Vorschulkinder werden von ihrem Vater abgeholt (Themenbild) © Scandinav imagebank.sweden.de
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AUDIO: Ist Schweden ein Vorbild bei der Gleichberechtigung? (4 Min)

Gleichberechtigung: Warum läuft's besser für Frauen in Schweden?

Stand: 08.03.2023 09:59 Uhr

Schweden gilt als führend bei der Umsetzung von Gleichberechtigungs-Modellen. Jeder zweite Vater nimmt Elternzeit und es gibt kein Ehegatten-Splitting.

von Sofie Donges, ARD Studio Stockholm

Lennart Dahlgren muss schmunzeln, wenn er sich das alte Video von 1978 ansieht: Damals war er ein erfolgreicher Gewichtheber mit breitem Kreuz und wilden, roten Haaren. Und er war das Gesicht der staatlichen Kampagne für "pappaledighet" - das ist das schwedische Wort für Elternzeit für Männer. Man sieht ihn, wie er mittags in einer Kita ein Kind abholt und dabei jede Menge Blödsinn macht - das Video lief rauf und runter im Fernsehen. Dahlgren: "Das war eine erfolgreiche Kampagne. Viele Männer nahmen daraufhin Elternzeit und brauchten sich dafür nicht zu schämen, denn diese Kampagne hat ja vermittelt: Das ist völlig normal."

Johanna Öberg im Porträt. © ARD Foto: Sofie Donges
Mutter und CEO Johanna Öberg freut sich, dass Schweden so fortschrittlich ist.

Heute nimmt jeder zweite Vater in Schweden Elternzeit - allerdings deutlich weniger Monate als die Frauen. Seit Jahren liegt Schweden vorne in der EU in Sachen Gendergerechtigkeit, das belegt der sogenannte Gender Equality Index: Macht, Ausbildung, Gesundheit - ganz verschiedene Bereiche werden dafür ausgewertet. Ein wesentlicher Faktor für Schwedens Erfolg ist: Viele Frauen sind berufstätig und Männer übernehmen überdurchschnittlich viel Care-Arbeit. Es gibt kein Ehegattensplitting, das System ist darauf ausgelegt, dass jede und jeder das eigene Geld verdient. Und in den Vorständen börsenorientierter Unternehmen sitzen in Schweden ohne festgelegte Quote deutlich mehr Frauen als in Deutschland.

Jeder verdient sein eigenes Geld

Johanna Öberg ist eine diese beruflich sehr erfolgreichen Frauen: Sie ist Chefin eines internationalen Unternehmens im Gesundheitssektor, eine erfahrene CEO und Mutter von drei Kindern. Die Frage, wo die eigentlich sind, während Öberg in Meetings sitzt oder auf Geschäftsreisen ist, würde ihr in Schweden niemand stellen: "Diesen Punkt haben wir in Schweden schon lange überwunden, das passiert mir hier nicht."

Lennart Dahlgren in einer Video-Szene eines schwedischen Werbefilms für die Elternzeit von Vätern. © ARD Foto: Sofie Donges
Mit dieser Kampagne machte Schweden in den 1970er-Jahren Werbung für Väter-Elternzeit.

Dass Kinder ganztags in Kita und Schule sind, ist genauso normal wie die Tatsache, dass auch eine Vorstandsvorsitzende sie öfter mal um 16 Uhr abholen kann. Denn Eltern dürfen am späten Nachmittag und frühen Abend nicht erreichbar sein, das ist in Schweden ungeschriebenes Gesetz. Doch der Ist-Zustand ist noch lange nicht perfekt, kritisiert Johanna Öberg. "Politisch ist die Frage der Elternzeit sehr wichtig. Ich finde, dass beide Elternteile jeweils ein Drittel übernehmen müssten und sich die restliche Zeit einteilen sollten. Aus einer Gleichberechtigungsperspektive wäre das der richtige Weg."

Das findet auch Amanda Lundeteg, Vorsitzende der schwedisch-deutschen Allbright Stiftung für mehr Diversität in den Chefetagen. Schweden befinde sich auf einem hohen Niveau - keine Frage, sagt sie. Doch das Thema "Frauen in Führung" spiele hier derzeit kaum eine Rolle - ganz anders in Deutschland: "Deutschland ist wirklich interessant. Deutschland hat eine schlechtere Ausgangslage als Schweden, aber kümmert sich um das Thema sehr stark. Es gibt massiv Druck auf Unternehmen. Schwedische Firmen müssen aufpassen, dass die Deutschen nicht an ihnen vorbeiziehen."

Zurück im Wohnzimmer bei dem inzwischen 70-jährigen ehemaligen Gewichtheber Lennart Dahlgren. Er selbst war nie in Elternzeit, aus finanziellen Gründen, sagt er. Und er würde heute für eine neue Kampagne für Elternzeit für Männer nicht mehr zur Verfügung stehen. Denn dass Elterngeld gekürzt wird, wenn nicht auch der Vater Elternzeit nimmt, das geht ihm deutlich zu weit.

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