslung Spaß", verrät Sascha Blank. Das Handwerkszeug dafür hat er vor allem auch an der Rostocker Hochschule für Musik und Theater gelernt. "Die HMT Rostock war von Anfang an meine erste Wahl", so der geborene Berliner.
Pop und Weltmusik
Mit acht Jahren hat Sascha Blank angefangen, Klavier zu spielen. Die ersten Stücke komponierte er als Schüler, übte vier Stunden täglich. Schon damals stand sein Berufswunsch fest: er wollte Filmmusik-Komponist werden. Er beginnt mit kleinen Stücken, Werbeclips und Videos. Als Sascha Blank den Soundtrack für einen Trash-Horrorfilm komponiert, war er gerade 20 Jahre alt. Parallel dazu begann er eine universitäre Ausbildung. Nach vier Semestern eines kombinierten Musik- und Wirtschaft-Studiums in Greifswald bewarb er sich 2012 für den Studiengang "Pop und Weltmusik mit Klassik im Fach Klavier", den es so in Deutschland nur an der HMT Rostock gibt. "Das war eine Spielwiese, wo man sich in ganz verschiedenen Stilen ausprobieren, bei unterschiedlichen Projekten mitwirken konnte. Zum Beispiel habe ich die Musik für ein Ballett und für eine Rockoper geschrieben", erinnert sich Sascha Blank. Außerdem spielte er in Rostock in Bands, machte Jazz und südamerikanische Musik. Nach dem Studium beginnt er, kleine Musikstücke für Musikverlage zu schreiben, sogenannte Production-Music, die Fernsehsender zur musikalischen Illustration von Beiträgen nutzen. Die spielt der Multiinstrumentalist selbst ein, teilweise mit Orchester. Dabei greift er bis heute immer wieder auf sein Rostocker Netzwerk zurück, lädt ehemalige Kommilitonen ins Studio ein.
Schicksalhafte Begegnung in New York
Vor zwei Jahren hat Sascha Blank in New York die vielleicht wichtigste Begegnung in seinem Berufsleben. In die USA ist er wegen seiner Frau gekommen, die dort ein paar Monate für die Uni Köln arbeitete. Und wie in allen Weltmetropolen ist das größte Problem die Wohnungssuche. Dabei läuft ihm Giorgio Ghiotto über den Weg, ein junger italienischer Filmstudent, der ebenfalls eine Bleibe sucht. Sascha Blank hilft ihm zunächst bei der Tonbearbeitung seiner selbstgedrehten Dokumentarfilme und wird nach und nach zum Mentor des zehn Jahre jüngeren Kollegen. Dann kehrt Giorgio Ghiotto aus den Anden Perus zurück, mit der Geschichte eines indigenen Reporters, der gegen die Vergiftung der Landschaft durch den Kupferbergbau kämpft. Vidal Merma träumt von wieder sauberen Flüssen und Seen, einer besseren Zukunft für seine Kinder. Er legt sich mit der Staatsmacht und den Bergbaukonzernen an. Aus dieser Geschichte entsteht der Film "Wings of Dust", "Flügel aus Staub" für den Sascha Blank die Musik komponiert. Vier Monate arbeiteten beide intensiv an dem am Film. Giorgio Ghiotto erzählt: "Ich bin Sascha sehr dankbar. Er war immer für mich da, hat mir geduldig geholfen das Beste aus dem Material herauszuholen, obwohl ich kein Geld, kein Budget hatte. Und am Ende haben sich die ganzen Entbehrungen ausgezahlt."
Studierenden-Oscar für "Flügel aus Staub"
Denn im September kommt eine überraschende Nachricht aus Hollywood. Von 2.443 Filmen hat die Jury des "Student Academy Award" den Film "Wings of Dust" in der Kategorie Dokumentarfilm ausgewählt. Damit haben Giorgio Ghiotto und Sascha Blank einen der prestigeträchtigen Studierenden-Oscars gewonnen. Offen ist nur noch, ob Bronze, Silber oder Gold. Preisträger vor ihnen waren Hollywood-Legenden, wie Spike Lee (Malcom X), Robert Zemeckis (Forrest Gump) oder Pete Docter (Toy Story).
Sascha Blank bleibt bescheiden. "Ich freue mich, dass der Film jetzt so viel Beachtung bekommen wird und vor allem, dass die Geschichte des Journalisten Vidal Merma in die Welt getragen wird." Giorgio Ghiotto versucht gerade ein US-Visum für ihren Hauptprotagonisten zu organisieren. Schließlich wollen sie alle drei bei der Verleihung des "Student Academy Award" gemeinsam auf der Bühne stehen. Die Zeremonie ist am 24. Oktober im "Samuel Goldwyn Theater" in Beverly Hills, dort wo jährlich die Nominierungen für die großen Oscars bekannt gegeben werden. Und vielleicht steht "Wings of Dust" 2024 oder 2025 mit auf der Liste. Möglich wäre es, aber daran wagen sie noch nicht zu denken.