Stand: 08.07.2014 18:30 Uhr

Pentagon lässt auch in Österreich forschen

Das amerikanische Verteidigungsministerium lässt nicht nur in Deutschland forschen. Nach Recherchen von NDR Info und der "Wiener Zeitung" flossen in den vergangenen Jahren knapp neun Millionen Euro Forschungsgelder auch an österreichische Unis und Institute.

Von Benedikt Strunz und Arne Meyer, NDR Info, sowie Bettina Figl, "Wiener Zeitung"

Das Gebäude des US-Verteidigungsministeriums in Washington D.C. (USA). © dpa picture alliance Foto: Britta Pedersen
Das Pentagon will nach eigenen Angaben mit den Kooperationen mit ausländischen Forschungseinrichtungen Partnerschaften stärken.

Österreich ist neutral. So steht es in der österreichischen Verfassung. Österreich tritt deshalb keinen militärischen Bündnissen bei und auch Stützpunkte für ausländische Armeen sind tabu. Nicht ganz so strikt fällt die politische Abgrenzung allerdings in der Rüstungsforschung aus. Denn ebenso wie in Deutschland lässt das amerikanische Verteidigungsministerium auch an österreichischen Universitäten forschen. In den vergangenen fünf Jahren sind 8,8 Millionen Euro aus dem Pentagon an österreichische Unis und Forschungseinrichtungen geflossen.

Die Projekte, die mittlerweile in einer Liste veröffentlicht sind, sorgen an Österreichs Hochschulen für viel Gesprächsstoff. Selbst kritische Wissenschaftler mit viel Berufserfahrung wie Peter Weish von der Universität für Bodenkultur Wien sind überrascht. Schließlich sei diese Form der Drittmittelforschung in Österreich nie ein Thema gewesen. "Wenn es dann doch eine ganze Reihe von Instituten ist, die eine nicht ganz unerhebliche Summe bekommen, dann ist man darüber schon erstaunt", so Weish.

Universitäten sehen keine Probleme

Grafik "Forschung in Österreich vom Pentagon bezahlt". © Grafik
Das Pentagon bezahlt für Forschung in Österreich. Besonders die Akademie der Wissenschaften bekommt viel Geld für Projekte vom US-Verteidigungsministerium.

Egal ob es die Universität Wien, die Leopold Franzens Universität Innsbruck oder die Universität für Bodenkultur ist: Fast alle großen Unis in Österreich tauchen in der Liste auf. Und auch öffentliche Forschungseinrichtungen wie die Österreichische Akademie der Wissenschaften haben in den vergangenen Jahren Gelder des Pentagon erhalten. Mal geht es bei den Projekten um Krebsforschung, mal um Projekte in der Bio-Chemie. Viel Geld erhielt die Universität Wien. Hier arbeiteten Wissenschaftler im Auftrag der US-Luftwaffe an neuen Super-Computern, sogenannten Quanten-Rechnern.

Alles kein Problem, heißt es von Seiten der betroffenen Universitäten. Schließlich gehe es um Grundlagenforschung. Experten wie Jürgen Altmann vom deutschen Arbeitskreis für Physik und Abrüstung sehen das anders, schließlich sei das US-Militär keine gemeinnützige Einrichtung, die die Forschung fördern soll. "Nein, es ist die Einrichtung der USA, die im Zweifelsfall mit Anwendung von Gewalt die politischen Ziele durchsetzen soll", so Altmann. So sind Quantencomputer nicht nur von zivilem Nutzen. Sie könnten insbesondere für Geheimdienste wie die NSA spannend werden. Etwa wenn es darum geht, Verschlüsselungen zu knacken.

Pentagon will mit Kooperationen Partnerschaften stärken

Vor einigen Monaten haben NDR und "Süddeutsche Zeitung" über die Kooperationen zwischen dem US-Verteidigungsministerium und deutschen Wissenschaftlern berichtet. Tatsächlich finanziert das Pentagon nicht nur Forschungsaufträge in Deutschland und in Österreich, sondern auf der ganzen Welt. Nachzulesen ist das in öffentlich zugänglichen Präsentationen des Pentagons. Ziel der Forschungskooperation sei es demnach, Partnerschaften zu stärken. Nicht zuletzt wolle man "technologische Überraschungen" vermeiden. 

Forderung nach mehr Transparenz

Es sei höchste Zeit, auch in Österreich eine Debatte über Transparenz und Ethik an den Hochschulen führen, fordert jetzt Peter Weish. Und auch Jürgen Altmann sieht Handlungsbedarf. Nicht zuletzt angesichts der jüngsten Berichte zur Zunahme der Rüstungsforschung in Deutschland fordert Altmann grundsätzlich mehr Transparenz. "Man könnte auf europäischer Ebene Datenbanken einrichten, in denen alle Drittmittelprojekte angegeben werden", so Altmann.

Einen konkreten Schritt zu mehr Transparenz hat unlängst Niedersachsen gemacht. Aufgrund der NDR Berichte zur US-finanzierten Rüstungsforschung in Deutschland hatte Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Klajić (Die Grünen) eine Transparenz-Offensive eingeleitet. Alle öffentlichen Hochschulen sollen künftige ihre sicherheits- und rüstungsrelevanten Forschungsprojekte offen legen. Und solche Forschung, die der militärischen Geheimhaltung unterliegt, hat nach Ansicht von Heinen-Klajić an Niedersachsens Universitäten überhaupt nichts verloren, sagte die Ministerin NDR Info.

Einführung einer Zivilklausel in Österreich?

Und auch Österreich steuert derzeit auf eine politische Debatte über die Drittmittelforschung zu. An der Universität für Bodenkultur Wien wird bereits seit Längerem über mehr Transparenz und über die Einführung einer Zivilklausel debattiert. Diese soll die Mitarbeiter der Universität auf eine friedliche Forschung verpflichten. Und bereits jetzt haben die Grünen in Österreich angekündigt, dass sie das Thema "Pentagon-finanzierte Hochschulforschung" auch politisch aufarbeiten wollen. Eine parlamentarische Anfrage dazu sei bereits in Arbeit.

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NDR Info | Aktuell | 08.07.2014 | 18:30 Uhr

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