AfD im Landtag kopiert Unionsanfrage zu Demokratieförderung
Die umstrittene Anfrage der Unions-Bundestagsfraktion zur politischen Neutralität von Nichtregierungsorganisationen findet Nachahmer im Landtag Mecklenburg-Vorpommern. Die AfD-Fraktion hat den Vorstoß aufgegriffen und fragt jetzt die Landesregierung nach staatlicher Förderung von Vereinen und Verbänden der Zivilgesellschaft.
Die Stoßrichtung der AfD-Fraktion ist klar: Ihr Abgeordneter Michael Meister zieht die vom Land geförderten Projekte in Zweifel und fragt beispielsweise ganz allgemein, welche "geförderten Organisationen sich in den vergangenen Jahren öffentlich politisch geäußert haben oder an parteipolitischen Kampagnen beteiligt" waren. Sie unterstellt ihnen einseitige politische Propaganda und will von der Landesregierung wissen, ob die sicherstellt, dass die Organisationen politisch neutral handeln. Meister schickte am Donnerstag insgesamt sechs Fragen zu "angeblich gemeinnützigen Organisationen", die mit Steuermitteln gefördert würden.
Viele Anfragen bereits vor Monaten
Schon in der Vergangenheit hatte die in Teilen rechtsextreme AfD beispielsweise den Landesjugendring (LJR) ins Visier genommen. Der hatte mit Blick auf die Ausrichtung der Partei immer wieder vor der Politik der AfD gewarnt. In einer Antwort auf eine AfD-Anfrage zum LJR teilte die Landesregierung erst im vergangenen Oktober mit, "staatliche Einrichtungen sind im Sinne einer objektiven Verfahrensgestaltung der Neutralität verpflichtet. Nach Auffassung der Landesregierung existiert eine entsprechende rechtliche Vorgabe für freie Träger jedoch nicht." Gemeint war damit auch der Landesjugendring, der eine jährliche Grundförderung von zuletzt 350.000 Euro erhält. Der LJR setzt sich auch für die Demokratiebildung junger Menschen ein.
Landesregierung listet Projekte auf
Anders als die Union im Bundestag fragt die AfD-Fraktion im Landtag jetzt nicht gezielt nach einzelnen Organisationen. Das hatte sie allerdings schon in der Vergangenheit mehrfach abgefragt. Aufs Korn genommen hatte sie dabei vor allem das Landesprogramm Demokratie und Toleranz. Das fördert verschiedene Initiativen wie den Verein LOBBI, der sich um Opfer rechter Gewalt kümmert, oder auch die Regionalzentren für demokratische Kultur. Unterstützt wird auch die Geschäftsstelle "WIR. Erfolg braucht Vielfalt" oder die Meldestelle für antisemitische Vorfälle. Nur ein Teil der Förderung stammt aus dem Landeshaushalt, vieles wird von der EU oder dem Bund bezahlt. Erst im Juli 2024 listete die Landesregierung auf eine AfD-Anfrage die Projekte auf.
Barlen kritisiert Vorgehen der AfD
Der SPD-Fraktionschef Julian Barlen kritisierte das Vorgehen der AfD. "Dass die AfD zivilgesellschaftliche Akteure, die nicht in ihr Weltbild passen, auf verschiedene Weise versucht zu diffamieren und zu verunsichern, ist nichts Neues und ein typisch autoritäres Verhaltensmuster." Barlen erinnerte an das sogenannte Meldeportal der AfD, eine Art Onlinepranger für Lehrkräfte, die im Unterricht die Werte der Verfassung thematisieren. Barlen meinte: "Jeder und jedem muss bewusst sein, dass die AfD diese Vereine und Initiativen als ihre Feinde ansieht."
CDU MV verteidigt Anfrage
In der CDU Mecklenburg-Vorpommern spielt die AfD-Anfrage bisher keine Rolle. Die gerade wiedergewählte CDU-Bundestagsabgeordnete aus Nordwestmecklenburg, Simone Borchardt, hat dagegen die Parlamentsanfrage ihrer Fraktion im Bundestag unterstützt. Es gehe nicht darum, Nichtregierungsorganisationen pauschal zu diskreditieren, meinte sie. Vielmehr seien "Transparenz und Kontrolle" wichtig. Jeder Euro Steuergeld müsse nachvollziehbar eingesetzt werden, erklärte Borchardt. In Mecklenburg-Vorpommern wird aus den bisherigen Antworten auf schon erfolgte Anfragen klar, dass die Landesregierung das Geld nicht einfach auszahlt. Vereine müssen Förderanträge begründen und Nachweise liefern. Zudem kann der Landesrechnungshof die Gelder prüfen.
Peters kündigte ähnliche Vorstöße an
Der CDU-Fraktionschef im Landtag, Daniel Peters, kündigte auf X an, seine Fraktion werde "ebensolche Fragen an die Linksregierung stellen", wie sie jetzt im Bundestag von seinen Parteifreunden formuliert wurden. Zur Kritik der SPD und Grünen, die Union versuche mit der Anfrage die Organisationen einzuschüchtern, sagte Peters, offenbar fühle man sich "ertappt, wenn das normale Fragerecht diskreditiert wird". Allerdings ist die in Teilen rechtsextreme AfD mit ihrer Anfrage vom Donnerstag Peters zuvorgekommen. Der CDU-Abgeordnete Marc Reinhardt hat zwar eine entsprechende Anfrage vorformuliert, die muss allerdings offenbar noch einmal redaktionell überarbeitet werden - sie wird wohl erst an diesem Freitag an die Landtagsverwaltung geschickt.
Linke kritisiert Vorgehen der Union
Die Linke im Land hat die Union vor dem Schritt gewarnt. Wenn Peters eine ähnliche Anfrage ankündige, gebe er sich "einmal mehr damit rechten Interessen nur zu gerne hin", meinte Linken-Landeschef Hennis Herbst. Die Union verkenne, dass der Kampf gegen Demokratiefeinde keine politische Meinungsbekundung darstelle, sondern staatsbürgerliche Verantwortung sei. Es sei richtig, meinte Herbst, wenn beispielsweise Umweltorganisationen zu Kundgebungen gegen Rechts aufrufen, da diese nicht nur die Demokratie gefährdeten, sondern auch den menschengemachten Klimawandel leugneten.
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