Deutsche Bank: Gewinne fließen um den Globus
Wenn es um Luxemburg geht, gerät die Deutsche Bank ins Schwärmen. Die Steuerpolitik sei wettbewerbsfähig, Investoren und Privatanleger hätten Planungssicherheit. Auf seiner Internetseite lobt das Finanzinstitut die "pragmatischen Behörden, die Genehmigungsverfahren zügig und unbürokratisch abwickeln". Wie sehr die Deutsche Bank selbst von den laxen Luxemburger Steuerregelungen profitiert hat, zeigen Dokumente aus den Luxemburg Leaks.
Im Datensatz finden sich "Tax Rulings", individuelle Vereinbarungen mit der Finanzbehörde, in denen es um äußert komplizierte Immobilienstrukturen geht. Seitenlang sind die Ausführungen über Firmen, ihre Töchter, die Geldflüsse, die Darlehen und natürlich auch über die zu zahlenden Steuersätze. Zwei der Konstruktionen sind derartig verschachtelt, dass selbst Experten viel Zeit benötigen, bis sie die Schaubilder durchdrungen haben: Denn die Gewinne aus realen Immobilien in Deutschland, Polen, Italien oder Frankreich wandern dabei mit mehreren Zwischenstopps einmal um den halben Globus - und landen schließlich in einer Steueroase. Warum das so ist, ist aus Sicht von Steuerfahndern und Steueranwälten eindeutig: Es geht darum, Steuern weitestgehend zu vermeiden - und genau dieses auch geschickt zu verschleiern.
Von den Cayman Islands über Malta bis nach Luxemburg
Die Schaubilder stammen aus der Feder der Berater von PricewaterhouseCoopers (PwC). Am 22. Februar 2006 beispielsweise setzen sie einen Plan auf für eine Finanzstruktur mit dem langen Namen Deutsche Bank Real Estate Global Opportunities IB. Das Fonds-Vehikel, abgekürzt DB Rego, hat auf den Cayman Islands seinen Sitz in bester Gesellschaft: In der 87 Mary Street, im Walker House, einer bekannten Briefkastenadresse. Von den Cayman Islands fließt das Geld dann über eine Finanzstruktur in Malta bis nach Luxemburg.
Auch dort hat man sich eine unter Insidern bekannte Adresse gesucht, die 5, rue Guillaume Kroll, ein Haus ohne Gesicht in der Anonymität des Industrieparks. Eine Standard-Anschrift, unter der etliche Briefkastenfirmen gemeldet sind. Die Deutsche Bank legt auf Anfrage von "Süddeutscher Zeitung" (SZ), NDR und WDR Wert darauf, dass sie "grundsätzlich Geschäftssitze und keine Briefkastenfirmen unterhält". Tatsächlich haben die Tochterfirmen der DB Rego in Luxemburg in der rue Guillaume Kroll nicht einmal einen Briefkasten, jedenfalls keinen, auf dem ihr Name steht. Aber auch dafür hat die Deutsche Bank auf Nachfrage eine Erklärung: Die Adressen seien zutreffend, es würden dort Geschäftsräume und Personal unterhalten. Da es aber keinen "Publikumsverkehr" gebe, sei die Frage nach "repräsentativen Merkmalen von theoretischer Natur". Wo das Geld nur hindurchfließt, da gibt es eben keinen Publikumsverkehr.
Hohe Gewinne bedeuten ohne Zinsen
Denn diese Tochtergesellschaften investieren wiederum in etliche Immobilienprojekte in Portugal , Frankreich, Niederlande, Italien und nicht zuletzt Deutschland. Der Finanztrick und das Prinzip dabei: Die Firmen geben sich Kredite (sogenannte "Profit Participating Loans", kurz: PPL) von einer Ebene zur nächsten, von der Luxemburger Tochter aus wird beispielsweise Geld an ein Immobilienprojekt in Deutschland verliehen. Wird der Kredit aus Deutschland über Zinsen zurückgezahlt, wird das in Luxemburg als Verschuldung anerkannt und kann so von der Steuer abgesetzt werden. Im Falle der PPL berechnen sich die Zinsen nach dem Unternehmenserfolg. Hohe Gewinne bedeuten also hohe Zinsen – in Luxemburg aber fallen darauf dann den Dokumenten zufolge offenbar zuweilen weniger als ein Prozent Steuern an.
Gewinne fließen in Luxemburger Gesellschaft
In Deutschland wird die verschachtelte Fonds-Welt sehr konkret: Am Ende der Geld-Kette steht das Unternehmen RHH Landmark Immobibilien, eine GmbH aus Eschborn, vor allem aber eine 95-prozentige Tochter der Luxemburger Gesellschaft. Eines der jüngsten Millionengeschäfte der RHH war dem Immobilienmagazin "Deal" eine Meldung wert: Die RHH hat am 30. April 2014 ein 5.7000 Quadratmeter großes Grundstück an die Region Nord des Immobilienunternehmens Aurelis Real Estate verkauft. "Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart". Wie in diesem Fall die Erlöse und Gewinne versteuert wurden, darüber möchte die Deutsche Bank keine Angaben machen. Und zur Frage, wie hoch die Steuervorteile der Deutschen Bank und ihrer Investoren durch die Gesamtkonstruktion insgesamt waren, erklärt sie "nicht signifikant". Laut PWC-Schreiben vom 29. Juli 2009 im Auftrag der Deutschen Bank, fließen die Gewinne der deutschen KG in die Luxemburger Gesellschaft und werden dort versteuert.
Deutsche Bank: "Nie Steuergestaltungsmodelle angeboten"
Aus Sicht der Deutschen Bank ging es aber in diesem Fall nicht darum, Steuern zu sparen, sondern ums Investment. Sie habe nie Steuergestaltungsmodelle angeboten, erklärt sie schriftlich SZ, NDR und WDR. Auch würde sie nicht alles, was legal ist, auch umsetzen. Warum sie dann aber ausgerechnet dieses Modell umgesetzt hat und dabei zusätzlich zu Luxemburg noch den Umweg über den Niedrig-Steuer-Standort Malta gewählt hat, bleibt ihr Geheimnis. Nur so viel: Man entscheide, was sinnhaft für das Produkt sei und konform mit dem rechtlichen Rahmen.
Ob der rechtliche Rahmen in diesem Fall konform ist, hat damals auch die Luxemburger Steuerverwaltung geprüft. Das umfangreiche Schreiben der PWC Berater liegt vergleichsweise lange im Büro "Sociétés 6". Erst 14 Tage später stempelt der zuständige Beamte Marius Kohl das Dokument ab - was dann soviel bedeutet wie: es ist genehmigt, legal. So also kann ein "zügiges Genehmigungsverfahren" aussehen.
Ein Fernseh-Interview lehnte die Deutsche Bank ab. Und als ein Fernseh-Team des NDR bei der Niederlassung der Deutschen Bank in Luxemburg Außenaufnahmen machen wollte - wohlgemerkt von öffentlichem Boden aus, da rief ein Wachmann sofort die Polizei. Es kamen zwei freundliche Beamte, von denen einer ganz offen sagte: Im Moment seien sie hier alle ein bisschen nervös. Es gebe erhöhte Sicherheitsvorkehrungen derzeit. Mit Steuervermeidung aber habe das nichts zu tun.