Hamburg: Bildungspaten helfen Kindern und wohnen dafür mietfrei

Stand: 23.09.2023 05:00 Uhr

Seit rund zehn Jahren gibt es die Initiative "Tausche Bildung für Wohnen" in NRW. Im Sommer wurde das erste Haus des Sozialprojekts in Norddeutschland eröffnet: die "Tauschbar" in Hamburg-Steilshoop.

von Jessica von Kageneck und Merle von Kuczkowski

Die Idee von "Tausche Bildung für Wohnen" ist ebenso einfach wie gewinnbringend für alle Beteiligten: Junge Menschen, sogenannte Bildungspaten, unterstützen Kinder in strukturschwachen Stadtteilen beim Lernen und bei der Freizeitgestaltung. Dafür werden sie geschult und leben dann kostenlos in einer Wohngemeinschaft mit anderen Projektteilnehmern. Als zusätzliche Vergütung bekommen sie ein Taschengeld.

Kostenlos Bildungspaten für Familien in Steilshoop

Im Sommer hat in Hamburg-Steilshoop das erste Haus der Initiative eröffnet. In einem alten Gewerbepavillion ist auf 140 Quadratmetern ein Ort zum Lernen und Spielen entstanden. Sechs Bildungspaten kümmern sich hier jetzt um die ersten 35 angemeldeten Kinder. Für rund 100 wäre Platz. Die Jungen und Mädchen nehmen zwei Mal wöchentlich an kostenloser Lernförderung teil und können am Wochenende und in den Ferien Freizeitprogramme besuchen. Das komplette Angebot wird von den Bildungspaten konzipiert und ist für die Familien des Stadtteils kostenlos.

Ein Mädchen steht vor einer Kreidetafel und schreibt in Schreibschrift "Ja". © imago/photothek Foto: imago/photothek
AUDIO: Soziales Projekt in Hamburg: Tausche Bildung gegen Wohnen (4 Min)

Yorva Wahl kommt aus Berlin und ist zum ersten Mal von zu Hause weg. Für ein Jahr wird die 20-Jährige Bildungspatin in der "Tauschbar" in Hamburg-Steilshoop sein. Der Stadtteil hat viele Hochhäusern, hier leben Menschen verschiedenster Nationalitäten und viele bildungsferne Familien.

Für die Kinder ist Yorva Freundin und Lehrerin zugleich. "Ich versuche vor allem, den Kindern zu zeigen, dass sie mir vertrauen können, dass sie bei mir sicher sind. Aber auf eine Art und Weise, bei der nichts von oben herab kommt", erklärt die Berlinerin.

FSJ als Bildungspate in Hamburg

Die Bildungspaten absolvieren meist ein "Freiwilliges Soziales Jahr" (FSJ), einige machen die Arbeit auch ehrenamtlich. Die Kinder, die an dem Programm teilnehmen, kommen aus finanzschwachen Familien. Ohne entsprechende Angebote ist es für sie, belegt durch Zahlen des Statistischen Bundesamtes, schwierig, schulisch und beruflich mehr zu erreichen als ihre Eltern. Das Ziel der Initiative ist es deshalb, Bildungsarmut zu bekämpfen und mehr Chancengleichheit herzustellen.

"Wir können Menschen sein, die für die Kinder da sind. Die ihnen zeigen: Du bist okay so, wie du bist! Damit sie nicht immer nur hören: Du bist anstrengend, du bist zu laut, wir haben keinen Platz. Was zu Hause und in der Schule passieren kann", berichtet Anna-Sophie Hippke, Geschäftsführerin und Vereinsvorstand von "Tausche Bildung für Wohnen".

Bildungspaten gibt es auch in Bremerhaven

So eine Art Patenschaft wie bei dem Hamburger Projekt gibt es beispielsweise auch zwischen Studierenden und Schülern in Bremerhaven. Junge Menschen wie Yorva können sich in den Programmen neu orientieren, eine andere Sicht auf die wesentlichen Dinge des Lebens bekommen. Die "Tauschbar" in Hamburg soll laut Initiatoren Anstoß und Anker sein - für die Kinder im Stadtteil und auch für die Bildungspaten.

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