Der erste Erdbeckenspeicher Deutschlands wird in SH gebaut
Die Energiewende bringt spektakuläre Bauvorhaben auch in kleine Orte. So wie aktuell in Meldorf im Kreis Dithmarschen. Hier wird nach dänischem Vorbild der erste Erdbeckenspeicher Deutschlands gebaut.
In den vergangenen Wochen haben Bagger auf einem Feld nahe des 7.000-Einwohner-Ortes eine riesengroße Grube ausgehoben: siebeneinhalb Meter tief, die Seiten jeweils 75 Meter lang. Das Erdbecken wird ein Warmwasserspeicher mit einem Fassungsvermögen von 45 Millionen Litern. Dafür muss die Grube wie ein Teich mit einer speziellen Folie ausgelegt werden. Dann wird das Becken mit Wasser befüllt, was aufgrund der Größe drei Wochen dauern wird.
Beheizt wird das Wasser mit Abwärme unter anderem aus der Trocknungsanlage der benachbarten Druckerei. Die Abwärme wird das Wasser im Becken auf rund 70 Grad aufheizen. Bei Bedarf, etwa im Winter, gibt der Speicher die Energie wieder ab. So sollen künftig die Schule und das Museum des Ortes kostengünstig und umweltschonend beheizt werden.
Erdbeckenspeicher: Abwärme-Nutzung nach dänischem Vorbild
Europaweit führend im Einsatz von Erdbeckenspeicher ist Dänemark, wo bereits einiger solcher Anlagen gebaut wurden. Die Bauten werden als Multifunktions-Wärmespeicher genutzt und beispielsweise mit industrieller Abwärme oder Sonnenkollektoren betrieben. Das Wasser kann die Wärme aus den unterschiedlichen Quellen für mehrere Tage und bei Bedarf auch saisonal vom Sommer bis in den Winter speichern. Der größte Erdbeckenwärmespeicher steht im dänischen Vojens, fasst rund 200.000 Kubikmeter Wasser und versorgt damit 2.000 Haushalte mit Wärme.
Im schleswig-holsteinischen Meldorf sollen langfristig 55 Gebäude mit dem Erdbeckenspeicher beheizt werden. Hier wird mit Unterstützung einer dänischen Firma gebaut, die schon einige dieser Becken fertiggestellt hat. Doch trotz der Erfahrung gibt es Schwierigkeiten, so Projektentwickler Peter Bielenberg. "Wir haben den Speicher im Marschboden gebaut, was wegen des hohen Grundwasserdrucks eine besondere Herausforderung ist", sagt er.
Der Deckel des Energiespeichers ist die Herausforderung
Der Boden musste vorab entwässert und Drainagen verlegt werden. Im Mai konnten die Bagger- und Entwässerungsarbeiten beginnen. Demnächst legen die Arbeiter die Grube mit Abdichtungsbahnen aus. Außerdem fehlt noch die Abdeckung, die die Wärme im Becken hält. Hier ist noch viel Entwicklungsarbeit gefragt, sagt Projektentwickler Bielenberg. Deckel von dänischen Anlagen möchte er nicht übernehmen.
"Die Herausforderung ist, die Schwimmfähigkeit und die Stabilität zu erhalten. In Dänemark wurden die Deckel teilweise zwei Mal gebaut, weil der erste verrutscht ist und es dann Probleme mit dem Regenwasser gab", erklärt der Ingenieur. Unterstützung findet er beim Steinbeis-Institut in Braunschweig. Dort lässt Bielenberg einen Probebehälter bauen und mit kleineren Deckeln experimentieren.
Bevor die Anlage in Meldorf in Betrieb gehen kann, müssen außerdem noch Leitungen verlegt werden. Pumpen befördern das Warmwasser dann über das neue Leitungssystem zu den Heizungen der angeschlossenen Gebäude.
In Meldorf hat Abwärme-Nutzung Tradition
Bereits jetzt wird die Abwärme der Druckerei als Wärmequelle für die firmeneigene Heizung und das Schwimmbad des Ortes genutzt. Geschäftsführer Karsten Evers: "CO2 muss gespart werden. Seit fast 30 Jahren beheizen wir unser Schwimmbad hier in Meldorf wunderbar. Der Umwelt zu liebe und für uns auch.“
Projektentwickler Bielenberg will das Prinzip Erdbeckenspeicher und Deckelung weiter entwickeln. Denn gerade beim Heizen entsteht besonders viel klimaschädliches Treibhausgas CO2. Diese gigantischen Erdbecken könnten seiner Meinung nach einen großen Beitrag auf dem Weg zur Klimaneutralität leisten.
Eine Solarthermie-Anlage als zusätzlicher Wärme-Lieferant
Direkt neben dem Erdspeicher in Meldorf haben sich die Projektleiter bereits weitere Flächen gesichert - für eine Solarthermie-Anlage, die Sonnenlicht in Wärme wandelt, um damit wiederum zusätzlich das Wasser im Erdbeckenspeicher zu erhitzen. Großes Innovationspotenzial im kleinen Meldorf.