Die Suche nach Alternativen zum Glyphosat
Das Wort Pflanzenschutzmittel hört sich erst einmal harmlos an - und sogar positiv, denn immerhin enthält es das Wort "Schutz". Aber nicht zuletzt sind Pflanzenschutzmittel, also Pestizide und Herbizide, nichts anderes als Gifte. Werden durch sie Insekten getötet, verschwinden sie auch als Nahrungsgrundlage für andere Tiere. Gerade das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ist nicht nur deshalb in der EU im Moment stark umstritten. Es steht seit Langem im Verdacht, krebserregend zu sein. Trotzdem wird es in Deutschland noch immer auf rund 40 Prozent der landwirtschaftlichen Felder gespritzt. Manche Wissenschaftler suchen nach umwelt- und gesundheitsfreundlicheren - und gleichzeitig effektiven - Alternativen.
Unkraut auf dem Feld ist für Naturschützer eigentlich die falsche Bezeichnung. Sie sprechen lieber von Wildkräutern oder Beikraut, denn Disteln, Giersch, Ackerwinde und Co. sorgen auf dem Acker für Artenvielfalt und bieten zum Beispiel Insekten wichtige Nahrung. Ein Acker voller Wild- oder Beikräuter gefährdet aber die Getreideernte. Die Unkrautvernichtungsmittel sind für manche Landwirte trotzdem keine Lösung mehr. Wie zum Beispiel für Thomas Mehring, der auf mechanische Verfahren setzt und auf die Chemie auf seinen Feldern verzichtet: "Es ist schon eine Herausforderung. Es ist ein anderes Arbeiten, eine Herausforderung mit Höhen und Tiefen."
Mehring entfernt das Beikraut mit einer riesigen Metall-Hacke, einem zwölf Meter breiten Striegel hinter seinem Trecker: "Das sieht hinterher ziemlich gerupft aus, muss man sagen. Wir haben das hier ausprobiert, aber es ist definitiv so, dass die Unkrautpflanzen rausgerissen werden. Das Getreide kriegt hier gelegentlich auch einen mit, aber in der Regel erholt es sich wieder. Man muss das ein bisschen kompensieren durch eine höhere Aussaat. Ganz frei von Verlusten sind diese Verfahren nie."
Auch Städte und Gemeinden müssen handeln
Verluste, die mit chemischen Mitteln nicht auftreten würden. Wissenschaftler suchen nach weiteren, effektiveren Alternativen für Pestizide und Herbizide. Überall in Städten und Gemeinden - nicht nur in der Landwirtschaft - gibt es es Grünflächen sowie Wiesen und Wälder, die gepflegt werden müssen. In Städten ist der der Einsatz von Pestiziden aber in der Regel nicht erlaubt. Arnd Verschwele, Leiter des Instituts für Pflanzenschutz am Julius Kühn-Institut in Braunschweig, entwickelt mit seinen Kollegen neue, überall einsetzbare Möglichkeiten des Pflanzenschutzes: "Wenn chemische Verfahren nicht gehen, bleiben nur mechanische und thermische Verfahren. Wir haben einen Versuch gemacht und Löwenzahn mit heißem Wasser behandelt. Letztendlich führt das irgendwann zum Erfolg, wenn man es immer wiederholt. Die Pflanze kann sich nicht mehr aus der Wurzel heraus regenerieren."
Auf befestigten Flächen wie Plätzen funktioniert das, aber auf Wiesen wird es kritisch, denn mit dieser Methode werden auch Blumen abgetötet. Darum gibt es für große Grünanlagen in den Städten auch immer noch die Möglichkeit, eine Ausnahmegenehmigung für den speziellen Einsatz von Pestiziden zu beantragen.
Interessante Ergebnisse eines Langzeitversuchs
In der Landwirtschaft können sich viele Betriebe einen Totalverzicht und die daraus resultierenden Ernteeinbußen häufig auch schlicht und ergreifend nicht leisten. In manchen Forschungsinstituten wird darum an einem integrierten Pflanzenschutzkonzept gearbeitet. Darin geht es um eine Reduzierung der Pflanzenschutzmittel. Klaus Gehring und sein Team an der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft untersuchen in einem Langzeitversuch, wie sich eine solche Reduzierung auf dem Acker auswirkt.
Langzeitversuch heißt: Die Wissenschaftler beobachten seit Jahren die genauen Auswirkungen. Jetzt konnten die Forscher Bilanz ziehen: Eine Reduzierung von 25 Prozent der Pflanzenschutzmittel brachte keine großen Ernteverluste. Erst eine darüber hinausgehende Reduzierung führte zu Ernteeinbußen - und auch zu Qualitätsmängeln des Getreides. Die Versuche in Bayern haben auch gezeigt, dass schon ein tiefes Umpflügen der Äcker das Beikraut im Wachstum hemmt.
Roboter sind in der Erprobungsphase
Eine weitere Möglichkeit, um den Einsatz von chemischen Mitteln auf den Feldern zu reduzieren, seien noch andere mechanische Methoden, so der Forscher Arnd Verschwele: "Es gibt Systeme, die können die Reihe der Kulturpflanzen erkennen. Da gibt es mittlerweile einiges an technischer Unterstützung: GPS-Ortung, Kameras und Bildanalysesysteme." Sie ermöglichen es dem Landwirt, beim Spritzen auf dem Acker das Unkraut direkt durch eine Kamera an den Spritzdüsen zu erkennen und dann nur dort zu spritzen, wo sich auch wirklich Unkraut befindet: "Roboter wären dann der nächste Schritt! Da gibt es einige, die Unkrautpflanzen erkennen können und vernichten können. Aber das ist noch in der Erprobungsphase."
Miniroboter, die mit Sensoren ausgestattet permanent über den Acker fahren und dabei Schädlinge, Unkräuter und Pflanzenkrankheiten erkennen und punktgenau behandeln könnten, das sei allerdings noch absolute Zukunftsmusik, glaubt der Pflanzenschutz-Experte der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Klaus Gehring: "Der Casus Knacksus ist der monetäre Aufwand, die Kosten. Wenn Sie dadurch an Herbiziden 50 Euro pro Hektar einsparen, können sie damit keine Technik finanzieren, die mehrere Tausend Euro kostet."