Kommunale Manager halten Gehälter geheim
Fast alle Landkreise und Kommunen in Norddeutschland sind an einem oder mehreren kommunalen Unternehmen beteiligt. Doch die Chef-Gehälter dieser Betriebe sind oft geheim. Das ergab eine Panorama 3 Recherche unter allen Kreisen, kreisfreien Städten und Städten mit mehr als 70.000 Einwohnern. Dabei wurden in der Regel nur Unternehmen berücksichtigt, deren Anteile zu mindestens 50 Prozent direkt von Kreisen und Städten gehalten werden oder bei denen die Kommunen als Träger fungieren. Die Spanne der Angaben reicht von unbezahlten Nebentätigkeiten bis zu Jahreseinkommen von rund 900.000 Euro.
Karte: Welcher Landkreis gab Auskunft? (Rot = keine Angaben/Grün = Es liegen Daten vor)
Praktisch keine Transparenz in Niedersachsen
Schlusslicht ist Niedersachsen: Hier legten nur 0,09 Prozent der kommunalen Unternehmen die Bezüge Ihrer Geschäftsführer und Vorstände offen. Lediglich in Osnabrück gaben eine Reihe von Führungskräften ihre Gehälter personengenau preis. Der Landkreis Emsland nannte immerhin den Rahmen, in dem sich die Gehälter seiner Geschäftsführer bewegen.
In Schleswig-Holstein sind in rund der Hälfte der angefragten Städte und Kreise nahezu alle Gehälter der kommunalen Unternehmen öffentlich. Etwas besser sieht es in Mecklenburg-Vorpommern aus: Hier ist in den meisten Kreisen sowie in Rostock und Schwerin eine Vielzahl von kommunalen Chefgehältern für die Bürger abrufbar. Geheimniskrämer gibt es jedoch auch hier: in den Landkreisen Vorpommern-Rügen und Vorpommern-Greifswald. Vorbildlich ist die Situation in Hamburg und Bremen: Hier ist eine Vielzahl von Bezügen kommunaler Geschäftsführer und Vorstandschefs für jeden einsehbar.
Spitzengehälter in Hamburg
Kreise und Städte in Norddeutschland sind an Hunderten Unternehmen direkt oder indirekt über Tochterunternehmen beteiligt. Absoluter Spitzenreiter ist die Stadt Hamburg mit 405 Beteiligungen (2015). In den Kreisen liegen die Bezüge der Geschäftsführer im Durschnitt deutlich unter denen von Unternehmen in großen Städten. Spitzenverdiener war der Vorstandschef der Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA), Klaus-Dieter Peters, mit 950 000 Euro im Jahr 2014. Sein Kollege Frank Dreeke von der Bremer Lagerhaus Gesellschaft (BLG) bezog im gleichen Zeitraum rund 90.000 Euro weniger.
In Niedersachsen verdienten die Führungseben der Stadtwerke Hannover AG, der Sparkasse Hannover und des Klinikums Region Hannover vergleichsweise viel Geld. In Mecklenburg-Vorpommern gehört der Chef der Stadtwerke Schwerin, Josef Wolf, mit 257.000 Jahreseinkommen in 2015 zu den Großverdienern. In Schleswig-Holstein fallen die hohen Jahresbezüge der Sparkassenvorstände zwischen 174.000 und 531.000 Euro auf, die allerdings auch nur in diesem norddeutschen Bundesland personengenau angegeben sind.
Transparenz per Gesetz
Die Offenlegung von Gehältern kommunaler Manager ist in den meisten norddeutschen Bundesländern eigentlich klar geregelt. In Hamburg gilt seit 2012 das Transparenzgesetz. In Mecklenburg-Vorpommern steht schon seit 2011 ein Passus in der Kommunalverfassung, der eine Offenlegung der Chefgehälter bei kommunalen Unternehmen erzwingt. Schleswig-Holstein hat seit dem vergangenen Jahr das sogenannte Vermögensoffenlegungsgesetz. Trotzdem halten sich viele kommunale Unternehmen in Norddeutschland nicht daran.
Im Vergleich zu den anderen norddeutschen Ländern existiert in Niedersachsen bislang noch kein Informationszugangs- oder Transparenzgesetz, das die kommunalen Unternehmen dazu zwingen könnte, die Gehälter der Führungsetage zu veröffentlichen. Und das, obwohl die rot-grüne Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag 2013 ein derartiges Gesetz angekündigt hat. Laut dem zuständigen niedersächsischen Justizministerium befindet sich das Gesetz in einem "Abstimmungsprozess innerhalb der Landesregierung". Derzeit sei "nicht absehbar", wann ein konkretes Ergebnis vorliege.
Städtetag lehnt Gesetz ab
Stefan Wittkop vom niedersächsischen Städtetag will die Offenlegung sogar verhindern: "Der Städtetag lehnt das Gesetz strikt ab." Es gebe aktuell schon genug Möglichkeiten für die Bürger sich Informationen zu beschaffen. Ähnlich sehen es Vertreter des Landkreistags und des Städte- und Gemeindebundes in Niedersachsen. Sollte es zu einer Offenlegung der Geschäftsführergehälter kommen, befürchtet Wittkop eine "Neiddebatte."
Aus Sicht von Bernhard Zentgraf vom Bund der Steuerzahler ist das allerdings eine "Schutzbehauptung". Die solle dazu beitragen, "dass man etwas weiter geheim halten kann, von dem man meint, es ginge den Bürger nichts an." Er weist darauf hin, dass die Gehälter von Bürgermeistern und Landräten öffentlich sind. Die Bürger hätten ein berechtigtes Interesse zu erfahren, was die Chefs von kommunalen Unternehmen verdienen. "Niedersachsen hinkt hier gewaltig hinterher und das ist nicht einzusehen."