Besser fürs Klima: Entengrütze als Ersatz für Soja-Tierfutter
Für den Anbau von Soja werden in einigen Ländern Regenwälder gerodet. Gleichzeitig fehlt es dort an Nahrung für die eigene Bevölkerung und die Transportwege zu uns in Deutschland sind weit. Eine Lösung könnte Tierfutter aus Entengrütze sein.
Die meisten kennen den grünen Teppich, der im Sommer so manchen Teich überzieht. Die Pflanze, bekannt als Entengrütze, heißt eigentlich kleine Wasserlinse und hat es in sich: Sie kann ihre Biomasse sehr schnell verdoppeln, ist reich an Eiweiß und kann zudem lokal angebaut werden. Das Potenzial der Entengrütze ist groß. Ob die Pflanze eines Tages als Viehfutter im großen Stil eine Rolle spielen kann, ist allerdings noch offen. Beata Punte ist Transformationsforscherin an der Uni Vechta und beschäftigt sich mit genau dieser Frage: "Eigentlich hatten wir mal eine ganz andere Idee, weil wir gesehen haben, dass Rückstände aus verschiedenen Quellen Probleme in den Gewässern verursachen." Im weiteren Verlauf der Forschung wurden dann gleich zwei Probleme angegangen: Überdüngte Regionen wie etwa Südoldenburg zu entlasten und gleichzeitig Tiere nachhaltig zu versorgen.
Gleichzeitige Zucht von Mikroalgen und Wasserlinsen
Ebenfalls mit im Boot ist die Firma Novagreen, angesiedelt im Vechtaer Ortsteil Langfördern und bislang recht erfolgreich mit der Zucht von Algen für die menschliche Ernährung. Diese Mikroalgen wachsen in den gleichen Becken und haben ähnliche Bedingungen wie die Wasserlinsen, erklärt Firmensprecherin Caroline Cordes. So war der Austausch zur Wasserlinse recht naheliegend. Seit etwa eineinhalb Jahren laufen nun die ersten Versuche mit Entengrütze und die Zucht läuft auf Hochtouren. "Im Sommer wachsen die Wasserlinsen am besten und werden dann geerntet. Sobald es kälter wird, wachsen sie nicht mehr. Man kennt das ja auch von seinem eigenen Teich, der im Winter immer sauber ist und im Sommer voller Entengrütze. So ist es bei uns im Gewächshaus auch", so Cordes.
Die Wasserlinse schmeckt auch Fischen
Eine Zucht im größeren Stil ist allerdings gerade noch mit einigen Herausforderungen verbunden. Der Anbau sei zwar machbar und kostengünstig, die Trocknung dafür aber unwahrscheinlich teuer: "Das sollte man dann im nächsten Projekt optimieren", meint Cordes. "In diesem Projekt wollen wir herausfinden, ob es überhaupt möglich ist, die Wasserlinse in Tierfutter einzusetzen." Die Wasserlinsen kommen nämlich zunächst in verschiedener Konzentration ins Tierfutter. In der ersten Phase werden damit nur Fische gefüttert. Beteiligt sind dabei auch die Nutztier-Wissenschaften der Uni Göttingen. Dort werden die Wasserlinsen zuerst für die Forellenzucht und im Anschluss für die Karpfenzucht eingesetzt. Ein Sprecher der Uni erklärt den genauen Ablauf: "Wenn dann sozusagen der Schlachtgrad erreicht ist, werden die Fische zerlegt. Dann gibt es noch mal Sensorik-Tests, um zu schauen, ob die Qualität des Fleisches passt und ob es den Konsumenten überhaupt schmecken würde."
Das Ziel: Eine regionale Kreislaufwirtschaft
Auch andere Tiere sollen in den Genuss der Wasserlinsen kommen. Zum Beispiel die Gänse des Züchters Johann-Michel Claßen in Bakum: "Bei der Zucht von Gänsen entsteht ein mit Dünger angereichertes Wasser. Dann kam uns die Idee, dieses Wasser zu nutzen, um die Wasserlinse regional oder sogar direkt hier auf dem Hof anzuzüchten." Fernes Ziel ist es dann, eine größere Kreislaufwirtschaft in der Region zu organisieren, meint Wissenschaftlerin Punte. Einerseits gebe es die Züchter vor Ort, auf der anderen Seite Futtermittelhersteller und andere nachgelagerte Bereiche: "Deswegen bietet sich natürlich an, das alles regional vor Ort in einem Kreislauf herzustellen." Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg: Bislang erzeugen die Versuche der Universität 50 Kilo Trockenmasse. Die rund 10.000 Gänse von Züchter Claßen aber benötigen sechs Tonnen Futter pro Tag.
Auswertung der Energiekosten ist maßgeblich für Erfolg
In Zukunft müsse man genau feststellen, wie hoch der Energieeinsatz ist, um beispielsweise die Ernte und die Trocknung zu bewältigen, weiß Beata Punte. Das ist die Grundlage, um die Zucht eines Tages in einem größerem Maßstab umsetzen zu können. Ob und gegebenenfalls wie das funktionieren könnte, soll nach Auswertung der Versuche im Herbst ein Workshop mit wichtigen Unternehmen der Region klären. Die Hoffnungen sind groß, die Soja-Importe damit eines Tages zumindest eindämmen zu können.