Finanzminister Geue hält an Schuldenbremse fest
In der Debatte um die Aufweichung der Schuldenbremse geht MV-Finanzminister Heiko Geue auf Distanz zu Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (beide SPD). Anders als die Regierungschefin rät Geue zu Zurückhaltung in der Frage.
Das sogenannte Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts löst weiter Turbulenzen aus. Der Ampel-Koalition in Berlin fehlen 60 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds, weil die Richter meinen, dieses Geld hätte nicht einfach aus dem Topf zur Bekämpfung der Corona-Pandemie "umgewidmet" werden dürfen. Eine Folge: Möglicherweise spart der Bund auch bei seinen Finanzzusagen für die Länder. In Schwerin rechnen die Experten weiter und warten auf klärende Hinweise aus Berlin.
Geue will Gespräche mit dem Bund
Finanzminister Geue saß am Montagnachmittag mit seinen Fachleuten zusammen. Danach zeigte er sich besorgt. Möglicherweise kürze der Bund bei seinen Zusagen für den Aufbau der Wasserstoff-Wirtschaft als Speicher für Erneuerbare Energie. Knapp 400 Millionen Euro sind zugesagt für den klimafreundlichen Umbau der Industrie, das Land schießt 168 Millionen dazu. Geue setzt auf Gespräche Anfang nächster Woche. "Es ist noch nicht klar, was der Bund macht", sagte Geue.
Keine Aufweichung der Schuldenbremse
In einer Sache hat sich der Finanzminister aber schon festgelegt: Er ist gegen eine schnelle Aufweichung der Schuldenbremse und stellt sich damit gegen eine Forderung der SPD-Bundesspitze und seiner Chefin. Ministerpräsidentin Schwesig hatte gleich nach dem Urteil aus Karlsruhe neue Schuldenregeln gefordert - für sogenannte Zukunftsinvestitionen beispielsweise bei Digitalisierung und Bildung. Das käme einer Aufweichung der Schuldenbremse gleich. Im Land dürfen laut Verfassung aber nur in wirtschaftlichen und anderen Krisenzeiten Kredite aufgenommen werden. Geue meint, bei diesen Regeln sollte es vorerst bleiben.
Geue: "Urteil ernst nehmen"
Bevor es eine Debatte über die Schuldenbremse gebe, müsse auch das Land zuerst die wichtigsten Aufgaben festlegen, dabei müsse auch darüber nachgedacht werden, welche Dinge nicht mehr finanziert werden, nötig sei auch Bürokratie-Abbau. Erst, wenn dann noch Geld fehle, könne über "Zukunftsinvestitionen in der Schuldenbremse" gesprochen werden. "Wir sollten das Urteil ernst nehmen", meinte Geue. Er erinnerte daran, dass für eine Änderung der Schuldenbremse eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag nötig sei. "Diese Mehrheit sehe ich im Landtag überhaupt nicht", sagte der Finanzminister.
Landesrechnungshof steht hinter Geue
Der Landesrechnungshof stützt die Position des Ministers. Die obersten Finanzkontrolleure hatten schon in der vergangenen Woche erklärt, "die mahnenden Worte des Bundesverfassungsgerichts sollte die Landesregierung als Aufforderung verstehen, sich Gedanken über einen Konsolidierungskurs zu machen". Die Entscheidung biete jedenfalls "keinen Raum, weitere kreative Wege zur Umgehung oder gar Abschaffung der Schuldenbremse zu finden". Schwesigs Staatskanzlei teilte auf Anfrage mit, es sei derzeit nicht daran gedacht, gesetzgeberisch aktiv zu werden. Das heißt, es bleibt vorerst nur beim Vorschlag, die Schuldenbremse aufzuweichen. Es ist nicht daran gedacht, neue Schuldenregeln in die Landesverfassung zu schreiben.
Auszug aus dem Interview mit Finanzminister Geue
Herr Geue, die Republik diskutiert über die Folgen des Bundesverfassungsgerichtsurteils. Eine Forderung, die laut wird in der SPD auch hier aus dem Land von der Landesvorsitzenden und Ministerpräsidentin ist: Die Schuldenregeln reformieren. Herr Geue, als Finanzminister, der das Geld zusammenhalten muss und will: Was sagen Sie dazu?
Finanzminister Heiko Geue: Aus meiner Sicht - bevor die Debatte über die Schuldenbremse jetzt in der Intensität geführt wird - muss es zuerst eine Prioritätensetzung von Aufgaben geben. Wir müssen uns klar machen, was wirklich ganz besonders wichtig ist. Es muss Aufgabenkritik geben, also das heißt: Es muss analysiert werden, welche Aufgaben vielleicht auch 'mal sein gelassen können. Und wir brauchen auch dringend Bürokratieabbau. Bürokratie kostet Geld für alle Beteiligten. Wenn das alles gemacht ist und dann immer noch finanzielle Mittel fehlen, gerade für den Klimaschutz, für die Zukunftsinvestitionen des Landes, dann muss auch eine Debatte geführt werden darüber, wie die Investitionen gestärkt werden können in der Schuldenbremse.
Halten Sie sich denn gesetzgeberische Maßnahmen oder Initiativen jetzt schon für möglich oder nötig? Wenn die Ministerpräsidentin sagt: "Schuldenbremse weg", dann kann das Land ja was tun. Wir haben sie auch in der Verfassung.
Finanzminister Heiko Geue: Sie sagen zurecht, wir haben es ja in der Verfassung. Also gesetzgeberische Debatten reichen gar nicht aus. Wir müssten Debatten über die Verfassung führen, das heißt auch eine verfassungsgebende Mehrheit, das heißt Zweidrittelmehrheit. Die sehe ich im Moment im Landtag überhaupt nicht. Und noch mal aus meiner Sicht: Wir sollten dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts jetzt wirklich auch ernst nehmen für Prioritätensetzen und Bürokratieabbau.