Justizstaatssekretär und Pastorin an der Spitze des BSW in MV
An der Spitze des neuen BSW-Landesverbandes in Mecklenburg-Vorpommern stehen der Staatssekretär im Justizministerium, Friedrich Straetmanns, und die Pastorin Melanie Dango. Die Wahl fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Die Frau, die der Partei ihren Namen gegeben hat, fehlte in Parchim: Sahra Wagenknecht hatte in Thüringen zu tun, sie lächelte dafür von vielen Plakaten in den Saal mit den rund 50 BSW-Mitgliedern. Für Wagenknecht kam die Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali aus Berlin. Ihre Rede war ein Rundumschlag gegen alles und alle in der Berliner Politik. "Grottenschlecht, unfähig" - so verurteilte sie Wirtschafts-, Klima- und Sozialpolitik der anderen - vor allem der "unfähigen" Grünen. Ihr Herzensanliegen: Ein Ende der Unterstützung der Ukraine und eine Rücknahme der Sanktionen gegen Russland.
Medien während Vorstandswahl ausgeschlossen
Mohamed Ali traf den Nerv der Mitglieder - meist Männer über 50. Die hatten wenig später auch kein Problem damit, die Öffentlichkeit bei der Wahl des Landesvorstand und der Debatte dazu auszuschließen. Dabei hatte Mohamed Ali noch die Bedeutung der Medien hervorgehoben und sie als "wichtigen Pfeiler der Demokratie" bezeichnet. "Dafür setzen wir uns ein", sagte die BSW-Chefin. Offenbar nicht immer: Einstimmig votierten die Mitglieder für einen Ausschluss der Medien. Man wolle sich zu Beginn einfach aussprechen. "Die Presse stört da nur", sagte ein Mitglied.
Kritik des Journalistenverbands verpufft
Dabei hatte der Deutsche Journalistenverband (DJV) im Vorfeld vor dem Schritt gewarnt. Die Öffentlichkeit auszuschließen, sei ein Eingriff in die Pressefreiheit. Man müsse nach dem Demokratieverständnis des BSW fragen, so die DJV-Geschäftsführerin in Mecklenburg-Vorpommern, Corinna Pfaff. Sie blieb ungehört. Aus den geheimen Vorstandswahlen gingen schließlich Straetmanns und Dango erfolgreich hervor. Er bekam 75 Prozent, sie knapp 82 Prozent Zustimmung.
Vorsitzender stammt aus Westfalen
Dango ist 48 Jahre alt und BSW-Mitglied im Kreistag Mecklenburgische Seenplatte. Straetmanns stammt wie seine Co-Vorsitzende aus Westfalen, er ist 63 Jahre alt und war lange in der SPD, dann in der WASG und wechselte im August dieses Jahres von der Linken in seine vierte politische Heimat - das BSW. Im Vorfeld gab es intern Gegrummel, dass ausgerechnet ein Westdeutscher an der Spitze eines Ost-Landesverbandes stehen soll. Straetmanns meinte, er sei gut drei Jahren in Mecklenburg-Vorpommern: "Da ich sogar durch Anheirat Verwandtschaft hier habe, sehe ich mich dem Land durchaus verbunden."
Gegenkandidat macht Rückzieher
Straetmanns hatte keinen Gegenkandidaten. Thoralf Herzer, der Chef der BSW-Fraktion in der Rostocker Bürgerschaft, machte überraschend einen Rückzieher. Noch kurz vor dem Parteitag sagte er, es sei wichtig, dass einer aus Mecklenburg - Herzer stammt aus Rostock - den Landesverband führe. Anders als angekündigt trat er dann nicht gegen Straetmanns an. Den Anstoß hatte eine interne Video-Mitgliederkonferenz am Vorabend gegeben. "Man hat mich mit sachlichen Argumenten davon überzeugt, dass es besser ist, wenn wir gemeinsam die Stirn nach außen zeigen", sagte Herzer etwas zerknirscht.
Durchmarsch für das Führungsduo
Am Nachmittag bestimmte der Parteitag die Listen-Kandidaten für die Bundestagswahl. Es war ein Durchmarsch für das neue Führungsduo. Straetmanns wurde zum Spitzenkandidaten bestimmt, seine Co-Vorsitzende Dango kam auf Platz 2. Sie sagte im Vorfeld, sie würde gerne nach Berlin gehen, "als Theologin und als jemand, der ein wenig Ahnung davon hat, wie Sinnstiftung funktioniert." Was sie damit meinte, blieb offen. Auch bei diesen Wahlen gab sich das BSW eher zugeknöpft. Der Leiter der BSW-Wahl-Kommission, Hanno von Raussendorf, verhinderte eine ansonsten übliche presse-öffentliche Tonaufzeichnung. Aktuell liegt das BSW in Umfragen bundesweit bei 5 Prozent. Es dürfte eine Hängepartie werden - auch für die neue BSW-Spitze in Mecklenburg-Vorpommern. Straetmanns will bis zur Wahl am 23. Februar Staatssekretär im Justizministerium bleiben und abwarten, ob es klappt mit einem Bundestagsmandat.
Linke fordert Rücktritt des Staatssekretärs
Für seine Ministerin und ehemalige Parteifreundin Jacqueline Bernhardt (Die Linke) wird Straetmanns als neuer BSW-Landeschef eine zusätzliche Belastung. Linken-Landeschef Hennis Herbst sagte, es sei nicht erklärbar, dass ein BSW-Landesvorsitzender für eine rot-rote Landesregierung arbeite. Straetmanns müsse am Montag seinen Rücktritt als Staatssekretär erklären: "Alles andere würde die Vermutung bestätigen, dass er mit seinem Parteiwechsel einen lukrativen Posten beim BSW erhalten wollte und gleichzeitig das Land als Selbstbedienungsladen begreift, um als Staatssekretär nochmal ordentlich Gehalt abzugreifen."