Studie zu Ballaststoffen: Wie Ernährung das Immunsystem beeinflusst
Bereits wenige Tage ohne Ballaststoffe können den menschlichen Körper stark schwächen. Ebenso schnell können Ballaststoffe das Immunsystem auch wieder stärken. Hamburger Forschende fanden eine mögliche Erklärung dafür.
Ungesunde Ernährung ist nicht nur durch Vitamin- und Mineralstoffmangel gekennzeichnet, sondern auch dadurch, dass sie wenig Ballaststoffe enthält - also pflanzliche Faser- und Quellstoffe. Diese sind für den Menschen zwar unverdaulich, aber sie schützen vor Erkrankungen wie Diabetes, Adipositas und Bluthochdruck. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt deshalb, mindestens 30 Gramm Ballaststoffe pro Tag zu sich zu nehmen. Der Immunologe Nicola Gagliani vom Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) führte eine Studie zum Einfluss von Ernährung auf das Immunsystem durch - auch, um sich selbst zu motivieren, gesünder zu essen, erzählte er.
Immunologie-Studie an Mäusen zeigt Einfluss auf T-Zellen
Das Hamburger Forschungsteam führte für seine Studie verschiedene Experimente durch - zunächst an Mäusen. Die Tiere erhielten über drei Monate eine sehr ausgewogene Ernährung, fettarm und mit vielen Ballaststoffen. Dann folgte drei Tage lang eine Ernährung, die sehr fettreich und ballaststoffarm war. Danach infizierten die Forschenden die Mäuse mit Bakterien, unter anderem mit Salmonellen. Es zeigte sich, dass die Konzentration an Krankheitserregern im Blut der Mäuse höher und die Konzentration an T-Zellen geringer war. T-Zellen sind als Teil des erlernten Immunsystems wichtig für die Abwehr von Krankheitserregern. Aus den Ergebnissen schlussfolgerten die Forschenden, dass die Mäuse nach der ballaststoffarmen Ernährung stärker erkrankten als nach der ausgewogenen.
Forschende untersuchen Ballaststoffmangel bei Menschen
Anschließend wollten die Forschenden überprüfen, wie relevant diese Ergebnisse für den Menschen sind. Dazu untersuchten sie, wie gut das erlernte Immunsystem von menschlichen Probanden nach fünf Tagen mit einer ballaststoffreichen Diät funktionierte - und dann noch einmal nach fünf Tagen mit einer ballaststoffarmen. Auch bei den menschlichen Probanden sank die T-Zellen-Konzentration. Deshalb schlussfolgerten die Forschenden, dass die ungesunde Ernährung auch das Immunsystem der Menschen schwächte. "Anders als bei den Mäusen konnten wir die Menschen aus ethischen Gründen natürlich nicht einfach mit Krankheiten infizieren," sagte Gagliani.
Schlüsselfunktion nehmen Darmbakterien ein
Die Forschenden vermuten, dass das Immunsystem der Menschen und auch das der Mäuse nach der ballaststoffarmen Ernährung geschwächt war, weil die Darmbakterien keine Nahrung bekamen. Andreas Schlitzer arbeitet als Systembiologe an der Universität Bonn. Er war an der Studie nicht beteiligt, untersucht aber etwas Ähnliches: die Reaktion des angeborenen Immunsystems auf die Ernährung. Seine Ergebnisse untermauern die der Hamburger Forschungsgruppe: Eine Schlüsselfunktion nehmen die Darmbakterien ein: "Wir leben in einer Gemeinschaft mit unserer Mikrobiota. Sie produzieren für uns lebenswichtige Stoffe, die wir nicht selber herstellen können." Es gehe vor allem um kurzkettige Fettsäuren, die eine wichtige Rolle bei der Zellerneuerung spielen. Denn durch sie werden bestimmte Gene vermehrt abgelesen. Außerdem dienen die kurzkettigen Fettsäuren als Energielieferanten.
Schneller Einfluss durch Ernährung
Interessant finden die Forschenden vor allem, wie schnell die Mäuse und auch die menschlichen Probanden auf die Ernährungsänderungen reagieren - im Positiven wie im Negativen. Das bedeutet zwar einerseits, dass man bereits nach wenigen Tagen mit ballaststoffarmer Ernährung - also klassischen Cheat Days - leichter erkrankt. Andererseits bedeutet es aber auch, dass das Immunsystem bereits nach wenigen Tagen mit vielen Vollkornprodukten, Obst und Gemüse wieder gestärkt wird.