Gras: Biomasse für Viehfutter, Kraftstoff und Textilien
Soja als Tiernahrung hat wegen verheerender Auswirkungen für die Umwelt keine Zukunft. Eine Alternative könnte aus Gras entstehen. Auch Kraftstoff und Textilien können aus Gras entstehen.
Die Bevölkerung der Erde wächst und somit steigt auch Nachfrage an Nahrungsmitteln, Energie und Werkstoffen. Doch der Bedarf des Menschen bedroht die Natur und unseren Planeten. Der Mensch ist auf dem besten Weg, sich seine eigene Lebensgrundlage zu rauben. Die Ernährung der Weltbevölkerung bleibt in diesem Zusammenhang ein zentrales Thema - und hier gibt es einen engen Zusammenhang zur Produktion von Soja, das in großen Mengen importiert werden muss, und hierzulande als Futtermittel dient.
Alternative zu Soja: Futtermittel aus Gras
Um dauerhaft weniger Soja zu importieren, müssten auch die Tierbestände drastisch reduziert werden. Da sich diese Strategie, wenn überhaupt, aber nur langfristig umsetzen lässt, haben Forscher in Dänemark sich gefragt, ob nicht zumindest proteinreiche Futtermittel aus heimischen Pflanzen genutzt werden können - und sind dabei auf Gras gestoßen. Einer der Forscher ist Uffe Jørgensen - und er hat nicht nur eine Vision, sondern ganz viele. Und alle sollen die Welt ein bisschen besser machen, schützen das Klima und die Regenwälder - also nicht nur die Natur im Norden. Jørgensen leitet das CBIO, das Zentrum für Zirkuläre Bio-Ökonomie der Universität Aarhus in Foulum. Dort erforscht er mit seinen Kolleginnen und Kollegen Gras. Das nach Überzeugung der Wissenschaftler nicht immer nur auf der anderen Seite grüner ist, sondern auch schon hier und jetzt und das ganz neue Perspektiven eröffnet.
Verpackungen und Textilien aus Gras wären möglich
Denn mit und aus Gras lässt sich eine Menge machen: "Wir arbeiten unter anderem an Verpackungen für Lebensmittel, die Plastikverpackungen ersetzen sollen", sagt Jørgensen. "Ein anderes Beispiel sind Textilien, die heute in sehr hohem Maße aus fossilen Materialien hergestellt werden. Diese künstlichen Fasern kann man durch Grasfasern ersetzen. Daran sind wir sehr interessiert." Das Team des Zentrums will laut Jørgensen beim Übergang vom fossilen zum bioökonomischen Zeitalter mithelfen und arbeitet an technischen Lösungen für den Einsatz und die Nutzung von Gras als Rohstoff. Dabei sind verschiedene Grasarten schon untersucht und als geeignet befunden worden.
Ein Forschungsfeld: Kraftstoff aus Gras
In der Versuchs-Raffinerie konzentrieren sich die Wissenschaftler gerade auf Proteine aus Gras: "Wir sind überzeugt, dass wir etwas schaffen, worin wir in Europa sonst schlecht gewesen sind: Protein-Konzentrate für die Schweine-, Geflügel- und Fischfütterung. Bisher importierten wie sie als Soja von der anderen Seite der Erde. Wenn wir das Protein lokal aus Gras extrahieren, wäre das viel nachhaltiger. Gras kann man ja sehr umweltfreundlich anbauen, fast ohne Verwendung von Pflanzenschutzmitteln." Aber nur "fast" - und das Gras wird auch künstlich bewässert, wenn nötig. Doch die Ökobilanz sei unterm Strich deutlich besser als bei fossilen Rohstoffen. Aus denen ja auch Treibstoff gemacht wird. Jørgensen sieht hier Gras ebenfalls als Alternative: "Bei der Grasverarbeitung entsteht Zucker, den wir bereits heute für Biogas verwenden. Aber daraus kann man auch Ethanol machen und andere Arten von Treibstoffen. Bestandteile der Grasfasern können sogar für die Produktion von Treibstoffen für Flugzeuge verwendet werden. Das ist definitiv etwas, womit wir uns beschäftigen wollen. Im Moment experimentieren wir aber noch nicht in diese Richtung, außer mit Biogas."
Dänische Regierung glaubt an das Projekt
Das Projekt steht noch einigermaßen am Anfang, die Zukunft des Rohstoffes Gras sei aber unbestritten. Auch die dänische Regierung hat schon umgerechnet etwa 15 Millionen Euro in die Entwicklung von Bio-Raffinerien investiert. Die Sache kommt langsam, aber sicher ins Rollen. Schon jetzt können Landwirte ein Proteinfutter aus Gras kaufen, das Soja ersetzt. Die erste kommerzielle Anlage ist eröffnet worden und hat schon kleinere Mengen produziert. Nächstes Jahr wird das Angebot dann wesentlich vergrößert.