Homeoffice auf Mallorca mit Blick auf das Meer © privat Foto: privat

Homeoffice: Arbeiten, egal wo?

Stand: 29.04.2021 06:00 Uhr

Das Coronavirus hat die Arbeitswelt kräftig durcheinandergewirbelt: Homeoffice, Telefonkonferenzen, Videochats - vor allem für Beschäftigte in typischen Bürojobs hat sich viel verändert.

von Isabel Lerch

Für die junge Wirtschaftsinformatikerin Sarah bedeutet die Arbeit in Corona-Zeiten vor allem eines: Flexibilität. Die Zeit kann sie sich freier einteilen als vorher - sehr praktisch, findet die Hobbysportlerin. Im Pandemie-Arbeitsalltag hat sie sich deshalb angewöhnt: "Ab und zu gehe ich auch mal in der Mittagspause laufen oder morgens früh. Der Anfahrtsweg zur Arbeit fällt weg, man setzt sich einfach an den Schreibtisch und legt los. Man kann hier einfach alles so viel flexibler gestalten."

Homeoffice auf Mallorca

Hier - das ist nicht etwa Hannover, wo die 33-Jährige sonst bei einem großen Konzern als Innovationsmanagerin arbeitet. Hier - das ist für Sarah seit einigen Wochen Mallorca. Zusammen mit ihrem Freund hat sie sich in ein Apartment eingemietet. Beide trainieren aktuell für einen Triathlon und können zeitlich flexibel arbeiten. Während Sarah nach drei Monaten Sabbatical in ein paar Tagen wieder voll in ihren Job einsteigt, arbeitet ihr Freund, der Geschäftsführer eines kleinen IT-Unternehmens ist, bereits im neuen, mediterranen Büro, mit einem eigenen Rhythmus: "Als Sarah noch nicht hier war, bin ich trainieren gefahren und habe mich abends nach dem Essen noch mal zwei Stunden hingesetzt und gearbeitet. Jetzt versuche ich natürlich möglichst viel Zeit mit Sarah zu verbringen. Das heißt, man quetscht irgendwie alles in den Tag rein, aber das geht schon."

Alles vermischt sich

Privates, Arbeit, Sport - alles vermischt sich. Work-Life-Integration nennen Fachleute wie Wilhelm Bauer diese Art der individuellen Arbeitsorganisation, die mitunter sehr herausfordernd sein kann: "Das haben wir jetzt gerade sehr stark erlebt in der Pandemie. Es wird gearbeitet, nebenher wird Homeschooling gemacht. Das ist Multitasking pur - teilweise Tag und Nacht. Aber das ist jetzt in der Pandemie einfach nötig. Manche finden das auch richtig gut. Die allermeisten finden es sehr, sehr anstrengend und sind froh, wenn diese extreme Art vorbei ist. Aber was natürlich bleibt, ist, ich kann stärker beeinflussen, wann und wo ich arbeite."

Viele Betriebe wollen an flexiblem Arbeiten festhalten

Ob man es gut findet oder nicht: Vieles davon wird voraussichtlich bleiben, davon ist Wilhelm Bauer vom Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft überzeugt. Eine neue Studie seines wissenschaftlichen Teams zeigt klar: Viele Unternehmen wollen die Erfahrungen des flexiblen Arbeitens - allen voran das Homeoffice - auf die eine oder andere Art beibehalten. So wie DB Schenker, der international tätige Logistikdienstleister der Deutsche Bahn Gruppe. Erik Wirsing leitet dort den Bereich Global Innovation: "Ich glaube, wir werden einiges aus der Pandemie mitnehmen: Viele Reisen werden überflüssig, da vieles virtuell erledigt werden kann. Aber natürlich stößt man irgendwann an seine Grenzen."

Noch viele Fragen offen

Was in der Theorie so einfach klingt, wirft in der Praxis noch viele Fragen auf. So berichtet Wirsing, dass sie sich momentan intensiv überlegen, wie sie die Arbeit nach Corona organisieren: "Da stellen sich zum Beispiel die Fragen, wie viele Tage muss man im Betrieb anwesend sein. Oder wie ist das mit den steuerrechtlichen Aspekten. Und natürlich geht es auch um die richtige IT-Ausstattung und die Frage, welche Themen sich wirklich von zu Hause machen lassen. Das muss man sich alles überlegen."

Arbeitswelt der Zukunft wird offener sein

Wirsing ist mit seinem Team bei DB Schenker noch lange nicht am Ende dieses Transformationsprozesses. Doch egal wie der ausgeht, Arbeitswissenschaftler Bauer ist überzeugt: "Die Arbeitswelt der Zukunft wird viel differenzierter sein. Sie wird offener sein, wir werden viel mehr Kommunikation mit viel mehr Menschen haben. Der Vernetzungsraum wird viel größer sein in der Zukunft. Und das führt natürlich dazu, dass das Individuum selber letztendlich viel mehr Freiheiten hat."

Egal, ob Hannover oder Mallorca

Freiheiten, die Sarah und ihr Freund Martin bereits heute nutzen: "Ob ich im Homeoffice in Hannover oder auf Mallorca sitze, macht eigentlich gar keinen Unterschied. Der Blick aufs Meer ist einfach das Schöne - so ein bisschen Urlaubsfeeling. Und wenn einen das Meeting mal nervt, dann schaut man einfach aus dem Fenster aufs Meer und alles ist gut."

Ein Zurück zum Vorher wird es nicht geben

Es muss ja nicht gleich Mallorca sein - aber klar ist: Auch nach Corona wird es andere Arbeitsorte geben als nur das klassische Büro. Auch wenn für Beschäftige und Unternehmen noch viele organisatorische und rechtliche Fragen offen sind: Ein Zurück zum Vorher wird es nicht geben. Arbeitsfachleute sprechen daher schon jetzt von einem "New Normal".

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Wirtschaft und Soziales | 29.04.2021 | 07:41 Uhr

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